Das waren schöne Zeiten
unten angekommen, das noch niemals jemand auf dieser Straße gewagt hatte. Wie es diese Haarnadelkurven schaffte und wie es an diesen schrecklichen Abgründen vorbeikam, konnte sich keiner von uns vorstellen. Auch wagten wir nicht, darüber nachzudenken, was einem ahnungslos Entgegenkommenden hätte passieren können. Jedenfalls, wenn man den guten Ausgang dieser Eskapade dem glücklichen Zufall und Lens überdurchschnittlichen Fähigkeiten als Kutscher zuschrieb, sollte man auch nicht den Anteil der Pferde daran vergessen.
Dies waren bewegte Tage, mit ihren Ausbrüchen von Fröhlichkeit, mit ihren drückenden Sorgen um den Krieg und unseren eigenen, privaten Geldschwierigkeiten, die immer drängender wurden. Ungefähr ein Jahr, nachdem David die Farm in unserer nächsten Nachbarschaft gekauft hatte, mußte er in den Krieg ziehen, und Walter hatte nun die Last der Sorge und Arbeit für zwei Farmen zu tragen. Meine Schwester zog in die Stadt und meldete sich zum Kriegsdienst in der Heimat, und meine Mutter lebte nun ausschließlich bei uns. Arbeiter waren nicht zu haben; die Kosten häuften sich an, und beide Farmen schienen gegen fast hoffnungslose Probleme anzukämpfen. Es war kein Wunder, daß wir über alles lachten, das uns nur im entferntesten amüsant vorkam. Es lagen genug schwere Stunden vor uns; und inzwischen wußten wir das auch.
Zeit des ersten Weltkriegs
Der Rest der Kriegsjahre war für uns, wie für jedermann, eine Zeit unaufhörlicher Arbeit und Sorge. Obwohl keinerlei Hoffnung auf regelmäßige Hilfe bestand, gab es doch hin und wieder ein dankbar begrüßtes Zwischenspiel irgendeines Helfers. Das, welches am längsten dauerte, begann, als eines Tages ein Ire namens Pat unerwartet an der Tür auftauchte und um Arbeit bat. Gehalt, meinte er, wäre nicht so wichtig; ihm käme es auf eine kleine Abwechslung auf dem Land an, und harte Arbeit mache ihm nichts aus.
Mir gefiel er auf den ersten Blick. Er war ein kräftiger, freundlicher Mann mit einem Vollmondgesicht, das Humor und Gutmütigkeit ausstrahlte. Sein irischer Akzent hatte es mir sofort angetan, und als Walter heimkam, lief ich ihm schon mit der Neuigkeit entgegen: »Ein Mann ist gekommen, der Arbeit sucht. Er sagt, es kommt ihm nicht auf ein hohes Gehalt an. Er ist Ire und einfach reizend.«
Walter seufzte mit gespielter Nachsicht. »Wenn er Ire ist, nehme ich an, ist es ohnehin schon entschieden«, sagte er, weil es ihm immer Spaß machte, mich mit meiner teilweisen irischen Abstammung aufzuziehen, auf die er alle meine vielen Schwächen schob.
Er selbst hingegen legte großen Wert auf seine schottische Abstammung. Nun, mit einem solchen Namen konnte es wohl nicht anders sein. Aber es läßt sich nicht leugnen, daß er seine Rolle wirklich ein wenig übertrieb, indem er darauf bestand, fast immer eine >Tam-O’-shanter<, diese schottische Wollmütze, zu tragen, von der er ein ganzes Sortiment besaß, das eine Universitätsfreundin liebevoll für ihn gestrickt hatte. Ich fand, daß er geradezu unvernünftig in seinem schottischen Stolz unterstützt wurde, als man ihn einmal mit Harry Lauder verwechselte. Das geschah während des Besuches des berühmten schottischen Komödianten in Neuseeland, als wir die kostspielige und lange Reise nach Hamilton unternahmen, um ihn zu sehen. So sehr ich Harry Lauders Genie auch bewunderte, muß ich doch gestehen, daß ich mich nicht gerade geschmeichelt fühlte, als ein älterer Herr uns am nächsten Tag auf der Straße anhielt und verkündete: »Wirklich, Mann, das war gesterrrn ein verdammt grrroßartiger Auftritt.«
Tatsache war, daß Walter wirklich so viele der verbindlichen und liebenswerten Eigenschaften der Iren besaß — ganz besonders den Sinn für Humor daß ich mich immer über diese streng unverfälschte schottische Abstammung wunderte, bis meine Schwester auf einem Besuch in Schottland in den Familienpapieren entdeckte, daß eine seiner Großmütter rein irischer Abstammung war. Das erklärte eine ganze Menge; aber Walter war eigentlich jedesmal, wenn ich es erwähnte, ein bißchen ärgerlich.
Mit seinem Bruder David war das ganz anders. Bei ihm konnte kein Zweifel über ein großes Stück irischen Erbgutes aufkommen, und ich stimme im großen und ganzen dem zu, was einmal ein Neuankömmling über ihn sagte: »David ist ein großartiger Kerl, aber ich möchte nur wissen, wie er zu diesem schottischen Namen kommt?«
So wie die Dinge lagen, bestanden keinerlei Befürchtungen, daß
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