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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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sich ereignen mochte. Einmal, zu einer Zeit, da wir Strathallan schon verlassen hatten und sie allein in ihrem kleinen Haus dort oben war, tauchte plötzlich ein entsprungener Sträfling auf, den sie von früher kannte, um bei ihr Zuflucht zu suchen. Er erzählte mir später, daß Tim ihn mit gelassener Freundlichkeit begrüßt habe. »Wie nett, dich wieder einmal zu sehen«, sagte sie zu ihm. »Warte nur einen Augenblick, ich will nur das Radio leiser stellen. Komm herein, ich mache uns Tee.«
    Niemand war schwierigen Situationen besser gewachsen als sie, und niemand verfügte über soviel unerschöpfliche Geduld.
    Wir waren nun eine außerordentlich glückliche Gemeinschaft. In der Zwischenzeit hatte sich auch noch ein neuer Siedler in unserer Gegend niedergelassen, mit dessen Frau wir sehr bald Freundschaft schlossen. Ich war besonders froh darüber, weil Helen Bell und ihr Mann eine Farm in Waikato gekauft hatten und dorthin umgezogen waren.
    Gertrude Robinson war ein völlig anderer Typ. Sie besaß nicht Helens Fähigkeit, mit sämtlichen Problemen im Busch fertig zu werden, wie ein Mann den ganzen Tag zu arbeiten und dann zehn Meilen zu einer Tanzveranstaltung zu reiten, ihr Abendkleid in einem Köfferchen am Sattel. Gertrude war ein typisches Großstadtprodukt: heiter und weltgewandt, künstlerisch und witzig, eine wunderbare Gesellschafterin, wenn es darum ging, über skurrile Menschen und sonderbare Begebenheiten zu lachen. Allerdings konnte man sich nicht immer ganz auf ihr manierliches Benehmen verlassen, da es leicht geschah, daß ihr Sinn für Humor mit ihr durchging. Da dies ebenfalls eine Schwäche von mir war, mußten sich selbstverständlich hin und wieder recht peinliche Situationen ergeben. Ich erinnere mich an mindestens ein halbes Dutzend davon, und bei einigen fiel es uns nicht leicht, ungeschoren davonzukommen.
    Bei all meinen verschiedenen Abenteuern und Streichen aber war und blieb meine Schwester meine beste Freundin. Es gab nichts, wo Tim nicht mitgemacht hätte. Es war zu einer Zeit, da wir Tag für Tag auf einem Stück Land schwer schufteten, das zum Pflügen vorbereitet wurde. Wir hielten damals eine Anzahl von Schweinen, die nun verkauft werden sollten, aber keiner von den Männern fand Zeit, sie nach Te Awamutu zu bringen. Da kamen Tim und ich auf den Einfall, wir könnten es übernehmen, sie bei unserem Viehhändler abzuliefern, der sich dann um den Verkauf kümmern sollte, während wir beide uns gleichzeitig einen Tag in der Stadt gönnen würden. Walter fand die Idee keineswegs gut, gab aber dann unter der Bedingung seine Zustimmung, daß wir den Rückweg nicht am gleichen Tag antreten, sondern im Hotel in Pirongia übernachten würden. Also machten wir uns mit dem Pferdekarren meines Schwagers, meinem neun Monate alten Baby und einer Ladung Schweine am frühen Morgen auf den Weg.
    Die Preise standen schlecht, weshalb wir entschieden, daß eine Übernachtung im Hotel pure Verschwendung wäre. Es war Hochsommer, aber wir hatten trotzdem einige Decken dabei, weil wir damals immer so etwas auf eine Fahrt mitnahmen, da man nie wußte, ob man nicht gezwungen sein würde, über Nacht auszubleiben. Wir beschlossen also pfiffig, daß wir auf einer Wiese ein oder zwei Meilen außerhalb Pirongias kampieren würden, wo wir das Pferdefuhrwerk ein Stück von der Straße weg abstellen konnten. Der Gedanke, im Freien unter dem Pferdekarren zu schlafen, erschien uns ausgesprochen reizvoll. »Macht doch viel mehr Spaß«, meinte Tim begeistert.
    Wir kauften in dem Laden in Pirongia etwas zum Essen ein und gratulierten uns zu der weisen Voraussicht, ein Eßgeschirr eingepackt zu haben. Das Baby hemmte uns natürlich ein wenig daran, unsere romantische Idee von einer Nacht unterm Sternenhimmel zu weit auszubauen, aber es war ein anpassungsfähiges Kind, das sicherlich wunderbar in seinem aus Kissen improvisierten Bett unter dem Pferdewagen schlafen würde. Und so war es auch. Die Pferde grasten friedlich auf einer nahen Weide, wir hatten unser Abendbrot verzehrt und machten uns zufrieden zum Schlafen bereit. Eine wahre Idylle.
    »Ich habe immer schon einmal unter den Sternen schlafen wollen«, seufzte Tim, und bald taten wir es auch schon, denn der Tag war lang und heiß gewesen. Einige Stunden später erwachten wir von dem Geräusch eines vorüberfahrenden Wagens, draußen auf der Straße, und dem Klang lauter Stimmen. Ungeschickterweise, wohl weil wir noch halb im Schlaf waren, knipste eine von uns

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