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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Meilen überwand er für diese einfache Geste, und noch mehr, um sprechen zu können. »Überall«, sagte er. »So tief.«
    Sie versteifte sich. Er hatte nicht vorgehabt, sie zu verletzen. So schwer. Wie sollte er das alles erklären? Doch dann streichelte Liane seine Stirn und flüsterte mit veränderter Stimme: »Demnach trägst du Dun Maura in dir?« Und dann nannte sie ihn, wie er in seiner Benommenheit meinte, bei einem anderen Namen. Er wollte danach fragen. Es gab Dinge zu klären, doch die Welle zog sich vom Strand zurück und er mit ihr, weit hinaus, viel zu weit.
    Als Erron ihn am Morgen mit einem Grinsen wachrüttelte, war sie, wie konnte es anders sein, nicht mehr da. Und er bekam sie auch nicht zu Gesicht, ehe sie aufbrachen, die dreißig Mann von Diarmuids Schar, er und Dave mit Levon und Torc an seiner Seite.
     
    Für Dave hatte die Reise nach Nordosten zum Oberlauf des Latham ein Wiedersehen versprochen, und hatte am Ende sowohl dieses Wiedersehen gebracht, als auch Rache. Von dem Augenblick an, da er erfuhr, dass der Mann, den Diarmuid holen sollte, Gereint vom dritten Stamm war, hatte sein Herz vor freudiger Erwartung höher geschlagen. Keiner hätte ihn abhalten können, sich jener Abordnung von Männern des Prinzen anzuschließen. Loren brauchte Gereint aus einem Grund, der mit der Erforschung der Ursachen des Winters zu tun hatte, schlussfolgerte er. Ihn persönlich kümmerte das wenig; ihm kam es lediglich darauf an, dass er schon bald wieder unter den Dalrei weilen würde.
    In östlicher Richtung waren die Straßen bis zum Leinansee geräumt, doch das Vorankommen wurde immer schwerer, als sie sich am darauf folgenden Tag gen Norden wandten. Diarmuid hatte gehofft, vor Sonnenuntergang die Lager der Dalrei zu erreichen, doch sie drangen inmitten der Schneewehen und des beißend kalten Windes, der ungehindert von der Ebene herüberblies, nur langsam vor. Sie hatten Dave und Kevin in Paras Derval mit herrlich warmen Mänteln ausgerüstet. Obendrein waren sie noch leicht – jedenfalls wusste man dort mit Wolle und Tuch umzugehen, soviel stand fest. Ohne die Mäntel wären sie erfroren. Selbst mit ihnen wurde es, als die Sonne unterging, recht unangenehm, und Dave hatte keine Ahnung, wie weit sie noch von den Lagern entfernt waren.
    Dann wurden alle Gedanken an die Kälte zurückgedrängt, denn sie hatten Fackeln erblickt, die sich durch die Nacht bewegten, hatten die Schreie sterbender Tiere gehört und die Rufe kämpfender Männer.
    Dave hatte nicht auf die anderen gewartet. Er hatte seinem stämmigen Hengst die Sporen gegeben und war einen Schneewall emporgestürmt, von wo aus sich vor seinen Augen ein Schlachtfeld ausbreitete und er einen etwa fünfzehnjährigen Jungen erblickte, an den er sich noch gut erinnerte, auf dem Rücken eines Pferdes zwischen ihm und dem Getümmel.
    Diarmuid, der elegante Prinz, hatte zu ihm aufgeholt, und sie galoppierten an Tabor vorbei den Hang hinab, doch Dave war sich der Gegenwart der anderen kaum bewusst, während er sich auf das nächstbeste Wolfsrudel stürzte, dabei links und rechts um sich schlug, jedoch immer geradewegs auf den Urgach zuhielt, der ihm am nächsten war, getrieben von der Erinnerung an die Gefallenen am Llewenmere.
    Er hatte kaum Gelegenheit, an etwas anderes zu denken, denn Kampflust breitete sich aus in ihm. Einmal war Kevin Laine neben ihm gewesen, um ihm mit einer Fackel zu leuchten, und hinterher erzählte man ihm, er habe ganz allein einen Urgach erlegt, samt seinem Reittier. Die sechsbeinigen, gehörnten Untiere wurden Slaug genannt, sagte man ihm. Doch das war hinterher.
    Nachdem Tabor auf wundersame Weise über ihren Köpfen am Himmel erschienen war, auf einem geflügelten, todbringenden Geschöpf reitend, das ebenfalls über ein schimmerndes Horn verfügte, und reihenweise getötet hatte.
    Nach jenem Augenblick, da die Wölfe die Flucht ergriffen und die Slaugs die Urgach eilig davongetragen hatten und er vom Pferd gestiegen war, um endlich wieder seinen Brüdern gegenüberzutreten. Da wurde vieles wieder gut, als er Torcs raue Faust an seinem Arm spürte und dann Levons Umarmung.
    Dann war es zu einem Zwischenfall gekommen, der für einige Spannungen sorgte, als Diarmuid einen Dalrei wegen Befehlsverweigerung hatte hinrichten lassen und dann Levon in der darauf folgenden Konfrontation die Stirn geboten hatte, aber auch das war gut ausgegangen. Kevin Laine hatte aus Gründen, die Dave unverständlich waren, dazwischenzugehen

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