Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
etlichen Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang. Am Ende forderte Bugatti alle auf, die noch nicht gewählt hatten, nun an die Wahlurnen zu eilen, »aber bitte schön vorsichtig«.
Dann reichte er das Mikrofon seinem Assistenten und überließ den Bildschirm dem nächsten Beitrag über einen abscheulichen Mord durch einen Heckenschützen auf der 5th Avenue in New York. Bugatti schaute sich um. Die Hotellobby war erfüllt von Stimmengewirr. Am anderen Ende des großen Raums, gleich hinter dem monströsen Abklatsch der Freiheitsstatue, sah er Doggie Rogers. Sie wirkte unruhig.Senator Jansens Ankunft gestaltete sich nicht unproblematisch. Das Unwetter hatte sich weiter verschlimmert, es schneite mittlerweile so heftig, dass die Sichtweite gegen null tendierte, und insbesondere die Männer vom Secret Service hatten Sorge wegen der Böen, die vom Meer her über das Land fegten. Aus den Instrumenten des Blasorchesters stiegen Dampfwolken auf, als die Bläser sie aufwärmten. Der Schein der Fackeln brannte sich in die Dunkelheit ringsum. »Kein Grund zur Beunruhigung, Leute«, war wenige Minuten vor der Ankunft über die Lautsprecheranlage Bruce Jansens verzerrte Stimme aus dem Hubschrauber zu hören. »Wir werden rechtzeitig da sein. Der Pilot sagt, er ist mindestens hundertfünfzig Mal in Da Nang gelandet, das hier ist nichts dagegen.«
Bugatti entdeckte den Hubschrauber erst, als die Rotorblätter die obere Schneeschicht vom Strand fegten. Scheinwerfer richteten sich auf die silbrig glänzende Maschine. Ein großer Moment, wenn man so weit gekommen war. In wenigen Sekunden würde der nächste Präsident der Vereinigten Staaten aussteigen, anderes schien nach den ersten Hochrechnungen kaum mehr denkbar. Mindestens tausend Menschen hatten dem Wetter getrotzt und erwarteten ihn jubelnd.
Siegesgewiss stand Bruce Jansen in der offenen Luke des Hubschraubers, beide Arme in die Höhe gestreckt. So liebten ihn die Leute. Leichtfüßig verließ er die Maschine, direkt gefolgt von seinem juristischen Berater Stephen Lovell. Hinter ihm erschien mit geröteten Wangen und in einen Pelzmantel gehüllt die lächelnde Mimi Jansen. Der Mantel konnte nicht verbergen, wie weit fortgeschritten ihre »anderen Umstände« waren. Sie sah hinreißend aus.
Die Journalisten drängten sich nach vorn, und zwei Mal wurde Bugatti von seinem Kameramann Marvin Gallegos getrennt. Offenbar waren alle wild entschlossen, Jansens erste Worte noch Sekunden vor dem Nebenmann in den Äther zu schicken. Darum ging es, das war Bugatti klar.
Er gab Marvin ein Zeichen, mit ihm außen um die Schar herum- und die Treppe zum Hotel hinaufzurennen. Dann musste eben Kamerateam zwei die Außenaufnahmen übernehmen. Bugatti wusste, dass Jansen nicht dort draußen in Kälte und Dunkelheit stehen bleiben würde. Warum auch, wo es doch in der taghell erleuchteten Lobby viel angenehmer war? Die Aufnahmen dort drinnen würden fantastisch werden.
Das Empfangskomitee wartete in der Eingangshalle. Neben den grau und schwarz gekleideten Sicherheitsleuten bestand es aus dem amtierenden Gouverneur von Virginia und dem Hotelbesitzer Bud Curtis, hinter denen sich Mitglieder des Kongresses mit ihren Frauen aufgestellt hatten. Alle trugen sie große Buttons mit Jansens Konterfei, die Frauen waren dem Anlass entsprechend festlich gekleidet. Eine hatte sich sogar extra ein Kostüm schneidern lassen: die Jacke aus der Flagge der Vereinigten Staaten und den Rock aus der Flagge des Bundesstaates Virginia. Ein selten hässlicher und geschmackloser Anblick.
Als der prominente Gast die Lobby betreten und sich den Schnee abgebürstet hatte, schüttelte ihm der Hotelbesitzer mit einer Herzlichkeit die Hand, als wäre er der lange vermisste und endlich heimgekehrte Bruder. Bud Curtis führte die Gäste gleich zu einem kleinen Podium bei der giftgrünen Freiheitsstatue, wo ein mit großen Rosen geschmücktes Rednerpult bereitstand.
Jansen gab seiner Frau einen Kuss und klopfte seinem Wahlkampfleiter Thomas Sunderland auf die Schulter. Dann sprang er mit einem Satz aufs Podium und trat hinter das Rednerpult. »Ladies and Gentlemen!«, rief er und sah dabei seine Zuhörer an, als kenne er jeden Einzelnen. »Ich habe eben weitere Hochrechnungen erhalten und kann Ihnen sagen, dass mein verehrter Gegenkandidat, der Gouverneur von Florida, den Vorsprung nicht mehr einholen wird. Das großartige amerikanische Volk hat den Wettergöttern getrotzt, die Wahlbeteiligungliegt im ganzen Land um die
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