Das wahre Wesen der Dinge (German Edition)
Firma, oder auch den Glauben an eine Ideologie oder eine Religion einprogrammieren.
Tatsache ist jedoch – wir haben keinen Zugang zu den Gedanken der Menschen. Wir können Charakterzüge beeinflussen, und wir können Änderungen vornehmen, die in Einklang mit den allgemeinen Funktionen des Gehirns stehen, aber das sind Veränderungen in einem sehr groben Maßstab. Es gibt keine neuronalen Strukturen, die spezifisch für den Hass auf Ausländer zuständig sind, genauso wenig wie es welche für die marxistische Lehre oder für Fußfetischismus gibt. Sollten wir jemals in der Lage sein, tatsächlich Gehirne zu programmieren, dann werden wir auch in der Lage sein, eine »Rassenblindheit« zu erzeugen. Aber bis dahin sind wir darauf angewiesen, die Leute vernünftig zu erziehen.
Tamera Lyons:
Ich hatte heute ein interessantes Seminar. Anton, einer der Tutoren in Soziologie, hielt ein Referat, in dem er ausführte, dass viele der Worte, mit denen wir attraktive Menschen beschreiben, in früheren Zeiten mit Magie zu tun hatten. So wie das Wort »Charme« in vielen Sprachen »Zauber« bedeutet oder »Charisma« für etwas »Gottgegebenes« steht. Ganz deutlich ist das bei Worten wie »bezaubernd« oder »betörend«. Und als er das sagte, da wurde mir klar, dass das die Dinge genau auf den Punkt bringt: Wenn man einem wirklich gutaussehenden Menschen begegnet, dann ist man wie verzaubert.
Anton führte auch aus, einer der grundlegenden Gründe für den Gebrauch von Magie sei das Bestreben, Liebe und Lust in jemandem hervorzurufen. Und auch das ist völlig schlüssig, wenn man über die Worte »Charme« und »Charisma« nachdenkt. Der Anblick von Schönheit bringt einen dazu, Liebe zu empfinden. Man fühlt sich, als sei man in eine gutaussehende Person verliebt, nur indem man sie ansieht.
Und dann habe ich überlegt, dass es eventuell doch eine Möglichkeit gibt, wieder mit Garrett zusammenzukommen. Wenn Garrett nämlich nicht Calli hätte, dann würde er sich vielleicht wieder in mich verlieben. Ich sagte ja bereits, dass es vielleicht die Calli war, die uns zusammengebracht hat. Und vielleicht ist Calli jetzt das, was uns trennt. Vielleicht würde Garrett wieder mit mir zusammen sein wollen, wenn er wüsste, wie ich wirklich aussehe.
Garrett ist letzten Sommer achtzehn geworden, aber er hat seine Calli nicht abschalten lassen, weil er das nicht für wichtig hielt. Er ist jetzt an der Uni von Northrop. Ich habe ihn einfach angerufen, auf rein freundschaftlicher Basis, und wie wir so über dies und das geredet haben, da habe ich ihn gefragt, was er von der Calli-Initiative hier in Pembleton hält. Er sagte, er wüsste gar nicht, worüber sich alle so aufregen, und da habe ich ihm erzählt, wie toll ich es finde, dass ich keine Calli mehr habe, und dass er es auch einmal versuchen müsse, um einen Vergleich zu haben. Er meinte, das klinge vernünftig. Ich tat so, als sei mir das ziemlich egal, aber innerlich habe ich gejubelt.
Daniel Taglia, Professor für vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität von Pembleton:
Grundsätzlich sind die Lehrkräfte nicht an die Calliagnosie-Resolution gebunden, sie betrifft nur die Studenten. Aber falls sie angenommen wird, dann wächst natürlich auch der Druck auf die Lehrenden, ebenfalls Calliagnosie durchführen zu lassen. Es ist also keinesfalls zu früh, darauf hinzuweisen, dass ich das strikt ablehne.
Das ist nur wieder ein Beispiel dafür, was für bizarre Blüten Political Correctness hervorbringen kann. Diejenigen, die Calli befürworten, meinen es gut, aber sie tun nichts anderes, als uns zu bevormunden. Allein schon der Gedanke, Schönheit sei etwas, vor dem wir geschützt werden müssen, ist beleidigend. Als Nächstes kommt dann irgendeine Gruppe, die von uns verlangt, wir sollen uns alle eine Agnosie gegen Musik zulegen, damit wir keine Minderwertigkeitskomplexe bekommen, wenn wir begabten Sängern oder Musikern zuhören.
Wenn wir olympischen Sportlern beim Wettstreit zusehen, beeinträchtigt das dann unser Selbstwertgefühl? Natürlich nicht. Im Gegenteil, sie begeistern uns, und wir bewundern sie. Es inspiriert uns, dass es solche außergewöhnlichen Menschen gibt. Warum gilt für Schönheit nicht das Gleiche? Da verlangt der Feminismus plötzlich von uns, dass wir uns für eine solche Empfindung entschuldigen. Auf diese Weise wird Ästhetik durch Politik ersetzt, und in dem Ausmaß, in dem das Erfolg hat, wird unsere Lebensqualität immer weiter
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