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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Schlimmes, als dieser Mensch mich durchaus zu meinem Zimmer begleiten wollte. Aber ich bitte Sie, Marschall Vivaldi, sagte ich, über den Hof finde ich doch allein. Aber er sagte, Signora, sagte er, im Schardino ist’s obskuro und im Obskuro sono die briganti, haha, sagte dieser Obergauner...«
    »Donnerwetter«, murmelte Herr Schnürchen, »Sie haben ja eine Menge Italienisch gelernt...«
    »Aber er muß durchaus mit! Da wurde mir schon ein bißchen blümerant. Und was soll ich Ihnen viel erzählen? Ich öffne die Tür zu meinem Zimmer und will gerade das Licht anknipsen, da — spüre ich auch schon seinen Griff am Hals und wie er mich
    zurückreißt und--oh, nein, das ist zu viel für meine Nerven!«
    Und sie brach in ein wildes Schluchzen aus.
    »Aber ich bitte Sie, Frau Pütterich«, murmelte Herr Schnürchen, »das möchte ich doch bezweifeln... «
    »Was möchten Sie bezweifeln?«
    »Hm, nun ja — daß Signor Vivaldi es auf Ihr Geld abgesehen hatte...Ich nehme an, daß Sie ihm nicht erzählt haben werden, wo Sie Ihr Geld aufbewahren, nicht wahr?«
    »Wie käme ich dazu?«
    »Sehen Sie! Und schließlich ist er Gast dieses Hauses, genauso wie Sie selber...«
    Otto Lobedanz preßte die Zähne zusammen, um nicht herauszuplatzen. Er sah sich nach Sonny um, aber sie war verschwunden. Und dann hörte er ihre Stimme über sich auf der Galerie, wo sie den wenigen Gästen des Hauses, die der Lärm aus dem Schlaf gerissen hatte, wahrscheinlich erklärte, daß es keinen Grund zur Beunruhigung gebe, denn die Gäste zogen sich in ihre Zimmer zurück. Dafür öffnete sich der Fensterladen von Frau Lobedanz spaltbreit, und Otto Lobedanz glaubte, die Augen seiner Mutter in der Dunkelheit funkeln zu sehen.
    Frau Pütterich stand einige Sekunden wie erstarrt...
    »Ich bitte Sie um alles in der Welt, Herr Schnürchen«, ächzte sie schließlich, wie aus einer Betäubung erwachend, »wenn er nicht mein Geld wollte, was wollte er dann?«
    Herr Schnürchen rieb sich verlegen die Hände, er wiegte den Kopf und machte: »tz ft tz — tz... « Er schob Frau Pütterich sanft über die Schwelle und tastete nach dem Lichtschalter, aber plötzlich warf sich Frau Pütterich an seine Brust.
    »Dann war es also Leidenschaft...!« seufzte sie.
    »Komm schon, Mama«, sagte Otto Lobedanz und zog seine Mutter vollends ins Freie, »wenn du den armen kleinen Herrn Schnürchen nicht bald ablöst, passiert womöglich noch ein Unglück.«

VIII

    Es war noch nicht sieben, als Otto Lobedanz das Zimmer geräuschlos verließ. Die Villa Annabella lag noch in tiefem Schlaf, selbst in der Küche hatte man den Tag noch nicht begonnen. Mit Sandalen, Shorts und einem Sporthemd bekleidet, lief er zum Strande hinunter. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, der am östlichen Horizont zartblau mit dem Wasser verschmolz. Die Berge im Westen und Süden hüllten sich noch in Dunstschleier. Einige rotbraune Fischerboote kamen vom Fang zurück und liefen mit tuckernden Motoren in den Hafen. Die Küste schwang sich in einem sanften Bogen unendlich weit dahin. Das Meer dehnte sich träg und spiegelglatt in die Unendlichkeit, aber es atmete eine wunderbare Kühle, die Otto Lobedanz tief in die Lungen sog. Mit den Sandalen in der Hand wanderte er am Strande dahin. Das laue Wasser umspülte seine Füße und löschte die Spuren seiner Tritte. Noch war die Spaggia völlig menschenleer, der ödeste, flachste, langweiligste Strand der Welt, ein glitzernder Wüstenstreifen, auf dem sich die braunen Badehütten wie verlassene Slums vor den hochgetürmten Hotelpalästen duckten. —
    Das hätte jemand in diesem Augenblick vor Otto Lobedanz auszusprechen wagen sollen! Er trank den Anblick dieser weitgeschwungenen, nackten Küste in sich hinein, als wanderte er blumenbekränzt am Strande von Hawaii dahin, noch berauscht vom Palmwein — falls es so etwas gab —, von Gitarrenklängen und von den zuckenden Tänzen wilder brauner Mädchen.
    Sonny Sonntag... Ein Name, der nicht aus Silben, sondern aus Licht und Musik bestand. Und er kniete am Strand nieder und malte ihren Namen in den feuchten Sand — SONNY SONNTAG...Der kleine Rest von Verstand, der ihm geblieben war und mit dem er sich beobachtete, sagte ihm, daß es nichts Alberneres gäbe als einen Verliebten, aber zum Teufel mit dem Verstand, wenn man ein Glücksgefühl spürte, das einem die Brust zu sprengen drohte.
    Im Anblick der weißen Hoteltürme von Riccione, die sich wie Gebilde einer Fata Morgana aus dem flimmernden

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