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Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Knochentänzer. »Tagelang stinken. Wenn er Knochen an der Mauer haben will, warum kann ich sie nicht für ihn aus den Knochengruben holen? Warum Körper an die Wand hängen, bis sie stinken?«
    »Das hier ist nicht einmal ein bloßer Körper«, sagt Tolp. »Da ist noch Leben drin.« Er wendet die schlaffe Gestalt mit einem Fuß herum, um blind in das Gesicht eines bewußtlosen Kindes zu starren. »Noch nicht mal ausgewachsen. Warum hat er es hierhergebracht?«
    »Damit du es an die Wand hängst und ihm zuhörst, wie es schreit und weint, wimmert und stöhnt, bettelt und stirbt …«, sagt der Knochentänzer, die Stimme vom Rauch verhangen. »Dann verrottet und stinkt, wie es sich in der Hölle gehört …«
    »Warum? Warum bloß?«
    »Weil er Huld ist«, erwidert der Tänzer. »Weil dies hier der Höllenschlund ist.« Er raucht schweigend und denkt eine Weile nach, bevor er weiterspricht. »Ich glaube, du tätest gut daran, diesen, der noch nicht ganz tot ist, hier herauszuschaffen. Hoch nach Pfarb Durim. Leg ihn dort irgendwo vor ein Haus, auf die Stufen.«
    »Bist du noch ganz bei Trost, Tänzer? Huld würde mich dafür rösten.«
    »Huld hat eine Menge anderer Dinge zu bedenken. Vielleicht vergißt er es einfach.«
    »Vielleicht! Vielleicht! Vielleicht aber auch nicht! Laß du deine Knochen tanzen, Tänzer. Überlaß mir das Aufhängen. Vielleicht! Die Teufel sollen’s holen.«
    Den Knochentänzer schüttelt es vor Husten und Lachen, als er zu einer weiteren langen Rede ansetzt. »Oh, alter Tolp, du wirst auch einmal an dieser Mauer enden, denkst du nicht? Du und ich. Außerdem lasse ich die Knochen nicht tanzen. Dazu habe ich schon seit langem keine Kraft mehr …« Der Rest des Satzes wird durch Tolps schwielige Hand an des Knochentänzers Kehle erstickt.
    »Wenn du es nicht tust, Tänzer, wer dann? Wer? Sag’s mir! Wo kommt die Kraft her?«
    Der Kopf des Knochentänzers schleudert zwischen den würgenden Händen unkontrolliert von einer Seite zur anderen. Als Tolp sie, immer noch grollend, wegzieht, murmelt der Knochentänzer bloß: »Vielleicht Geisterfiguren. Wer weiß das schon?«
    »Geister«, rufen die Knochen. »Meistergeister, Geister.«
    Der Ruf pflanzt sich den finsteren, steinernen Darm hinunter, verebbt in rastloser Bewegung. Knochige Finger kratzen an der Mauer, Fersen klappern auf dem Gestein, ein unaufhörliches Reißen an den eisernen Banden und Ketten, von denen die Skelette gefesselt sind. Eines Tages wird ein fleischloser Finger das Loch in dem Schloß finden, das sie aneinanderkettet, wird darin herumstochern, bis sich der einfache Bolzen dreht und das Schloß aufspringt. Bis zu diesem Tag bleiben sie an die Mauer gekettet. Geht an ihnen vorbei. Geht an den letzten, kleinen Skeletten vorbei zu den glitschigen Stufen. Soviel habe ich, Peter, mir durch das, was ich später selbst gesehen habe und durch das, was Tolp noch in der Lage war zu erzählen, zusammengereimt. Was jetzt kommt, wurde uns als wahr berichtet.
    Oben am Treppenende führte ein kleiner Vorraum zu einer Empfangshalle mit düsteren Mauern, deren uralte Steine sich hoch oben im dämmrigen Licht des Kreuzgewölbes verloren. Eine Anzahl mächtiger Spieler tafelte an den unteren Tischen. Huld und Prionde hatten auf einer Estrade Platz genommen, und Huld lauschte mit gespielter Höflichkeit Priondes Worten, obwohl man seine Ungeduld an dem harten Klopfen seiner Finger auf der Armlehne des wuchtigen Stuhles erkennen konnte.
    »Was ist das für ein Fleisch?« fragte der König.
    »Diese Tiere, die man Schattenmenschen nennt.«
    »Ihr eßt sie?«
    Huld wies auf den erhöhten Herd, das Feuer, die Bratspieße, um die herum sich die wolligen Füße und großen Ohren häuften, die von den Feiernden weggeworfen worden waren. »Warum nicht? Mir ist keine Sorte Fleisch verboten, Prionde. Nichts ist mir verboten. Ist es für Euch verboten, Prionde?«
    »Es wirkt so menschlich«, erwiderte der König nachdenklich. »Fast menschlich, jedenfalls äußerlich.«
    »Ja und? Wenn ich hungrig bin, esse ich. Fleisch ist Fleisch, menschlich oder nicht. Es ist alles Brennstoff für mein Feuer, Prionde. Ich glaube, es könnte ebensogut welcher für eures sein.«
    Der König bewegte die kleinen Fingerknochen auf seinem Teller mit einem Finger seiner eigenen Hand. Tatsächlich glichen die Finger auf dem Teller dem Finger, der sie bewegte. »Warum residiert Ihr hier?« fragte er schließlich. »Warum an diesem Ort, Huld?«
    »Weil Ihr davon Gänsehaut

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