Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
wandern. Dort hing mindestens ein Dutzend Fotos von Kane und Menschen, deren Leibwächter er gewesen war, viele von ihnen Prominente, etliche hatten ihm lächelnd einen Arm um die Schulter gelegt. Kanes Trophäensammlung.
»Doggie Rogers. Mit Schweigen erreichen Sie nichts. Wenn wir uns hinter etwas klemmen, lassen wir nicht locker. Aber das wissen Sie sicher.« Hartmond setzte sich auf den umgedrehten Bürostuhl, seine Wampe in dem viel zu engen Pullover drückte sich zwischen die Stangen der Rückenlehne. »Für wen arbeiten Sie, Miss Rogers? Wenn Sie auf die Milde des Gesetzes hoffen, müssen Sie uns das schon sagen.«
Sie ignorierte ihn einfach. Hatte T. ihr das nicht empfohlen?
Hartmond neigte den Kopf zur Seite. »Miss Rogers. Ihr Vater sitzt in einer Todeszelle und wird in nicht allzu ferner Zukunft hingerichtet. Reden Sie mit mir, und ich will sehen, was ich tun kann. Vielleicht besteht Hoffnung für ihn, wenn Sie sprechen.«
Jetzt sah sie ihn an.
»Ich sagte ›vielleicht‹, Miss Rogers. Aber lassen Sie hören, was Sie für mich haben.« Er wirkte verdammt selbstsicher. »Wer bezahlt Sie?«
Sie holte tief Luft. »Etwas für meinen Vater tun? Was meinen Sie damit?«
»Ich könnte beim Sicherheitsministerium anrufen. Zurzeit ist man dort für Berufungen und Aufschiebungen zuständig.«
»Dann rufen Sie bitte da an«, entgegnete sie, ohne zu zögern. T. wäre nicht erfreut, aber was sollte sie tun?
Hartmond rutschte auf dem Stuhl zurück. Jetzt hatte er sie. Er konnte zufrieden sein.
Aus dem Augenwinkel beobachtete sie Jones. Er schien dem Geschehen nicht zu folgen, sondern jemandem zuzuhören.
Dann nahm Jones die Hand vom Ohrhörer. »Kane ist mit Lance Burton auf dem Weg zum Krisenraum. Der Stabschef ist soeben verhaftet worden.«
Ihr wurde eiskalt. Lance Burton verhaftet! Was um Himmels willen war passiert?
Forschend sah Hartmond sie an. »Okay, Miss Rogers. Wenn Sie Ihrem Vater das Leben retten wollen, dann beantworten Sie meine Fragen.«
Ein Zucken seiner Augen in einem unbedachten Moment, und schon war sie auf der Hut. Er dachte doch überhaupt nicht daran, beim Sicherheitsministerium anzurufen! Was mit ihrem Vater passieren würde, interessierte ihn doch gar nicht. Mal abgesehen davon, dass ihm sicherlich jegliche Befugnis fehlte, irgendetwas zu entscheiden.
Sie rutschte an die Stuhlkante vor, und Hartmond lächelte selbstgewiss. Ihre Reaktion schien er als Zeichen des Einverständnisses zu betrachten. Erntezeit. Er hatte nur ein paar Sätze fallenlassen müssen, und schon hatte sie angebissen – das glaubte er jedenfalls. Man konnte merken, wie Hartmond die Situation genoss, während sein schweigsamer Partner mit teilnahmsloser Miene danebensaß. Doggie legte den Kopf in den Nacken und grinste ihm mitten ins Gesicht. Seine Selbstsicherheit war schlagartig verschwunden. Die Verblüffung stand ihm ausgezeichnet.
Sie lehnte sich zurück und betrachtete ihn, wie er versuchte, seine Mimik wieder in den Griff zu bekommen. Für eine kurze Sekunde hatte es sich gut angefühlt, aber seine Wut würde sie noch teuer zu stehen kommen. Schließlich war sie es, die ohnmächtig mit auf dem Rücken gefesselten Händen hier saß.
»Wir werden das schon noch aus Ihnen herauskitzeln, Miss Rogers. Wenn Sie sich selbst einen Gefallen tun wollen, dann sprechen Sie mit mir. Jetzt. Andere könnten sonst übernehmen, die nicht so geduldig sind wie ich.« Sein Versuch zu lächeln ging gründlich daneben.
In diesem Augenblick war ihr klar, dass die Männer die Rollen tauschen würden. Sie sah es in Hartmonds Augen. Er würde Jones Platz machen, sie wusste nur noch nicht, wann diese nächste Runde eingeläutet werden würde und zu welchen Mitteln der andere greifen würde. Aber sie hatte Angst.
Schon stand Jones auf. Er hatte schöne, eiskalte Augen. Sie konzentrierte sich auf seine Hände, die er plötzlich ganz sanft auf ihre Schultern legte. Was würde er tun? Die Hände begannensich zu bewegen, sie waren über ihr, neben ihr, da plötzlich berührten die Finger ganz leicht ihre Halsschlagader. Scheinbar zärtlich strichen sie über die pulsierende Erhebung.
Er brachte sein Gesicht direkt vor ihres. »Wir sind hier, um Antworten zu finden, Miss Rogers. Ich frage Sie, für wen arbeiten Sie?« Er strich leicht über ihren Hals, lenkte ihre Aufmerksamkeit so wieder auf ihre Verwundbarkeit.
»Ich arbeite für niemanden. Ich bin hier im Weißen Haus angestellt, das wissen Sie doch. Lassen Sie mich mit Wesley
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