Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
Barefoot sprechen.«
»Gehört er auch dazu, Miss Rogers? Er auch?«
Panik stieg in ihr auf. »Jetzt hören Sie doch mal auf mit diesem Theater! Ich habe wichtige Informationen für Barefoot.«
Er drückte etwas fester auf die Halsschlagader. Sie empfand es nur wie ein Aufblitzen im Gehirn, nicht mehr, aber alle Alarmglocken in ihrem Körper schrillten.
»Warum wollten Sie den Vizepräsidenten umbringen?« Der Druck kam wieder und mit ihm der Blitz.
In diesem Moment war in ihr ein hilfloses kleines Mädchen lebendig. Wer würde sie in den Arm nehmen? Wer Sicherheit und Geborgenheit geben? Zu wem sollte sie gehen? Wo waren die starken Arme ihres Vaters, die sie einst beschützten?
Sie war völlig allein.
Doggie sah Hartmond flehentlich an. »Helfen Sie mir. Rufen Sie im Sicherheitsministerium an, und ich werde alles erzählen. Wenn Sie nur anrufen und ihnen sagen, sie sollen die Hinrichtung aufschieben, werde ich sagen, was Sie hören wollen.«
Aber Hartmond reagierte nicht. Sie hatte ihn provoziert, das würde er nicht vergessen.
»Sie wollen doch nicht, dass Jones mich tötet? Sie gehören doch nicht zu Kanes Leuten.«
Da drückte Jones wieder zu. Sie spürte es kaum, aber urplötzlich war sie ganz weit weg, das Licht gedämpft. Ein Gefühl erfüllte sie, als hielte ihr Vater ihre Hand und drückte sie liebevoll. Dann ließ Jones los, und das Sausen des Bluts, das ins Gehirn strömte, beendete das Gefühl.
»Warum wollten Sie den Vizepräsidenten umbringen?« Jones klang ruhig und eiskalt. »Wer bezahlt Sie?«
O bitte, T., komm schon zurück. Lass die das nicht mit mir machen.
Plötzlich verschwanden Jones’ Hände. Sie sah auf, und sofort fiel ihr die Veränderung an den beiden Männern auf. Sie wirkten wie Tiere, die mit erhobenem Kopf etwas wittern. Offenkundig richteten die beiden Männer ihre Aufmerksamkeit auf den Korridor. Erst da wurde ihr klar, dass eben ein Schuss gefallen war.
Gleich darauf entwickelte sich hektische Aktivität, sie hörte die Leibwächter über den Gang rennen, sah ihre Schatten an der halb offenen Tür vorbeihuschen. Beide Männer drehten sich um.
»Kam der Schuss aus dem Oval Office?«, rutschte es Hartmond heraus.
»Wenn du etwas damit zu tun hast, bist du tot«, fauchte Jones sie an. »Und wo ist überhaupt dieser Sheriff abgeblieben?« Er holte aus und versetzte ihr einen Schlag ins Gesicht, dass ihre Lippe platzte. »Hat der Schuss mit euch zu tun?«
Doggie saugte an der Lippe. Sie war ratlos und verängstigt. »Nein«, schrie sie, »natürlich nicht! Wir haben nichts getan, warum begreifen Sie das denn nicht!«
Jones hielt die Hand an den Ohrhörer. »Das kam aus dem Büro des Vizepräsidenten. Er ruft um Hilfe, sagen sie.« Der verbissene Blick, mit dem er sie ansah, verhieß nichts Gutes. Dann verschwand er.
Sie spürte ihr Herz bis in den Hals klopfen. O T., was hast du getan? Warst du es?
»Ich habe damit nichts zu tun.« Sie sah Hartmond flehentlich an.
Er gab eine Telefonnummer ein. Wollte ihr der Mann doch helfen?
»Und bitte! Bitte rufen Sie im Sicherheitsministerium an. Sagen Sie, sie sollen die Hinrichtung aufschieben, dann erzähle ich alles.«
Er hob eine Hand, bedeutete ihr zu warten.
Dann hatte er eine Verbindung. »Wir haben hier eine Krisensituation. Im Büro des Vizepräsidenten ist ein Schuss gefallen. Nein, ich weiß nicht, was passiert ist, ich habe Doggie Rogers zur Vernehmung hier. Nein, wir bekommen nichts aus ihr raus. Nein, das ist zweifelhaft. Ja, Jones ist dort. Ja, ich werde es herausfinden. Ja!«
Er legte auf. Aus zusammengekniffenen Augen betrachtete er sie einen Moment. »Ich lasse Sie hier. Wenn Sie Interesse daran haben, Ihren Vater zu retten, dann haben Sie noch eine Chance, wenn ich zurückkomme.«
Dann verschwand auch er.
Bevor die Tür zufiel, konnte sie einen kurzen Blick in die Lobby erhaschen. Sie versuchte zu begreifen, was passiert war, seit sie zum allerersten Mal in dem hohen Raum gestanden hatte, tief beeindruckt von seiner Größe und Geschichte. Damals war ihr Vater des Mordes angeklagt, heute saß sie hier in Handschellen, eine Gefangene. Sie fühlte sich vollkommen verloren.
Nur mühsam konnte sie Tränen zurückhalten, aber ihre Hände hinter dem Stuhlrücken zitterten. Sie holte ganz tief Luft. Sie musste sich zusammenreißen und vernünftig sein.
Wenn sie versuchte, mit dem Stuhl nach vorn zu rücken, kam sie vielleicht bis zu Kanes Schreibtisch und konnte seine Gegensprechanlage erreichen,
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