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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Otto Lobedanz um seine bildhübsche und elegante Begleiterin zu beneiden.
    »Bestell uns zwei kleine Biere, Ottle, und nimm kein Münchener, sondern hiesiges, denn sonst sind wir pleite, ehe der Urlaub begonnen hat.«
    »Das habe ich doch schon einmal gehört«, grinste er, »bist du immer so sparsam?«
    »Das ist eine von meinen wenigen guten Eigenschaften...«
    »Ein Verschwender bin ich nun wahrhaftig nicht«, sagte er und bestellte bei dem jungen Kellner, der fließend Deutsch sprach, zwei kleine Helle, »aber ich finde, diesen Tag sollten wir doch ein wenig feiern. Und du hast dich doch auch sicherlich nicht für diese Bierkneipe so hübsch gemacht ...«
    »Laß dir von den alten Herren ein paar Unterrichtsstunden geben, Ottle, die sagten nämlich nicht, ich hätte mich hübsch gemacht, sondern ich wäre von Natur so.«
    »Verzeih«, bat er zerknirscht, »ich meinte auch gar nicht, daß du dich hübsch, sondern daß du dich fein gemacht hast«, und weil das schon wieder zweideutig war, fügte er rasch hinzu, daß ihr Anblick genüge, um ihn der Vernunft und auch der Sprache zu berauben.
    »Also schön«, sagte sie, »wenn du durchaus leichtsinnig sein willst, dann löschen wir hier unseren Durst und wechseln nach dem Bier die Tapeten. Und jetzt gib mir einmal dein Portemonnaie!«
    »Was soll das heißen?« fragte er verblüfft.
    »Du sollst mir dein Portemonnaie geben«, wiederholte sie. »Wieviel hast du drin?«
    »Rund 15 000 Lire, Signor Gualdini hat mir heute hundert Mark nach dem Tageskurs gewechselt. Den Rest habe ich bei ihm deponiert...« Und er reichte ihr seine Börse zögernd hinüber.
    Sie öffnete ihr Handtäschchen, fischte fünf Tausend-Lire-Scheine heraus und steckte sie unter dem Tisch in das Faltfach seiner Börse zu den übrigen Scheinen. Er wollte ärgerlich protestieren, aber sie wischte seinen Widerspruch mit einer energischen Handbewegung fort: »Ich habe nichts dagegen, daß du mich gelegentlich zu einem kleinen Hellen einlädst oder mir auf der Straße ein Soft-Eis spendierst, das mag ich nämlich besonders gern. Aber wenn wir groß ausgehen und Appetit auf Raffinessen haben, dann wird zusammengelegt, ist das klar?« Sie schob ihm das Portemonnaie in die Tasche: »Und jetzt sei friedlich und mach kein beleidigtes Gesicht, das ist meine Bedingung. Und ich würde sie sogar verlangen, wenn Herr Onassis mich einladen wollte — bei dem sogar erst recht!«
    Es paßte ihm gar nicht, aber was blieb ihm anderes übrig, als zu kapitulieren und das Portemonnaie wieder in die Tasche zu stecken. Schließlich wäre es für ihn noch peinlicher geworden, wenn sie beim Zahlen der Rechnung darauf bestanden hätte, ihren Anteil beizusteuern. Kellner konnten bei solchen Gelegenheiten niederträchtige Gesichter machen, als wollten sie sagen: Aha, wieder mal einer von diesen flotten Kavalieren, die erst dick angeben und dann auf der Knabentoilette schwitzend entdecken, daß der Zaster nicht reicht...
    Zugleich mit den beiden kleinen Hellen brachte der Cameriere den Belgiern vier Halbliterkrüge, und sie bestätigten die Statistik, mit 180 Litern pro anno und Kopf die durstigste Nation der Welt zu sein, denn auch die alten Damen wurden — nachdem man sich freundlich zugeprostet hatte — mit ihren Gemäßen spielend in der gleichen Zeit fertig, in der Otto Lobedanz und Sonny Sonntag ihre kleinen Becher leerten.
    »Und wohin jetzt, Sonny?«
    »Wir haben Dutzende von Möglichkeiten, lassen wir uns überraschen...«
    Sie verabschiedeten sich von den alten Herrschaften und brachen auf, aber sie gingen nicht über die Promenade zurück, sondern überquerten die Fahrbahn und schlenderten zum Strande hinunter. Wer von ihnen plötzlich so menschenscheu war, ließ sich nicht unterscheiden. Beim Verlassen des breiten, an der Spiaggia entlanglaufenden Corso Vittorio Emanuele III. zog eine unwiderstehliche magnetische Kraft ihre Hände zueinander. Die hohen Kandelaber warfen ihr Licht über die Badehütten hinweg bis zum Strande hinunter, den kleine Wellen mit schmatzendem Geräusch näßten. Um so schwärzer waren die langen Schatten, die die Hütten in den glitzernden Sand warfen, warme Zelte, aus Finsternis gebaut, in deren Schutz sich ihre Lippen zu endlosen Küssen fanden. Und mit diesen Küssen begann für Otto Lobedanz die große Liebe, die ihm noch einige Sorgen bereiten sollte.
    Im Embassy, einem der großen Musik-Restaurants an der Promenade, fanden sie unter den Pinien einen freien Tisch. Sonny blickte etwas

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