Das war eine schöne Reise
Untermiete?«
»Nein, ich habe eine kleine eigene Wohnung, die mir Frau Niebelschütz in Ordnung hält — das heißt, sie kommt zwei- oder dreimal in der Woche...«
»Daß Sie nicht geheiratet haben, Herr Schnürchen...!«
»Ach, Frau Lobedanz, es findet eben doch nicht jedes Töpfchen sein Deckelchen — wie unsere Frau Pütterich zu sagen pflegt. A propos — Frau Pütterich! Es beunruhigt mich ein wenig, daß sie nicht zum Frühstück erschienen ist...«
Frau Lobedanz hüstelte: »Nun, Herr Schnürchen, mich hätte es ja, ehrlich gesagt, ein bißchen verwundert, wenn sie hier erschienen wäre, als wenn es überhaupt nichts gegeben hätte. Das Theater hätten Sie erleben sollen, als sie hörte, daß es sich bei ihrem Marschall um ein besseres Stück Feldwebel handelt...«
»Haben Sie es ihr denn gesagt?«
»Na, hören Sie, man konnte die Frau doch nicht bei dem Glauben lassen, von einem richtigen Feldmarschall mit Eichenlaub und Schwertern ausgeführt worden zu sein!«
Herr Schnürchen kaute schwer an seinem Bissen: »Wie hat sie es denn aufgenommen?« fragte er schließlich.
»Sie hat mir die Ohren vollgejammert, daß sie diese Blamage nicht überlebt. Na, ich habe ihr schließlich eine von meinen guten Schlaftabletten eingegeben, und dann hat sie sich langsam beruhigt.«
»Hm, Frau Lobedanz, meinen Sie nicht doch, daß man sich um Frau Pütterich ein wenig kümmern sollte?«
»Ich werde mich jetzt erst einmal um Ihren Knopf kümmern, Herr Schnürchen, und wenn es durchaus sein muß, dann kann ich ja auch einmal bei Frau Pütterich anklopfen...«
»Ach ja, tun Sie das, bitte, Frau Lobedanz —, denn ich meine, auch wenn uns der Zufall zusammengeführt hat, wir sind doch nun einmal eine kleine Abteilgemeinschaft. Sie alle haben mir in meiner Verlegenheit so liebenswürdig beigestanden...«
»Ich verstehe schon, Herr Schnürchen, was Sie sagen wollen. Seid nett zueinander...nicht wahr? Es klingt so einfach...«
»Alle wirklich guten Dinge sind einfach.«
»Sie sind der gleiche Philosoph wie mein Otto, Herr Schnürchen. Der hat sich auch so einen Spruch ausgedacht und über sein Bett gehängt: Edel sei der Mensch, hilfreich und gut... Klingt prima, nicht? Aber wissen Sie, reden und handeln sind eben doch zwei Paar Stiefel. Und nun ziehen Sie mal Ihre Jacke aus, denn einen Knopf am Körper annähen, das gibt doch nur ein Gehudel, und ich sage immer: wenn schon, denn schon!«
»Da haben Sie völlig recht, Frau Lobedanz«, sagte Herr Schnürchen aufgekratzt, »und den Spruch, den Ihr Sohn sich übers Bett gehängt hat, sollte man sich direkt merken — edel sei der Mensch, hilfreich und gut...«
»Ja, mein Otto...!« sagte Frau Lobedanz und legte sich die Jacke von Herrn Schnürchen über den Arm, um den Schaden in ihrem Zimmer zu beheben.
Herr Schnürchen blickte ihr erheitert nach und sah, daß sie an der Tür des Nebenzimmers, in dem Frau Pütterich logierte, anklopfte und ihm einen bedeutungsvollen Blick zuwarf. Frau Pütterich schien hinter der Tür zu stehen und auf ein Zeichen menschlicher Güte und Hilfsbereitschaft gewartet zu haben.
»Kommen Sie nur heraus, Frau Pütterich«, hörte Herr Schnürchen Frau Lobedanz sagen, »mit Ausnahme von Herrn Schnürchen ist das ganze Haus ausgeflogen. Und außerdem hat kein Mensch etwas von der Geschichte erfahren!«
Die Läden wurden zögernd von innen geöffnet, und Frau Pütterich riskierte es, mit einem Auge die Pergola zu inspizieren. Herr Schnürchen erhob sich und ging Frau Pütterich entgegen: »Kommen Sie, Frau Pütterich«, sagte er und bot ihr ritterlich den Arm.
»Ich geniere midi so...!« sagte sie mit einem kleinen Schluchzen. »Diese Blamage!«
»Ich bitte Sie um alles in der Welt, Frau Pütterich, wie können Sie so reden! Sie haben sich dem Maresciallo Vivaldi doch nicht
an den Hals geworfen... «
»Ha, dem Marschall!« stöhnte sie, »ich habe gedacht, ich müßte in den Boden versinken, als Frau Lobedanz... «
»Immerhin, ein Maresciallo bei den Carabinieri! Sie sollten Signor Vivaldi einmal in Uniform sehen! Ich stelle ihn mir ziemlich imponierend vor.«
»Hören Sie bloß auf, Herr Schnürchen!« stöhnte sie.
»Ich weiß nicht, was Sie haben. Frau Pütterich«, sagte Frau Lobedanz, die mit dem Nähbeutel in der Hand aus ihrem Zimmer zurückkam und sich daranmachte, den Knopf an Herrn Schnürchens Jacke kunstgerecht anzunähen, »es ist doch schließlich keine Schande, als Frau begehrt zu werden, und ob nun ein Maurer einem
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