Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
ganz weit weg schmeißt. Die wird nämlich alle zehn Minuten im Fernsehen gezeigt, falls du das noch nicht weißt.«
Das Signalhorn trötete mehrfach, und Doggie drückte die Plastiktüte fest an sich. Sie sah eine Tausend-Dollar-Fendi-Tasche am Boden eines gewaltigen Müllcontainers gegenüber dem Bronx-Zoo vor sich.
»Zurück zur großen Politik. Heute steht mir exklusiv ein Kommentator zur Seite, wir wollen ihn begrüßen.« Er klatschte wie wild. »Wir wollen keine Namen nennen, aber glaubt mir, ihr kennt ihn alle. Ich werde nichts zu seinem Aussehen sagen, er könnte sonst glauben, ich würde ihn anbaggern, und womöglich wäre er nicht abgeneigt.« Wieder erfolgte dieses ohrenbetäubende Lachen, das so typisch war für Jumper. »Okay, mein lieber anonymer Freund. Wir dürfen ruhig sagen, dass du ein Mann bist, der über vieles ausgezeichnet Bescheidweiß. Das Leben in Washington ist für dich wie für einen Schnüffler das Leben in der Drogengasse. Wir haben gehört, möglicherweise sei gegen Jansen ein Gegenschlag geplant. Ich sage Gegenschlag, denn war es nicht ein Schlag, dass wir einen Präsidenten mit Namen Jekyll wählten und stattdessen einen Mister Hyde bekamen? Was sagen Sie zu diesen Gerüchten, Mister X, Mann ohne Gesicht und Namen?«
Seine Stimme war durch einen Verzerrer verfremdet, sodass man sie nicht sofort erkannte. Aber das war nicht gut gemacht. Nach wenigen Sekunden wusste Doggie, wer der Sprecher war, der fast ebenso bekannt war wie Tom Jumper. Und so wie ihr ging es bestimmt vielen Zuhörern. Doggie musste sich die Hand auf den Bauch legen, um tief und gleichmäßig durchzuatmen. Sie war wahnsinnig aufgeregt und gleichzeitig tieftraurig. Gerade sägte ein richtig guter Freund an dem Ast, auf dem er selbst saß: John Bugatti. Und der Ast befand sich in tausend Metern Höhe, der Fall endete mit Sicherheit tödlich, wenn er weitermachte.
»Gegenschlag, sagen Sie. Ich weiß nicht, wie wir das bezeichnen sollten, Tom«, sagte John Bugattis leicht verzerrte Stimme. »Ist es wirklich ein Gegenschlag, oder reizt da einer die verfassungsmäßigen Spielregeln bis aufs Äußerste aus? Aber irgendetwas ist im Gange.« Er räusperte sich. »Und die Hochfinanz wird wie stets das, was dazugehört, auf die eine oder andere Weise organisieren und finanzieren, um auf diese Entwicklung Einfluss zu nehmen.«
Wieder räusperte er sich, und Doggie fluchte. Konnte er das nicht lassen oder sich dabei wenigstens vom Mikrofon abwenden?
»Natürlich sind bereits viele kompetente Menschen verhaftet worden, aber das reicht nicht aus, um dem zweifelhaften Sammelsurium präsidentieller Dekrete am Ende zum Erfolg zu verhelfen. Bisher ist Präsident Jansens stärkster Rivale, der frühere Vizepräsident Michael K. Lerner, noch auf freiemFuß. Und genau wie in anderen Diktaturen, denn als solche müssen wir das gegenwärtige Amerika bezeichnen, lässt sich der Widerstand der breiten Masse der Bevölkerung mit einem Eisberg vergleichen, von dem nur die Spitze sichtbar ist. Jansen hat jetzt seinen Flugzeugträger totalitärer Maßnahmen zu Wasser gelassen, und von dort aus zielt er auf alle, die ihn abschießen wollen. Aber schließlich wissen wir doch, dass so etwas schiefgehen kann, nicht wahr? Denn ohne flexible Steuerung kann so ein gepanzertes Fahrzeug trotz großer Schlagkraft und Rückenwind leicht wie die Titanic enden. Was in eine metaphernfreie Sprache übersetzt heißt, dass Jansen freiwillig und mit ihm seine gesamte wahnwitzige Regierung zurücktreten muss.«
Jumper betätigte das Signalhorn. »Meine Damen und Herren, von diesem Mann werden wir in den nächsten Tagen noch sehr viel mehr hören. Sie können sich also schon freuen. Mister X, wir haben vorhin über Doggie Rogers gesprochen. Nun wollen wir auch ihrem Vater einen Gedanken widmen. Nach Meinung des Gerichts hat er den Anstoß zur aktuellen Entwicklung in den Vereinigten Staaten gegeben. Mit anderen Worten, ohne ihn hätten wir nicht diese verrückten Zustände. Was ich allerdings nicht glaube. Wäre das nicht sowieso eingetreten? Was sagt ihr dort draußen? Na ja, jedenfalls wartet er nun auf die Spritze. Haben Sie eine Ahnung, Mister X, wann er die bekommen wird?«
O Gott, das ist ja übermorgen!, schoss es Doggie durch den Kopf.
»Den genauen Zeitpunkt kenne ich nicht. Aber wenn es passiert, wird ein Unschuldiger umgebracht.«
Doggie hielt die Luft an, um nicht zu schreien. Der Verkehr rollte nur langsam. Vielleicht fuhren sie gerade durch
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