Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
Zerspringen. Man konnte schließlich nicht wissen, ob nicht irgendein ehrgeiziger Soldat auf die Idee kam, selbst eine so abwegige Möglichkeit für ein Versteck zu checken.
Als der Fahrer auf einem Parkplatz südlich von Dumfriesendlich die Luke öffnete, musste sie sich die Hand vor den Mund halten, um nicht zu hyperventilieren. Vom plötzlich hereinströmenden Sauerstoff und dem funkelnden Sternenhimmel über ihr wurde ihr schwindlig.
Der Fahrer reichte ihr ein kleines Transistorradio und ermahnte sie, es ausschließlich während der Fahrt einzuschalten. Es schien, als wollte er, dass sie Radio hörte. Dann gab er ihr noch in Folie eingewickelte Sandwiches und fragte, ob sie zur Toilette müsse. Da sie nicht schnell genug antwortete, warf er die Luke zu.
Sie saß wieder im Dunkeln.
Sie drückte auf Frank Lees Handy und nutzte das bläuliche Licht des Displays als Taschenlampe, um die Knöpfe des Transistorradios zu erkunden. Dann schaltete sie das Radio ein und lehnte sich an die Wand des Stahlbehälters.
Die nasale Stimme, die jetzt aus dem winzigen Lautsprecher drang, war im ganzen Land bekannt. Viele würden es sicher nicht zugeben, aber bestimmt hatte jeder irgendwann einmal in den letzten zehn Jahren Tom Jumpers Sendung gesehen. Er führte die Menschen vor, ohne dass sie es merkten, und bei ihm klingelte die Kasse. Doggie hasste all das, wofür er und seine Sendung standen, aber in ihrer momentanen Situation war Tom Jumper eine Verbindung zu einem Leben, wie es früher gewesen war. Ihn zu hören, war ein unerwartet nostalgisches Erlebnis. Seine Stimme erinnerte an frohe und naive Zeiten – die doch erst vier Wochen zurücklagen. Nun spielte er einen ganz alten Titel von Emmylou Harris. Anschließend legte er wieder lautstark los.
»Ja, Leute, wir haben genau elf Uhr Eastern Time, es ist Samstagnacht und ihr hört Tom Jumpers ›Letzte Bastion‹«, rief er. »Wir senden schon den zweiten Tag aus unserem mobilen Studio. Ein Radioprogramm für alle, die sich noch an Begriffe wie Demokratie und Verfassungsrechte erinnern, ganz zu schweigen von frischem Hackfleisch, Pornofilmenund Schwarzarbeit. Das waren gute Zeiten, Freunde, wisst ihr noch?«
Jumper betätigte ein Signalhorn. »Hey Leute, das war der Jingle für die gute Geschichte dieses Tages. Wir habe gerade etwas über die Jagd auf Doggie Rogers erfahren, die Dame, die dem Vizepräsidenten mal ordentlich in die Eier getreten hat. Offenbar hat sich Klein Doggie inzwischen verdünnisiert, und man macht Jagd auf sie. Passt gut auf sie auf, wenn ihr sie in der freien Wildbahn antrefft. Ich wiederhole, was ich heute schon einmal gesagt habe: Wer unseren Vizepräsidenten bezwingt, der verdient unseren äußersten Respekt. Leute, lasst euch nicht von der Belohnung in Versuchung führen. Vergesst den Judaslohn und helft ihr!«
Doggie presste die Lippen zusammen. Das war Balsam für ihre wunde Seele. Vielleicht hatte der Fahrer ihr deswegen das Radio gegeben.
Jumper drückte wieder das Signalhorn. »Diejenigen, die ihre Sachen schnappen und wie Doggie Rogers aus dem Weißen Haus spazieren, das sind die wahren Amerikaner. Denn da drinnen sitzen die Mörder, die unser Land mit Blut besudeln, und die zu unterstützen, kann keiner mit seinem Gewissen vereinbaren. Ihr habt was anderes geglaubt? Na, dann ist es ja ein Segen für Amerika, dass Tom Jumper und solche wie Doggie Rogers euch aufrütteln.«
Diese Worte zu hören war vollkommen irre. Doggie drückte die Schultern zurück, um tiefer einzuatmen.
»Hey, ihr da draußen«, fuhr Jumper fort. »Wo ihr auch schlaft, es ist noch nicht mal Mitternacht. Sperrt Augen und Ohren auf, denn jetzt kommt die bestens dokumentierte Behauptung des Tages. Das großartige Team von meiner alten Show hat sie für euch aufgestellt. Jetzt kommt’s! Hinter dem Dachmörder von New York standen Präsident Jansen und seine Mischpoke! Wow! Wie bitte? Tja, das ist mal ’ne Neuigkeit, wie? Ich kann euch da draußen vor mir sehen! Das hat euchdoch glatt den fetten Arsch von der Matratze gerissen! Wow! Na klar doch. Aber jetzt hört gut zu, Präsident Jansen und seine Abnicker können ’ne Menge, und ob ihr’s glaubt oder nicht, aber die können sogar denken. Denn Hand aufs Herz: Haben die Morde in New York und an der Schule bei Washington und all die Attentate und Bomben und das gesamte Tamtam in der letzten Zeit nicht irgendwie Einfluss auf euch gehabt und eure Einstellung verändert?«
Doggie faltete die Hände im Nacken und
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