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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Webstuhl ein Muster Gestalt annahm.
    »Oh, meine Liebe«, sagte Jaelle mit seltsamer Stimme.
    »Der Anor Lisen steht seit tausend Jahren leer«, warnte der König sanft. »Pendaran ist kein Ort, den wir ungefährdet betreten können.«
    »Man wird mir dort kein Leid zufügen«, beharrte Jennifer in ruhiger Gewissheit. »Und es ist angebracht, dass jemand von dort aus nach ihnen Ausschau hält.«
    Er hatte vorgehabt, heim nach Daniloth zu gehen. Es war zu lange her, seit er das letzte Mal den Fuß auf den Gipfel des Atronel gesetzt hatte.
    »Ich werde Euch dorthin bringen und bei Euch bleiben«, erbot sich Brendel und nahm es auf sich, ein anderes Schicksal zu erleiden.

 
Kapitel 15
     
    Am allerwichtigsten, dachte Ivor, waren Tabor und Gereint.
    Der Aven ritt soeben in weitem Bogen um die versammelten Lager. Er war am vergangenen Abend aus Gwen Ystrat zurückgekehrt. Sie waren nur langsam vorangekommen, aber Gereint war nicht in der Lage gewesen, ein schärferes Tempo durchzuhalten.
    Heute war für ihn die erste Gelegenheit, die Lager zu inspizieren, und er war zumindest über dies eine vorsichtig erfreut. Bis auf einen ausstehenden Bericht von Levon – der am gleichen Abend zurückerwartet wurde – bezüglich der Entscheidung des Rats in Paras Derval gingen Ivors eigene Pläne dahin, die Frauen und Kinder unter Bewachung in dem geschützten Bogen zurückzulassen, den das Land östlich des Latham schlug. Die Eltor hatten bereits begonnen, gen Norden zu ziehen, doch es würden genügend dableiben, um ihnen ausreichende Jagdbeute zu sichern.
    Die übrigen Dalrei wollte er schon bald gen Norden führen, um am Adein Stellung zu beziehen. Wenn der Großkönig und Shalhassan von Cathal sich ihnen anschließen würden, durften die vereinten Streitkräfte es wagen, weiter nordwärts vorzudringen. Den Dalrei allein war das nicht möglich. Aber sie konnten auch nicht hier warten, denn es müsste sehr bald damit gerechnet werden, dass Maugrim herabgestiegen kam, und Ivor hatte nicht die Absicht, Celidon preiszugeben, solange er lebte. Wenn kein massierter Angriff erfolgte, glaubte er, konnten sie den Adein ohne fremde Hilfe halten.
    Er erreichte das nördlichste Lager und winkte grüßend Tulger vom achten Stamm zu, seinem Freund. Doch er verlangsamte seinen Ritt nicht, um sich mit ihm zu unterhalten; er hatte noch über zu vieles nachzudenken.
    Tabor und Gereint.
    Er hatte sich gestern bei ihrer Rückkehr seinen jüngsten Sohn sehr genau angeschaut. Tabor hatte gelächelt und ihn umarmt und all das gesagt, was von ihm erwartet wurde. Doch selbst wenn man den Winter in Betracht zog, war er unnatürlich blass, seine Haut war so weiß, dass sie fast durchsichtig wirkte. Der Aven versuchte sich einzureden, es sei nur seine übliche Übersensibilität seinen Kindern gegenüber, die ihn hier zu falschen Schlüssen verleite, doch dann des Nachts im Bett hatte Leith ihm eröffnet, sie mache sich Sorgen, und Ivors Herz hatte einmal kurz ausgesetzt.
    Seine Frau hätte sich eher die Zunge abgebissen, als ihn auf diese Weise zu beunruhigen, wenn es nicht einen guten Grund dafür gab.
    Daher war er am Morgen sehr früh allein mit seinem jüngsten Sohn am Fluss spazieren gegangen, in der Frische des Frühlings, über das grüne Gras der Ebene, die ihnen gehörte. Das Eis des Latham war binnen einer Nacht geschmolzen. Der Fluss strömte funkelnd und kalt von den Bergen herab; er war leuchtend blau im Sonnenlicht. Ivor hatte gespürt, wie sich trotz all seiner Sorgen seine Stimmung hob, einfach weil er die Wiederkehr des Lebens sah und an ihr teilhatte.
    »Vater«, hatte Tabor zu sprechen begonnen, noch ehe Ivor ihn auch nur etwas gefragt hatte. »Ich kann es nicht ändern.«
    Die Freude, die ihn für einen Moment erfüllt hatte, war versiegt. Er hatte sich dem Knaben zugewandt. Fünfzehn war Tabor jetzt. Nicht älter, und er war zartgliedrig und nun auch noch so blass – er sah weitaus jünger aus. Ivor sagte nichts. Er wartete.
    Tabor hatte das Wort ergriffen: »Sie trägt mich mit sich fort. Wenn wir fliegen, und besonders beim letzten Mal, als wir getötet haben. Alles ist anders, droben am Himmel, Vater. Ich weiß nicht, wie oft ich noch den Weg zurück finde.«
    »Dann musst du versuchen, nicht auf ihr zu reiten«, hatte ihm Ivor gequält geraten. Er erinnerte sich jener Nacht am Rande des Pendaranwaldes, als er Tabor und das geflügelte Wesen seines Traums zwischen den Sternen und der Ebene hatte kreisen gesehen.
    »Ich weiß«,

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