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Das War Ich Nicht

Das War Ich Nicht

Titel: Das War Ich Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristof Magnusson
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etwas zu bestellen, wurde nicht verstanden und versuchte es mit einem der wenigen Sätze, die ich auf Deutsch beherrschte, zeigte auf eine Reihe von Tellern in der Kühlvitrine vor mir, auf denen Fleisch lag, etwas Kartoffelähnliches, einige müde Salatblätter, und fragte: »Was ist das?«
    Ein blondes Mädchen sagte etwas, das ich nicht verstand, dann sagte sie: »Mit Bratwurst, mit Schnitzel, mit Frikadelle.« »Was ist das, Frikadelle?«, sagte ich - schließlich musste ich ja eine Weile in Deutschland bleiben, da sollte ich zumindest versuchen, die Sprache zu lernen.
    »One moment, please«, sagte sie, kam um die Theke herum, stellte sich neben mich und zeigte auf die Gerichte in der Vitrine: »Würstchen, Schnitzel, Frikadelle.«
    Dann war da noch ein viertes Gericht, zu dem sie etwas sagte, das ich nicht verstand. Sie überlegte und sagte dann, noch mal auf das vierte Gericht zeigend: »Chicken-Frikadelle.« »Jawohl, Chicken, ja«, sagte ich.
    MElKE
    Als wir eine halbe Stunde später in Wesselburen hielten, hatte die Tankstelle bereits geöffnet. Jasper hatte mir Geld gegeben, war im Auto geblieben, ich tankte, kaufte Cola und etwas zu essen, Sandwiches, Bananen und ein Dutzend Snickers. Es hatte mich gewundert, dass Jasper mich ausgerechnet darum gebeten hatte. Es wäre nicht mein erster Wunsch gewesen, wenn ich nach Jahren in Amerika zurück nach Deutschland käme, doch ich tat es ohne Widerrede - schließlich war ich ja jetzt auf eine Weise seine Komplizin geworden.
    Als ich bezahlen wollte, fiel mein Blick auf einen Ständer mit Zehn-Euro-Sonnenbrillen. Ich nahm eine silberne in die Hand, dann eine blaue, eine goldglänzend verspiegelte und überlegte, welche am besten zu Jasper passen könnte. Sie durfte nicht zu groß sein, sonst würde sie wie ein Zensurbalken sein schlankes Gesicht verdecken und musste zu den Locken passen, sonst wäre es peinlich und würde auffallen. Nur wenn sie ihm stand, war es eine gelungene Tarnung. Schließlich entschied ich mich für das silberne Modell, kaufte noch einen schwarzen Kapuzenpullover mit der Aufschrift I love Nordsee, zahlte und verließ die Tankstelle.
    Gegenüber war eine Filiale der Bank, die mein desolates Girokonto führte. Ich zündete mir eine Zigarette an und ging hinüber. Auch als Komplizin konnte eigenes Geld nichts schaden, dachte ich, als ich mit meiner Karte die Tür zum Vorraum öffnete, und wie viel Jasper mir überwiesen hatte, interessierte mich natürlich auch, sodass ich mir einen Kontoauszug druckte. Die Druckernadeln in dem Gerät schienen lauter zu kreischen als sonst. Der Drucker schüttelte sich derart, als würde er Abscheu empfinden, spuckte mir meine Kontokarte entgegen, dann das Blatt.
    Lange hatte er nicht gedruckt, was gut war, denn bis auf Jaspers Überweisung hätten es nur Abbuchungen sein können. Ich sah auf den Auszug, kurz und beiläufig, wie ich es gewohnt war. Sah noch mal hin. Und noch mal. Das Konto war im Haben, obwohl nichts von Jasper eingegangen war, dafür eine Überweisung von Henry LaMarck. Er hatte mir über neun Millionen Dollar überwiesen. Sechs Millionen dreihundertneununddreißig Euro. Kein Verwendungszweck.
    Ich sah noch mal auf den Kontoauszug. Wollte er sich entschuldigen? Solch ein schlechtes Gewissen konnte doch niemand haben. Ich verstand ihn einfach nicht.
    Ich steckte den Kontoauszug ein, lief zurück zum Auto, gab Jasper die Tüte mit dem Essen und dann die Sonnenbrille, die er sofort aufsetzte.
    »Steht dir«, sagte ich. Sie stand ihm wirklich. Erstaunlich gut, für den Preis, er wirkte überhaupt nicht verkleidet. Ich war froh, dass ich keine verspiegelte genommen hatte, denn so konnte ich seine Augen noch sehen, und zu dem Kapuzenpullover, den er gleich anzog, passte sie auch.
    Wir fuhren los, mussten aber nach wenigen Metern wieder halten, die einzige Ampel in Wesselburen war rot. Bisher waren wir auf der Straße allein gewesen, nun leuchtete zum ersten Mal ein Paar Scheinwerfer hinter uns auf. Ich erkannte sofort, dass das, was auf dem Dach montiert war, keine Werbetafel oder spezielle Nebelscheinwerfer waren, es war eine Sirenenanlage mit zwei ausgeschalteten Blaulichtern, die langsam immer deutlicher zu erkennen waren und dann aus meinem Rückspiegel verschwanden. Das Polizeiauto kam auf der Abbiegerspur neben uns zum Stehen. Jasper setzte die Kapuze auf, wollte sich schon in seinem Sitz kleinmachen, da sagte ich:
    »Sitz gerade!«
    »Bin ich unauffällig genug?«, flüsterte er und sah zu

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