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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Pütterich ununterbrochen geschnarcht.«
    Sie gingen langsam zur Villa Annabella zurück. Sonny stützte sich auf Ottos Arm, denn das Pflaster hatte sich in den hohen und ziemlich engen Schuhen vom Fuß gelöst, die verletzte Stelle blutete zwar nicht mehr, aber sie schmerzte, wenn der Fuß belastet wurde. Trotz der späten Stunde brodelte die Straße noch vor Leben, ja, es schien fast, als hätten die Menschenströme, die sich über die Promenade bewegten, neuen Zuwachs erhalten. Noch immer boten die Händler an ihren Ständen Schuhe, Strickwaren, Keramik und Schmuck an. Noch immer arbeitete eine chemische Reinigung, noch immer bedienten Friseure ihre Kunden, und noch immer versuchte an der Ecke der Viale Trieste der schwermütige junge Maler mit dem Cäsarenprofil unter der Beatlefrisur Interessenten für seine surrealistischen Meisterwerke zu finden. Aus den Gelaterien und Espressos dröhnte Lautsprechermusik, und auf dem Galoppatoio drehten sich zu klirrenden Orchestrionklän-gen die Karussells, überfüllt mit Kindern, die jetzt erst richtig munter zu werden schienen.
    Sie waren in die Platanenallee eingebogen und standen nun dicht vor der Villa Annabella.
    »Auf Wiedersehen bis morgen, Ottle«, flüsterte sie in sein Ohr, als befürchte sie plötzlich, Frau Lobedanz könne aus dem Schatten des nächsten Baumes auftauchen, »es ist besser, wenn wir uns jetzt trennen. Ich nehme den Haupteingang und du gehst durch den Garten...Gute Nacht, Ottle, du warst sehr lieb — und träum schön...«
    »Gute Nacht, Liebling — ich kann es gar nicht erwarten, daß es
    wieder morgen wird...« Er lauschte plötzlich und sah, daß auch
    Sonny Sonntag lauschend den Kopf hob.
    »Was war das? Ein Schrei?«
    »Mein Gott, ich glaube, er kam aus unserem Garten...«, flüsterte sie ängstlich. »Bleib hier, Otto!«
    »Unsinn, da ist doch etwas los«, sagte er und lief auf das Haus zu. Sonny folgte ihm zögernd um die Ecke. Und dort waren die Hilferufe laut und deutlich zu hören...
    »Das ist doch die Stimme...«
    »...von Frau Pütterich!« sagte Sonny atemlos.
    Er rannte durch den Bogen in den Hof hinein. Eine Glyzinienranke peitschte sein Auge, so daß er für einen Augenblick Funken tanzen sah. Sonny war an seiner Seite geblieben, aber der Mond war längst untergegangen und das Sternenlicht zu schwach, um den Flüchtenden erkennen zu können, dessen Schatten von der tiefen Dunkelheit unter der Pergola verschluckt wurde. Und noch immer schrie Frau Pütterich um Hilfe. Oben flog eine Tür auf, und der Lichtkegel einer Taschenlampe irrte über den Kies. Auch im ersten Stockwerk wurden zwei oder drei Türen geöffnet. Die meisten Gäste des Hauses schienen noch unterwegs zu sein und das Nachtleben zu genießen.
    Otto Lobedanz war mit drei Sätzen bei Frau Pütterich, die keuchend nach Luft rang und die Hände vor die Brust preßte.
    »Was ist denn los, Frau Pütterich? So antworten Sie doch!«
    Im Nebenzimmer, in dem Frau Lobedanz logierte, knarrte innen die Tür, doch die hölzernen Läden blieben verschlossen.
    »Otto, um Himmels willen, was geht da vor?«
    »Nichts, Mama, nichts...Frau Pütterich scheint durch ein Geräusch erschreckt worden zu sein...«
    Sonny Sonntag zog es vor, sich seitwärts zu verdrücken.
    Inzwischen war Herr Schnürchen die Treppe hinuntergeeilt, bloßfüßig und in seinem dunklen Schlafanzug erschien er tapfer auf der Szene, um den Unhold, der Frau Pütterich bedrohte, in die Flucht zu schlagen. Der Lichtkegel seiner Stablampe tanzte vor ihm her, und als er ihn auf Frau Pütterich richtete, da entdeckten sowohl er wie auch Otto Lobedanz, daß mit der gerüschten Seidenbluse von Frau Pütterich etwas nicht in Ordnung war...
    »Was ist denn geschehen, Frau Pütterich?«
    »Was geschehen ist?« keuchte sie und schloß mit flatternden Fingern ihre Bluse, »dieser gemeine Kerl wollte mir mein Geld klauen!«
    »Wer denn, Frau Pütterich?« fragte Herr Schnürchen und ließ den Strahl der Taschenlampe über den Hof und über die Tische unter der Pergola wandern, »wer denn, um Himmels willen?!«
    »Wer?« schluchzte sie, »Sie werden es nicht für möglich halten
    — der Marschall! Falls dieser Gauner überhaupt ein Marschall ist... Wir sind gerade aus San Marino zurückgekommen, Herr Minetti...«
    »Der Käse-Exporteur...«
    »— dieser Mensch und ich. Herr Minetti lud uns vor dem Hause ab. Die Straße war ziemlich staubig, und er wollte seinen Wagen noch zum Waschen in die Garage fahren. Ich ahnte ja nichts

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