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Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Bleich. Ausgetrocknet anstatt schweißglänzend, wie ich es gekannt hatte. In diesem Augenblick drehte sich sein Kopf in meine Richtung und gleichzeitig mit ihm jeder Totenschädel in dem endlosen Zug von Knochen. Ohne nachzudenken griff ich nach Didir, fühlte sie in mich fließen und ließ mich selbst hinabsinken wie ein Fisch, auf tiefsten Grund sinken, damit sie mich abschirmen konnte. Durch meine Augen merkte ich, wie sie die Schädel beobachtete, die rastlos hin- und herschaukelten, wie Obst am Stiel, wie die Wurmlöcher ihrer Augenhöhlen mich suchten. Dann wandte sich Karls Kopf wieder nach vorn, und sie bewegten sich weiter, dem Norden zu. Ich bewegte mich weder noch sprach ich, bis sie in der Ferne verschwunden waren und sogar meine Wandleraugen sie nicht mehr ausfindig machen konnten.
    »Dieser suchte dich, Peter«, flüsterte Didir. »Suchte dich aus Haß, Bösartigkeit, und weil er dazu gezwungen wurde. Er trägt eine Kappe, wie die, an die du dich erinnerst. Er spürte dich, Peter.«
    »Aber er sagte es ihnen nicht«, erwiderte ich verwundert.
    »Sie sind Idioten«, sagte sie. »Wer immer die Kappe trägt, kann nur noch das tun, was sie befehlen. Sie sagten ihm, er solle dich finden, aber nicht, daß er es ihnen sagen müsse, wenn er dich gefunden habe. Also fand er dich, verlor dich wieder, und fährt mit seiner Suche fort. Ihre Dummheit hat dich gerettet – diesmal.«
    »Wer?« Ich atmete schwer.
    Sie antwortete nicht. Ich hatte auch nicht daran geglaubt. Karl hatte es nicht gewußt, wer ihn schickte, und jeder Versuch von ihr, einen der anderen zu LESEN, hätte ihnen nur unsere Gegenwart verraten.
    »Jetzt sind wir also hinter ihnen«, sagte Chance.
    »Hinter ihnen«, antwortete ich. »Doch wer weiß, wie viele man noch auf meine Fährte gesetzt hat. Es begann in der Sekunde, als ich die Leuchtende Domäne verließ. Ich bin nicht so dumm, anzunehmen, daß diese Knochenerwecker das Schlußlicht bilden. Irgend jemand hat sich beträchtliche Mühe gegeben.«
    »Aha«, machte Chance.
    »Huld!« sagte ich. Ich war mir sicher. Das Ganze roch von vorn bis hinten nach Huld, nach seiner Energie, seiner rastlosen Bösartigkeit, nach der Faszination, die die Geräte der Techniks auf ihn ausübten. Wer sonst hätte von Mandor erfahren können, daß Karl Schweinsgesicht mein Feind war? Wer sonst könnte von meiner Verbindung mit Seidenhand … Seidenhand! »Seidenhand schwebt in großer Gefahr«, sagte ich. »Huld würde die Möglichkeit, sie gegen mich zu verwenden, nicht ungenutzt verstreichen lassen. Er wird sie abfangen, wenn sie Xammer verläßt, da kannst du Gift drauf nehmen. Und sie ahnt von allem nichts!«
    »Tja, Bursche, ich würde ihn das nicht tun lassen, wenn ich du wäre.«
    Zur Hölle mit diesem Mann. Kein Mitleid. Kein Oweh oder Schreck-oh-Graus, kein aufgeregtes Geschnatter. Nur ein bloßes ›Laß ihn das nicht tun‹. Pah! Xammer lag mehr als ein guter Tagesritt entfernt südlich, und Seidenhand konnte jeden Augenblick die Stadt verlassen. Oder bereits verlassen haben.
    »Es gibt da diesen Hafnor«, sagte Chance und beäugte mich mit seinen kleinen Vogelaugen. »Falls du es vergessen haben solltest.«
    Verdammt noch mal. Natürlich hatte ich das nicht vergessen. Allerdings wurde mir bei der bloßen Vorstellung bereits flau im Magen. Aufzuhören, hier zu leben. An einem anderen Ort aufblitzen. Dort wieder anfangen zu existieren. Alles in einer Sekunde. Es war schlimmer als die Knochen. Ich fühlte, wie sich meine Eingeweide zusammenzogen und schwankten, als ob ihnen schwindlig würde.
    »Einen anderen Weg seh ich nicht«, sagte Chance, mich noch immer anstarrend.
    Ohne es wirklich zu wollen, griff ich in die Tasche, um Hafnor zu finden, erkannte ihn auch sofort, weil er mir so unvertraut war. Ich umkrampfte ihn mit der Hand und machte einen tiefen, schmerzenden Atemzug, nur um einen Ausbruch spöttischen Gelächters in meinem Kopf zu ernten. »Ja, und wo befinden wir uns hier?« Ich merkte, wie jemand meine Augen benutzte, meine Nase, meine Zunge, um die Luft zu schmecken, meine freie Hand, um den Boden unter mir abzutasten. Ich sah den Umriß jeden Baumes, die Größe der Blätter, wie sie sich gegen die Sonne abhoben, fühlte die Beschaffenheit des trockenen Grases. »Das ist also hier«, meinte die lachende Stimme. »Und wohin wollen wir?« Ich versuchte, die Sache mit Seidenhand zu erklären, über Xammer zu sprechen, spürte aber als Antwort nur verrücktes, lachendes Nichtverstehen und

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