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Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Titel: Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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vielleicht gelang ihr sogar, mit dem Kinn Wesleys Telefonnummer einzugeben.
    Sie ballte so gut es ging die Hände und verlagerte vorsichtig das Gewicht nach vorn. Sie durfte auf keinen Fall das Gleichgewicht verlieren. Sie streckte die Beine, machte eine Art Hopser und kam ein Stückchen voran.
    Beim zweiten Versuch stolperte sie, kippte vornüber und schlug mit der Stirn auf die Schreibtischplatte. Damit war die Schlacht verloren. Der Raum drehte sich.
    Dort lag sie nun, halb unter Kanes Schreibtisch, auf einem umgekippten Stuhl, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Unerbittlich schnitten die Handschellen ein, aber sie konnte nicht weinen. Sie konnte nur beten.
    »Warum lässt du das zu? Was hab ich dir getan? So hilf mir doch, Gott, so hilf mir doch.«
    Um den Schwerpunkt zu verlagern, kickte sie mit den Beinen in die Luft, aber das führte zu nichts, ebenso wenig wie ihr Versuch, den Körper zu verdrehen. Irgendwann gab sie auf und betete leise.
    Als sie zum dritten Gebet ansetzte, hörte sie ein Geräusch. Jemand betrat den Raum und warf die Tür hinter sich zu.
    »Doggie! Was machst du, bist du okay?« T. Perkins griff nach ihrem Arm. »Komm, ich helfe dir auf.« Er zog und schob, bis der Stuhl auf allen vier Beinen stand. »Drüben am anderen Ende ist etwas passiert. Jemand hat geschossen.« Er klang aufgeregt. »Nach dem Knall zu urteilen, muss das ein großes Kaliber gewesen sein. Aber jetzt müssen wir zwei mal den Aufenthaltsort ändern.«
    T. zog die Schlüssel aus der Tasche und schloss die Handschellen auf.
    »Wohin können wir gehen, Doggie?« Er zog sie vom Stuhl hoch. »Du kennst dich hier aus.«
    »Hast du Wesley gesehen?«, fragte sie und rieb sich die Handgelenke.
    »Ich habe nichts als grau und schwarz gekleidete Sicherheitsbeamte gesehen und vor den Büros ein paar ziemlich ernsteEngländer, die dort Aufstellung genommen haben. Premierminister Watts hat ausgesprochen viele Sicherheitsleute mit auf die Reise genommen.«
    »Auf wen wurde denn geschossen, weißt du das?«
    »Nein. Und Doggie: keine Spekulationen. Bring uns einfach hier raus.«
    Sie hielt sich die Hand vor den Mund. Wenn nur Wesley nichts passiert war. Wesley … Wie sollte sie ohne ihn …?
    »Doggie, nun komm schon!«
    Sie sah sich in Kanes Büro um. Neben der Tür hing ein Anzug. Der war T. bestimmt zu groß, aber damit würde er auf den Gängen weit weniger auffallen.
    »Hier«, sagte sie, »nimm den mit!«
    T. trieb sie zur Eile an, aber sie wühlte kurz in Kanes Schreibtischschubladen. Nach einer gefühlten Ewigkeit fand sie, was sie suchte: zwei der fabelhaften ID-Schilder mit eingebautem Mikrofon.
    Endlich öffneten sie vorsichtig die Tür zum Gang, spähten nach links und rechts. In der Lobby waren viele Menschen, die alle zu dem Abschnitt blickten, in dem das Oval Office und das Büro des Vizepräsidenten lagen.
    Sie zog T. in die entgegengesetzte Richtung. Der Teil des Gebäudes, in dem ihr Büro lag, war am weitesten vom Ort des Geschehens entfernt.
    Doggie warf einen flüchtigen Blick in ihr Büro. Der Schreibtisch wirkte unberührt. Niemand hatte ihre Arbeit weitergeführt, seit sie zuletzt hier gewesen war.
    »T., hierher.« Sie zog ihn ins Büro gegenüber.
    »Die Kolleginnen hier beschäftigen sich ausschließlich mit Marktanalysen, deshalb sind sie an einem Sonntag nicht da.« Sie sprach gedämpft. »Schließ die Tür ab, T. ich will mal sehen, ob ich Wesley erreiche.« Sie nahm einen Hörer ab und stellte fest, dass die Leitung tot war. Auch das zweite Telefon funktionierte nicht.
    »Sieh mal!« T. zog ein kanariengelbes plissiertes Kleid aus einem Schrank hinter der Tür.
    »Nein, T., da kriegen mich keine zehn Pferde rein.«
    »Dann wickele ich mich auch nicht in dieses Zirkuszelt«, entgegnete T. und hielt den Armani-Anzug hoch. »Dann doch lieber Jeans, da weiß man, was man hat.« Kopfschüttelnd sah er sie an. »Aber wirf doch mal einen Blick in den hier.« Behutsam schob er sie vor einen großen Spiegel auf der Innenseite der Schranktür.
    Entsetzt sah sie sich an. Die billigen Klamotten vom Laden in der Bronx sahen schlimmer aus als ein uralter Kohlensack, voller Flecken unbestimmter Herkunft. Das rabenschwarz gefärbte Haar hing in Strähnen herab.
    »Dreh dich mal um.« Sie zog die Bluse aus. Den Inhalt der Hosentaschen leerte sie auf die Ecke des Schreibtischs: die beiden Zeichnungen, die der Milizionär im Milchwagen bei sich gehabt hatte, und die restlichen Dollarscheine. Dann stieg sie aus der Hose

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