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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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von Mr. Seton verabschiedet hatten, daß er bisher noch nie eine so hohe Meinung von einem Pfarrer gehabt habe. »Hol’s der Teufel, ich hätte keine Lust, alle zwei Wochen eine solche Fahrt zu machen«, fuhr er fort, während er noch ein wenig Wasser aus seiner Jacke wrang.
    Etwa ein Jahr, nachdem wir nach Oparau gekommen waren, gelang es Mr. Griffiths, seine Farm zu verkaufen. Mein Bedauern über den Verlust so angenehmer Nachbarn wurde ein bißchen gedämpft durch den Umstand, daß mein Schwager David Scott die Farm erworben hatte. Dies gab unserem Leben eine völlig neue Wendung. Meine Mutter kam, um in regelmäßigen Abständen mit jedem von uns zu leben, ausgenommen die seltenen Gelegenheiten, wo sie Freunde besuchte oder sich in der Stadt aufhielt. Meine Schwester war nun auch gleichzeitig meine nächste und liebste Nachbarin. Die Familie war vereint, und Einsamkeit und Heimweh, worunter ich heimlich doch manchmal gelitten hatte, wie ich jetzt gestehe, waren ein für allemal gebannt.
    Mutters Arthritis war nun stark fortgeschritten, wie das bei dieser schrecklichen Krankheit unvermeidlich ist, aber ihr Mut blieb ungebrochen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals von ihr eine Klage gehört zu haben. Nach der Geburt meiner Kinder verbrachte sie immer mehr und mehr Zeit mit uns, und die Freundschaft zwischen ihr und Walter vertiefte sich sehr zu meiner Freude. Viele Male sagte er zu mir, daß sie für ihn der tapferste Mensch sei, den er je gekannt hätte. Und zu meinem nicht geringen Verdruß fügte er noch hinzu: »Und der geistreichste. Du, meine Liebe, hast Humor, aber Mutter ist geistreich.«
    Nun konnte ich wie früher alles mit meiner Schwester teilen, sogar meine oft recht leichtsinnigen Streiche. Ich bin überzeugt, daß sie überhaupt nicht wußte, was Angst war. Sie hatte aus Gisborne eine ungewöhnlich schnelle Stute, namens Kelpie, mitgebracht. Tim ritt ausgezeichnet, aber Kelpie besaß ein Maul aus Eisen und pflegte immer wieder durchzugehen. Wenn das passierte, dann bemerkte Tim nur beiläufig, während sie abstieg, daß es ihr leid tue, mir davongeritten zu sein, aber Kelpie war eben einfach immer ein bißchen zu temperamentvoll.
    Ich glaube, sie muß ein ordentliches Stück vom irischen Erbteil meiner Mutter mitbekommen haben. Das kam von Zeit zu Zeit in ihrer unglaublichen Sorglosigkeit, verbunden mit einem ausgesprochenen Talent für Untertreibungen, zum Vorschein. Ich habe kaum je einmal gehört, daß sie lauter als gewöhnlich sprach oder auch nur die leiseste Aufregung gezeigt hätte. Einmal, als sie es fertiggebracht hatte, die Zweiradkutsche umzuwerfen, krabbelte sie unversehrt darunter hervor und bemerkte leichthin, daß sie vielleicht die Kurve doch ein bißchen zu schnell genommen hätte, aber sie habe immer schon gewußt, was für boshafte Biester diese Zweiradkutschen seien. Ein andermal hatte sie einen großen eisernen Teekessel vollkommen leer auf ein prasselndes Feuer gestellt. Natürlich explodierte er mit einem fürchterlichen Knall, und sein Deckel knallte gegen die Zimmerdecke. »Du meine Güte«, sagte meine Schwester und erhob sich würdevoll, »wie gut, daß kein Wasser darin war. Es hätte herumspritzen und womöglich noch jemand verbrühen können.«
    Sie war sogar noch hoffnungsloser vernarrt in Tiere als ich, und ihre Freunde von Auckland erinnern sich mit Vergnügen an ihre gemurmelte Entschuldigung, als ein Truthahn einmal ins Wohnzimmer eindrang: »Ach, hoffentlich macht es euch nichts aus«, sagte sie sanft. »Aber ihr müßt verstehen, er ist doch ein Zuchthahn.« Beide, sie und ihr Mann, liebten Tiere mit selbstloser Hingabe. Wenn man sich auch meist seinen Weg durch eine Ansammlung von Katzen und Hunden ins Haus bahnen mußte, so konnte man wenigstens gewiß sein, daß es gesunde, glückliche und geliebte Viecher waren.
    Tim und David hatten keine Kinder, weshalb Tim viel öfter draußen mit ihrem Mann zusammen arbeitete und auch viel härter als ich, ohne sich jemals darüber zu beklagen. Oft war sie den ganzen Tag draußen, half David beim Aufstapeln der Zaunlatten, beim Zersägen der Holzstämme, beim Säubern der Weiden von totem Holz. Bei all der Plackerei blieb sie immer gleich liebenswürdig; sie konnte sich ebenso reizend mit einem Professor, der uns besuchte, wie mit dem alten Maori, der ihnen bei der Arbeit half, unterhalten. Ihre Haushaltführung war irisch, genau wie ihr Sinn für Humor. Nie verriet sie Befangenheit oder Verlegenheit, was auch immer

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