Das war eine schöne Reise
Dunst hoben, kehrte Otto Lobedanz um und trabte auf seiner Spur nach Rimini zurück. In Miramare begann der Strand sich bereits zu beleben, und als er von seinem zweistündigen Ausflug nach Rimini kam, flatterten dort schon die bunten Sonnensegel an den Masten. Rimini war zu neuem Leben erwacht und bot seinen Gästen, was sie im Urlaub zu finden wünschten, Sonne, Sand und See.
In der Villa Annabella war die kleine Gesellschaft bis auf Frau Pütterich und Herrn von Berg unter der Pergola am Frühstückstisch versammelt. Otto Lobedanz spürte sofort, daß etwas Besonderes geschehen sein mußte, denn an allen Tischen, selbst bei den zurückhaltenden Schweizern, herrschte eine ungewöhnliche Gesprächigkeit. Lieber Himmel, war es etwa die Tragikomödie von Frau Pütterich, die die Runde machte?
»Wo hast du bloß gesteckt, Otto?« rief seine Mutter ihm entgegen. Aber er kam gar nicht dazu, von seinem Strandspaziergang zu erzählen, und für die hübschen Muscheln, die er unterwegs aufgelesen hatte, interessierte sich kein Mensch, nicht einmal Sonny Sonntag und am wenigsten seine Mutter.
»Denk dir, Otto, es ist noch keine Stunde her, da fährt ein offener Polizeiwagen in den Hof ein — und wer sitzt drin?«
»Du machst es aber richtig spannend, Mama...«
»Blutbesudelt, mit einem Auge so dick wie eine Faust, mit zerrissenem Jackett und so wackelig auf den Knien, daß einer von den Polizisten ihn die Treppe hochbringen und zu seinem Zimmer schleppen mußte...«
»Herr von Berg!« sagte Herr Blumm händereibend in die Kunstpause von Frau Lobedanz hinein.
»Jawohl, Herr von Berg!« bestätigte Frau Lobedanz empört. »Und das morgens um acht, wo das ganze Hotel schon munter war!« Sie dämpfte die Stimme: »Die Gesichter von den Schweizern hättest du sehen müssen, Otto!«
»Nanananana!« murmelte Herr Blumm, »die saufen auch...«
»Wo der Erhard — oder war es der Lübke? — neulich noch gesagt hat, daß jeder Deutsche sich im Ausland...«
»Schon gut, Mama!« unterbrach er sie nervös, »das ist doch jetzt völlig Wurscht, was die gesagt haben!«
»Jeder Deutsche wie ein Botschafter seines Landes«, sagte Herr Schnürchen erheitert, »ach, wissen Sie, Frau Lobedanz, auch Botschafter sind Menschen...«
»Erzählen Sie Herrn Lobedanz die Geschichte, Herr Schnürchen«, sagte Fräulein Sonntag und wandte sich an Otto Lobedanz, »Herr Schnürchen hat nämlich mit den Polizisten verhandelt.«
»Es ist eine etwas verworrene Geschichte«, sagte Herr Schnürchen hüstelnd, »aber soviel läßt sich berichten, daß Herr von Berg heute morgen zwischen vier und fünf Uhr von einem Gärtner, der mit einer Gemüseladung nach Rimini unterwegs war, in der Nähe von Bellaria in einem Pinienwäldchen aufgefunden wurde. Er war übel zugerichtet, blutete aus mehreren Wunden und war, als der Mann ihn fand, nur halb bei Bewußtsein...«
»Betrunken?« fragte Otto Lobedanz.
»Zweifellos auch betrunken, aber der Polizeiarzt, der ihn untersuchte, meinte, daß er mit einem starken Schlafmittel betäubt worden sei.«
»Was sagst du dazu, Otto?« seufzte Frau Lobedanz und schlug die Hände zusammen. »Ist das nicht ein Ding wie aus einem Kriminalfilm?«
»Jedenfalls verständigte der Gärtner die Gendarmeriestation von Bellaria, die wiederum die Polizei von Rimini benachrichtigte, als es sich herausstellte, daß es sich um einen Raubüberfall zu handeln schien. Die Polizei stellt sich die Sache so vor, daß Herr von Berg in, einem Auto bis zu dem Wäldchen gefahren wurde, daß man ihn dort aus dem Wagen zerrte und liegen lassen wollte, nachdem man ihm sein Geld und seine Uhr abgeknöpft hatte. Dabei scheint er kurz zu sich gekommen zu sein und sich zur Wehr gesetzt zu haben, bis die Banditen ihn eben zusammenschlugen.«
Otto Lobedanz wechselte einen Blick mit Sonny Sonntag, die nur für ihn bemerkbar den Kopf schüttelte. Das hieß, daß sie von der nächtlichen Begegnung mit Herrn von Berg in der Embassy-Bar nichts erzählt hatte.
»Weiß man denn, mit wem er zusammen war?«
»Nein, und die Polizei hat auch nichts entdeckt, was sie auf die Spur der Bande führen könnte. Es scheinen Spezialisten zu sein,, die die ganze Küste unsicher machen, denn der Überfall auf Herrn von Berg ist der achte oder neunte seit Beginn der Saison. Die Banditen arbeiten immer nach der gleichen Methode.«
»Herr von Berg ist doch gewiß vernommen worden...«
»Natürlich, und soweit er sich erinnern konnte, ist er mit einer kleinen
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