Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
an.
»Ein Steven Stoklosa, sagen Sie? Sind Sie sicher?«
Sie hob den Kopf.
»Gut. Und es ist kein anderer auf dem Weg? Okay. Hören Sie, es dürfen keine Gefangenen mehr hingerichtet werden, ehe Sie neue Anweisungen erhalten, verstanden? – Ob ich überhaupt befugt bin? Na, da fragen Sie mal unseren Justizminister und Michael K. Lerner, erinnern Sie sich noch, der war Sunderlands Vorgänger als Vizepräsident, und gerne auch noch eine Reihe anderer Kabinettsmitglieder, die geben Ihnen das dann sicher mit Freuden schriftlich! Wie bitte? – Sie haben verstanden, sagen Sie? Gut! Und noch was. Werden außer bei euch und oben in Sussex I sonst noch irgendwo Leute hingerichtet? – Ja, hier in Virginia, mein Gott. – Danke.«
Er beendete das Telefonat und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Doggie sah ihn dankbar an.
»Wir wissen noch immer nicht, wo dein Vater ist, Doggie. Wir wissen es nicht.«
»Hat man den Gefängnisinspektor und den verschwundenen Vollzugsbeamten gefunden?«, fragte Wesley ihren Begleiter.
»Nein. Wir dachten ja, sie hätten sich versteckt oder seien von den Milizionären umgebracht worden, aber bisher haben wir sie noch nicht gefunden. Vielleicht haben die Milizionäre sie als Geiseln mitgenommen. Wir machen uns jedenfalls ernsthaft Sorgen um ihr Leben.«
Wesley sah sie an und schüttelte den Kopf. »Wir wissen nichts, Doggie. Wir wissen nicht, wo sie sind, und wir wissen nicht, ob dein Vater dabei ist.«
»He, du da, weißt du, wo die sein könnten?«, fragte T. den verkaterten Vollzugsbeamten.
»Nee … keinen Schimmer. Falso ist … also das ist keiner, der … der so was macht.«
»Was?«
»Abhauen.« Er deutete auf den toten Kollegen. »Können wir … können wir den nicht wegbringen? Ich … kenne seinen Sohn.«
»Komm«, sagte Laurel. »Ich helfe dir. Wir bringen ihn in die Kantine, zu den anderen.«
»So ein Scheiß.«
Die beiden hoben die Leiche auf und trugen sie weg. Als die traurige Prozession an Wesley, Doggie und T. vorbeikam, senkten sie kurz die Köpfe.
Da griff Wesley plötzlich nach T.s Arm. »T.! Die Tür da war doch die ganze Zeit von der Leiche versperrt! Meinst du, da hat schon jemand nachgesehen?«
T. sah Wesley an, als erwache er langsam aus jahrhundertelangem Schlaf. Doggie begriff sofort, rannte die zehn Schritte zur Tür und riss sie auf.
Warme, stickige Luft schlug ihr entgegen, der süßliche Gestank einer Leiche, die im Zeugenraum lag. Hinter ihr dröhnten T.s Schritte über den Beton.
»Lass mich vorbei, Doggie.« Er schob sich in den Raum.
Unwillkürlich hielt sie die Hand vor den Mund, riss sich aber zusammen und ließ den Blick durch den Zeugenraum wandern. Der Vorhof des Todes, von dem aus man das Geschehen in der Todeskammer beobachten konnte, wenn man die Vorhänge aufzog.
Sie ging neben dem uniformierten Toten in die Hocke. Man hatte ihm in die Brust geschossen, das Loch war klein, Blut war fast keines zu sehen. Der Mann war ziemlich jung und recht korpulent, den geringen Platz zwischen der eigentlichen Todeskammer und dem Geländer vor den Bänken füllte er fast völlig aus.
»Mein Gott«, stöhnte T., als er den Kopf der Leiche zu sich umgedreht hatte. »Das ist ja Freddie Cambell.« T. hielt kurz inne. Dann sagte er: »Er blockiert die Tür zur Todeskammer. Doggie, schau weg. Ich garantiere nicht für das, was wir nun sehen werden.«
Sie blickte ihn kurz an, dann begriff sie, was er vorhatte.
»Nein!«, schrie sie, als er die Vorhänge zur Seite zog. Zwei Meter von ihr entfernt, auf der anderen Seite der Panoramascheibe, lag mit abgewandtem Kopf ihr Vater auf dem Hinrichtungstisch. Das Licht war grell, jedes Detail steril. Eine hochtechnisierte Grabkammer, viel zu friedlich. Doggie war wie erstarrt. Sie wollte etwas tun, konnte aber nicht.
»Er ist nicht festgeschnallt! Und wo sind die Kanülen? Verdammte Scheiße!«, fluchte T. laut. »Die Kammer ist komplett schall- und luftdicht, dein Vater wird da drinnen ersticken!« Schon zerrte er an Cambells Leichnam. »Helft mir doch mal, diesen Fettwanst von der Tür wegzuschieben!«
»O Gott, T., er liegt ganz still da. Glaubst du …?« Sie packte mit an, bis sie die Tür zur Todeskammer öffnen konnten.
Die Luft, die ihnen entgegenschlug, war trocken und völlig verbraucht. Sie drückte sich an dem nächsten Leib vorbei, einem kräftigen Weißen, der vor dem Hinrichtungstisch lag.Er trug ein kurzärmeliges Hemd und eine schwarze Armbanduhr.
»Das ist Inspektor Falso«,
Weitere Kostenlose Bücher