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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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ängstlich zu den Zweigen empor, aber der weißbeschürzte Cameriere versicherte ihr, während er Otto Lobedanz die Karte überreichte, daß die Nacht nicht warm genug wäre, um die Pinien Harz schwitzen zu lassen, und außerdem stände ein Spezialmittel bereit, um Harzflecken zu entfernen, falls es den Bäumen doch einfallen sollte, zu tröpfeln...
    Der Anblick der Preisliste ließ Otto Lobedanz für einen Augenblick den Atem anhalten, aber sollte er sich an diesem glücklichen Abend die Laune von den Getränkepreisen verderben lassen? Natürlich kam nur ein Asti in Frage! Aber Sonny nahm ihm die Karte ab.
    »Sei nicht verrückt, Ottle, nimm statt des Asti einen San Marino, der schäumt auch ein bißchen, und wir können uns fürs gleiche Geld fünf Flaschen leisten — nach und nach natürlich!« Sie streichelte mit den Fingerspitzen seine Hand, »und wenn du den Abend zu einem absoluten Höhepunkt führen willst, dann darfst du mich nach dem Wein noch zu einer Pizza in den Grillraum einladen, die esse ich nämlich leidenschaftlich gern.«
    Der Cantante auf der Bühne schluchzte, nur von den Geigen begleitet, ein Lied ins Mikrophon, in dem von amore, primavera und einem Mädchen namens Patricia die Rede war. Das Straßenpublikum, das den musikalischen Darbietungen kostenlos lauschte, erzwang mit stürmischem Beifall eine Zugabe.
    »Oh, Sonny«, sagte Otto Lobedanz, und etwas von den schluchzenden Lauten des Primavera-Sängers schlich sich in seine Stimme, »ich habe keine Ahnung, was eine Pizza ist, aber eins weiß ich gewiß, daß du die Frau bist, von der ich mein Leben lang geträumt habe!«
    Der Kellner brachte den Wein, gab Eiswürfel in die Kelche und schenkte ein. Und während das Eis die Gläser zum Klingen brachte, setzte auf der Bühne die Musik ein, und der Akkordeonspieler sagte als nächste Nummer das Lied »Mamma — non dir di no!« an...
    Otto Lobedanz sah, daß Sonny Sonntag sich auf die Lippen biß...
    »Was ist?« fragte er, »habe ich etwas Dummes gesagt?«
    »Nein, Ottle, du bist süß...Aber dieser blöde Text! Verstehst du ihn denn nicht?«
    »Lieber Gott, mein Italienisch...«, murmelte er und lauschte.
    Aber da war das Ritornell auch schon weiter, und erst am Schluß wiederholte der junge Mann sein Flehen: »Mamma, non dir di no! Sono tanto innamorato...O Mamma, non dir di no!«
    »Ich verstehe es nicht...«, sagte er hilflos.
    »Es ist zu lächerlich«, sagte sie mit zuckenden Lippen, »der Text heißt: Mama, sag nicht nein! Ich bin sooo verliebt, ich habe das Mädchen meiner Träume gefunden! O Mama, sag nicht nein!«
    Er spürte, daß ihn eine Welle des Zorns heiß durchflutete und daß ihn das Blut bis in die Stirn hinauf rot färbte: »Das hättest du dir ersparen können!« sagte er tonlos, denn seine Stimme sperrte sich gegen die Worte, und dann sah er, daß sie nicht lachte, sondern daß ihr die Tränen über die Wangen liefen.
    »Um Himmels willen, Sonny, was ist?«
    »Ich war so glücklich«, sagte sie und zog das Ziertuch aus seiner Brusttasche, um es gegen die Nase zu pressen, »und nun dieser idiotische Refrain! Es ist zu lächerlich! Es ist so lächerlich, daß ich heule. Aber ich fürchte, daß deine Mutter uns beiden unsere süßen Träume gründlich versalzen wird...«
    »Sie wird uns nichts versalzen!« sagte er wild. »Zum Teufel, ich bin achtundzwanzig Jahre alt! Ich bin erwachsen! Ich bin selbständig! Und ich bin...«
    »Ja, Ottle«, unterbrach sie ihn, »das weißt du! Aber ob ihr das auch klar ist?«
    »Dann wird es Zeit, daß sie es erfährt!«
    »Aber nicht gleich heute, und auch nicht morgen. Denn eins mußt du zugeben, daß unsere Liebe ein bißchen plötzlich über uns hereingebrochen ist. Ich kann es selber noch nicht recht fassen, daß ich mir auf dem Weg vom Strand hierher auszumalen begann, wie unsere Wohnung einmal aussehen soll...«
    »Oh, Sonny, geliebte Sonny, wirklich, daran hast du gedacht?«
    »Zwei Zimmer würden genügen, zwei Zimmer, eine winzige Küche und natürlich ein Bad. Ich wäre sogar mit einer Mansarde zufrieden ...«
    »Ich verdiene 720 in die Hand, und das steigt natürlich...«
    »Kienast & Söhne zahlen mir 460... Eine knickrige Bande! Und dabei erledige ich die ganze Auslandskorrespondenz. Wenn der Alte so weitermacht, gehe ich im September zur Konkurrenz. Das Angebot habe ich schon in der Tasche. Möller & Kranz bieten mir genau 100 mehr. Und überhaupt — die Söhne! Besonders der jüngste, tschi! Fährt natürlich einen Jaguar und

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