Das waren schöne Zeiten
sehr wertvolle Pony, samt Sattel und Steigbügel. Minx war offensichtlich gestohlen worden. Kein Zweifel, der Junge war damit auf dem Weg zur nächsten Bahnstation. Walter machte sich augenblicklich zur Verfolgung auf. Er ritt mein graues Pferd Kismet.
Die zwei Pferde waren zusammen mit uns von Gisborne gekommen und seither nie mehr getrennt gewesen. Sie hingen sehr aneinander, was vielleicht den Rest der Geschichte erklären mag.
Es war eine ganz besonders finstere Nacht, aber im Hochsommer, so daß die Pekanui ausnahmsweise einmal trocken war. Kismet verfiel in den für ihn typischen gleichmäßigen, leichten Galopp, der ihn viel schneller voranbrachte, als man meinte, und den er unermüdlich, über lange Strecken hinweg, beibehalten konnte. Sie verließen die Pekanui und kamen an einer Stelle auf die Hauptstraße, wo zwei Meilen weiter rechts der Weg nach Otorohanga abzweigt. Wir hatten diese Straße nie benützt, weshalb Walter nicht wenig erstaunt war, daß Kismet, kaum hatte er die Abzweigung erreicht, einbog und mit verschärftem Galopp weiterlief. Etwa zwei Meilen weiter blieb er plötzlich stehen, wendete und galoppierte wieder den gleichen Weg zurück. Walter, der immer viel Vertrauen in den Instinkt der Pferde hatte, gab ihm Zügel und Kismet seinen Willen, der sein Tempo gleichmäßig beibehielt, bis sie Pirongia hinter sich gelassen hatten. Von da ab wurde er manchmal langsamer, dann holte er wieder auf. Dann, ganz plötzlich, zwei Meilen vor Te Awamutu, stellte er die Ohren auf und begann in seinem schnellsten Tempo eine Seitenstraße hineinzugaloppieren. Dort fand Walter unser Pony, schwitzend, aber unversehrt, ohne Sattel und Steigbügel, an einen Zaun festgebunden. Der Bursche wartete auf der Bahnstation auf den Nachtzug, und Walter blieb gerade noch Zeit genug, seinen Sattel und seine Steigbügel wieder herbeizuschaffen, bevor er ihn dankbar abdampfen sah.
Nur eine Frage hatte er ihm gestellt: War er von der Hauptstraße auf seinem Weg zum Bahnhof abgewichen? Ja, er war im Dunkeln versehentlich in die Straße nach Otorohanga hineingeritten, hatte seinen Fehler aber nach ungefähr einer Meile bemerkt und war dann umgekehrt.
Die andere Geschichte handelt von einer tollen Eskapade auf dieser steilen und kurvigen Okupata Road, die nach Oparau hinunterführte. Es gab da ein Fuhrwerk, das ziemlich oft diese Straße benützte. Warum, weiß ich nicht mehr, aber es ist möglich, daß es den Transport von Bestellungen aus Kawhia und Te Awamutu durchführte. Am Ende der Straße, nach der Schinderei die Pekanui hinauf, pflegte der Fuhrmann anzuhalten und seinen Pferden eine Rast zu gönnen. Len war ein bemerkenswerter Reiter und Kutscher, aber ein fast noch tüchtigerer Trinker. Während er nun dort oben auf seinem Rastplatz saß, fiel ihm plötzlich ein, was man sich von einem der Siedler erzählt hatte. Dieser sollte angeblich dort in der Nähe, an einem mit Büschen bewachsenen Platz, eine Flasche Whisky versteckt haben, die er am nächsten Tag, als er wieder nüchtern war, holen wollte, aber nicht mehr fand.
Das Gerücht behauptete, daß mehrere von den Siedlern bereits erfolglos danach gesucht hätten. Nun, Len hatte Glück. Er hatte noch nicht lange gesucht, da fand er auch schon die Flasche und machte sich unverzüglich über ihren Inhalt her.
Es war ein bitterkalter Wintertag, und Len fror jämmerlich. Die Flasche war im Nu leer, und Len, dem nun wärmer war, fühlte sich großartig. Er kletterte auf den Kutschbock zurück und trieb mit Hü und Hott seine Pferde an.
Und dann passierte das Unerwartete. Gerade als das Fuhrwerk so richtig in Schwung kam, stieg ihm der Whisky in den Kopf, und Len tat etwas, das er in seiner langen und bewegten Laufbahn noch nie getan hatte — er ließ die Zügel fallen. Da war er nun, mit vier Meilen steiler, kurviger Straße vor sich, höchst gefährlichen Abgründen zur einen und hohen Böschungen zur anderen Seite. Eine Katastrophe schien unvermeidlich.
Doch nichts dergleichen geschah. So unglaublich es auch klingen mag, aber Len gelang es, diese vier Pferde nur mit Hilfe seiner Stimme und mit dem vorsichtigen Gebrauch der Bremse zu »lenken«, ohne die wirkliche Möglichkeit des Lenkens. Ein Nachbar, der ihn traf, als er schließlich unten ankam, berichtete, daß sein Gesicht noch röter als gewöhnlich war. Len selbst meinte dazu: »Ich war stocknüchtern, wie am Tage meiner Geburt.«
Es war eine sagenhafte Leistung, denn das Fuhrwerk war in einem Tempo dort
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