Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
hielt die Luft an.
»Klar spreche ich nicht von euch schießwütigen Analphabeten, die jedes Mal zur Knarre greifen, wenn Wörter mit mehr als fünf Buchstaben benutzt werden. Ihr seid ja eh schon hirntot. Nein, euch andere meine ich. Ja, auch dich da, Muttchen, da am Küchenherd.« Er lachte. »Ja, genau dich, du rührst wie immer im Kochtopf. Hand aufs Herz, hast du dich etwa nicht von dem, was alles passiert ist, beeinflussen lassen? Denkst du nicht auch – ja, also wenn das möglich ist, dass da so ein Verrückter in New York auf dem Dach sitzt und die Kinder auf dem Bürgersteig umpustet, wenn so ein debiler Knallkopf einfach in eine Schule eindringen und unschuldigen Schulkindern das Hirn wegblasen kann, also dann hat der Präsident doch recht, dass mit den Schießeisen überall Schluss sein muss. Du denkst, zum Teufel … nein, nein, nicht zum Teufel, du bist ja ein braves Mädchen, aber Herr im Himmel, denkst du, schmeißt den Colt ins Klo. Versenkt die Munition im Gülletank. Der Präsident hat doch recht, denkst du, und so denkt ihr anderen auch. Schaut euch doch bloß den ganzen Mist an, der ringsum passiert. Aber nun hört mal zu, was der gute alte Tom Jumper euch erzählt. Wir haben nämlich Beweise, dass dieser ganze Dreck im Weißen Haus veranlasst wurde! Und dass alles nach Plan funktioniert hat. Damit will ich jetzt nicht sagen, dass wir die Knarre wieder in die Nachttischschublade legen sollen. Ich sage nur, dass es verkehrt war, wie sie daraus entfernt wurde. Wenn im Weißen Haus jemandeinen Mann anheuert, um auf Schulkinder zu schießen, damit wir anderen die Schießeisen hassen, also Leute, da ist doch was total krank. Da stimmt ihr mir doch zu, oder?«
Hier setzte jäh wieder Musik ein. Der Nachhall vom Stakkato seiner Stimme verschmolz mit dem Klang der Drums eines Countrysongs. Der Mann wusste, wie man für Effekt sorgte! Doggie hatte die Kälte und den Gestank des Stahlbehälters vergessen. Sie fuhren wohl gerade über einen Bahnübergang, aber aufgewühlt, wie sie war, klang das Bimmeln der Warnanlage für sie wie Schüsse. Was hatte Tom Jumper da gerade gesagt? Konnte das stimmen? Oder war seine Sensationsgier endgültig mit ihm durchgegangen?
»Ja, ja, Leute. Wir ändern gleich die Sendefrequenz«, fuhr er schon wieder fort. »Surft ein bisschen hin und her und sucht nach dieser Musik hier. Den guten alten Johnny Cash kennt ihr doch alle. Dreht ein bisschen hin und her, wie weit, sage ich nicht.«
Doggie tastete nach dem Knopf. Beim Drehen kam sie an vielen Sendern vorbei, von deren Existenz nur noch ein undefinierbares Rauschen zeugte. Plötzlich hörte sie Johnny Cashs Stimme wieder.
Instinktiv legte sie die Hand aufs Herz. Wie heftig es klopfte! Tom Jumper hatte in seiner Radiosendung gerade von ihr gesprochen! Und was er sonst noch gesagt hatte, würde jeden noch so verstockten Lobbyisten erschüttern. Was kam als Nächstes?
»Hey und hallo! Da bin ich wieder mit Tom Jumpers ›Letzter Bastion‹. Habt ihr übrigens mitbekommen, dass es mit der Großfinanz bergab geht? Na, Leute, was glaubt ihr wohl, wie es den Zigarettenherstellern und den Munitionsfabrikanten im Moment geht? Wo doch das bisher unaufhörlich fließende Geld erstarrt ist wie die Lava vorm Toten Meer? Wisst ihr, wo die Finanzknallköpfe der Wall Street und die Medienmogule und alle diese verdammt überflüssigen Berater für dieses undjenes und noch was im Moment am liebsten wären? Beim Präsidenten! Um ihm eine entsicherte Beretta 92FS von Umarex an den Schädel zu halten! Seid ihr euch überhaupt darüber im Klaren, was für einen gefährlichen Job der Präsident hat? Fast könnte ich Mitleid bekommen. Glaubt ihr nicht auch, dass ihm viele am liebsten eine Rakete in den Arsch stecken würden, um ihn schnellstens zurück zu seinen Ahnen in Skandinavien zu schießen? Ja aber Leute, der Mann ist gegenwärtig der meistgehasste Mensch der Welt! … Pass gut auf, Brucie-Baby! Die Hochfinanz oder die Mafia oder die Rechtsextremisten werden dich schon abstrafen, keine Bange. Vergiss nie, einen Blick über die Schulter zu werfen. Schau gut hin, wer auf dich aufpasst. Vielleicht hat derjenige Aktien gekauft … und erlebt gerade ihren freien Fall.« Schreiend vor Lachen ließ er das Signalhorn ertönen.
»Apropos, lasst uns noch mal zu Doggie Rogers zurückkehren. Hör mir gut zu, mein Schatz. Zuletzt bist du mit einer sauteuren Damentasche von Fendi auf deiner niedlichen Schulter gesehen worden. Sieh zu, dass du die
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