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Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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die Toten um uns herum zu spüren, sie zu fühlen, ihre schwelgerische Ruhe. Sie lagen friedlich in der langen trägen Hitze des Sommers und der langen trägen Kälte des Winters, dem alterslosen Wehen des Windes und dem hohen Schrei des Falken hoch in der Luft. In ihnen bewegten sich Blätter, tanzten Wellen des Flusses. In ihnen hatte Kummer keinen Platz; die Zeit für Kummer war mit dem Wechsel der Jahreszeiten und dem Fallen der Blätter verschwunden. »Eine Schande«, sagte Dorn, »diese Ruhe zu stören.«
    Trotzdem rief er den Namen Rätsel in die Stille hinaus, bewegte die Hände auf und nieder, und schließlich sahen wir, wie sich ein kleiner staubiger Wirbelwind aus dem Zerfall vor uns erhob, drehend, kreiselnd, mit einem leisen Geräusch im Zwielicht. Durch diesen wirbelnden Staub fiel Sonnenlicht, verwandelte ihn in Gold, so daß wir einer goldenen Säule gegenüberstanden gleich einem Phönix, denn diese Spieler wirbeln in Flammen auf und werden verbraucht, bevor man sie wiedererweckt.
    Wir fragten und fragten. Diese Erscheinung war nicht so alt wie die, die wir in den Höhlen von Bannerwell erweckt hatten, also hatten wir kein Monster aus Staub geschaffen, das nach Leben hungerte. Sie war aber auch nicht erst kürzlich gestorben wie Mandor, also gab es kein Leid, an das sie sich erinnerte. Trotzdem schien sie abgeneigt, mit uns zu sprechen, weigerte sich, erweckt zu werden. Ich war drauf und dran, aufzugeben, als ich Didir hörte, ungefragt – aufgeregt? Nein. Eher ungestüm – »Laßt mich mal.« Sie griff in die wirbelnde Wolke und schien dort endlose Zeit herumzustöbern, als LÄSE sie, knüpfe feinste Verbindungen aus glitzerndem Staub.
    Dann nahm die summende Wolke die Gestalt eines Mannes an, eine wabernde Gestalt, immer noch zögernd, aber Rätsel nicht unähnlich, die auf etwas schaute, was ich nicht sah.
    »Ich sehe Dorn«, sagte das Phantom. »Barish versprach uns Immunität, Spieler. Er versprach es, aber Dorn hat mich von den Toten erweckt. Nun, ich habe ja auch mein Versprechen gebrochen, den Eid, den ich Barish schwor. Unbeabsichtigt, unklug. Vergebt und laßt mich gehen …«
    Chance und ich schauten uns rasch und verblüfft an. So etwas hatten wir nicht erwartet. Ich stotterte, versuchte eine Frage zu formulieren, die uns Klarheit verschaffen konnte. »Rätsel, erzählt uns von dem Versprechen, das Ihr Barish gegeben habt.«
    »Barish … Barish. Er schenkte uns Schutz vor eurer Macht, Spieler, uns und unseren Kindern, für immer, Schutz für alle Zeiten, sagte er. Und dafür müssen wir seinen Körper bewahren und die Körper seiner Spieler, dort im Norden, im Norden in der Einöde, im Norden im Hochland, wo die Krylobos wachen. Wir müssen auf den Zauberer aufpassen und auf des Zauberers elf. Aber er ging fort und kam nicht wieder. Ich brachte die Spielfiguren hierher, Barishs Buch, dachte, ich könnte ihn irgendwo finden, ihm alles wiedergeben, aber dann kam die Flut, und ich starb …« Die Gestalt verschwamm, wurde wieder zu der summenden Wolke. Betend, flehend drang die Stimme aus ihr: »Der Kontrakt gebrochen, alles unbeabsichtigt … und Barishs Versprechen auch gebrochen, denn ich bin von Dorn erweckt worden, zur Strafe für meine Schuld. Oh. Vergebung. Laßt mich in Frieden ruhen …«
    Es war nicht meine Stimme, die antwortete und auch nicht Dorns. Ich dachte, es sei Didir, war aber nicht ganz sicher. »Euch ist vergeben, Rätsel, treuer Freund. Geht und ruht in Frieden.«
    Die Wolke löste sich sofort auf und verschwand. Die Sonne sank hinter die wellenförmige Linie des Horizonts. Dunkelheit fiel über den Gräberhügel, und im Wald heulte ein Fustigar, dem ein anderer jenseits des Flusses antwortete. Ein Stern blinkte mir zu, und ich bemerkte, daß ich ihn durch Tränen sah. Etwas war geschehen. Ich war nicht sicher, was oder warum, und die Spieler in meiner Tasche wußten es ebensowenig. Es war, als ob sie und ich einem Gespräch aus einer anderen Zeit gelauscht hätten, einer Sache, die vertraut und fremd zugleich erschien, vertraut, weil unausweichlich, und fremd, weil ich sie mit nichts in Verbindung setzen konnte, was ich kannte. Chance blickte mich ziemlich besorgt an, und ich sah ihn kopfschüttelnd an, außerstande zu sprechen.
    »Also«, sagte er, als ich ihn hören konnte, »was ging da vor?«
    Ich versuchte, es ihm zu erzählen. Alles was ich herausbrachte, war, daß die Antwort auf alle unsere Fragen in der Einöde von Bleer liegen mußten.
    »Rätsels

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