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Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Titel: Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Zellen mit weit offenen Türen vorbei.
    »Ja, hier ist nicht viel zu sehen. Die Milizionäre saßen in den ersten sieben bis acht Zellen, und die restlichen Zellen bis zu Zelle Nummer vierzehn, in der Ihr Vater saß, waren leer.«
    »Leer?«
    Er zögerte unmerklich. »Ja, leer. Die meisten Häftlinge waren ja bereits hingerichtet. Die Zellen hatten neu belegt werden sollen, die Frequenz der Hinrichtungen war doch erhöht worden. Ab sofort sollten pro Tag zwei Häftlinge hingerichtet werden. Ihr Vater wäre der erste in dem neuen Turnus gewesen.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Ja, eigentlich wäre er vor fünf Minuten hingerichtet worden.«
    Nun hatte der das widerliche Wort dreimal hintereinander benutzt. Noch einmal, und sie würde laut schreien. Sie bemühte sich, ihre zitternden Lippen unter Kontrolle zu bringen, und zwang sich, den Gang hinunterzusehen, erst zur Tür unten am anderen Ende, wo eine Leiche ausgestreckt auf dem Boden lag, und dann zur Zelle etwa in der Mitte.
    T. Perkins stand bereits vor der Zelle ihres Vaters. Natürlich, er war ja schon einmal da gewesen.
    Er streckte eine Hand nach hinten. »Doggie, ich weiß nicht, ob du das hier sehen solltest.«
    Mit unsicherer Hand griff sie nach seiner und trat langsaman die Gitterstäbe. Ganz dicht an der hinteren Wand, unter dem Waschbecken, lag ihr Vater, ein einsames kleines Bündel, zusammengekrümmt, orangerot, die Arme an der Wand ausgestreckt, wo sie eine blutige Spur hinterlassen hatten. Sie hörte sich selbst laut aufschluchzen und spürte, wie Wesley ihre Hand ergriff.
    »O Gott, T., und wir waren schon so dicht dran«, schluchzte sie. »Wir waren so verdammt dicht dran.«
    »Es tut uns leid, Miss Rogers, dass Sie Ihren Vater so sehen müssen. Wir haben ihn noch nicht angerührt«, sagte Laurel. »Die Techniker sind gerade erst mit den Zellen fertig geworden. Aber die Rechtsmediziner sind bereits auf dem Weg.«
    »Dann dürfen wir also zu ihm hineingehen?«, fragte T.
    Laurel nickte.
    »Willst du mitkommen, Doggie?« T. schüttelte selbst verneinend den Kopf.
    Er trat so vorsichtig und respektvoll ein wie überhaupt nur möglich. Ganz offenkundig wusste T., was er zu tun hatte. Er machte einen großen Schritt über die Blutlache auf dem Fußboden, ging in die Hocke und griff behutsam nach dem Overall. »Doggie, ich drehe ihn jetzt um«, sagte er leise. »Schau bitte nicht hin.«
    T. drehte den Leichnam um, und Wesley drückte ihre Hand noch fester.
    Plötzlich schüttelte T. den Kopf. Doggie starrte ihn an.
    »Das ist er nicht. Doggie: Das ist nicht dein Vater.«
    Sie ließ Wesleys Hand los und sah in das Gesicht des Toten. Der Anblick war grauenvoll, aber gleichzeitig machte ihr Herz einen Sprung.
    »Das ist er nicht«, stöhnte sie und dankte ihrem Schöpfer.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte der Polizeiassistent. »Das muss ein Milizionär sein. Vorn auf seinem Overall steht ›Staatsfeind‹.« Er sah sich um. »Wir müssen uns mit den Zellen geirrt haben. Aber hier steht, Bud Curtis sitzt in Zelle vierzehn.«
    T. bückte sich und hob einen blutigen Metallgegenstand auf, ein Handy. Er bückte sich noch einmal und sah unter dem Waschbecken nach, wo es gelegen hatte. Dann warf er einen Blick aufs Display. »Der Akku ist leer.« Er schüttelte den Kopf und sah sie und Wesley an. »Komm, Doggie, uns bleibt nichts anderes übrig, als in den anderen Zellen nachzusehen.«
    »Das kann ich nicht, T.« Sie spürte die Hoffnung schwinden. »Ich kann nicht.«
    Er nickte. »Niemand verlangt das von dir, Doggie.«
    Sie folgte T. langsam. Mit Wesley hinter sich traute sie sich, in die Zelle nebenan zu schauen. Auf dem Boden lag die Leiche eines kleinen Schwarzen. Er hatte ihnen das Gesicht zugewandt. Er sah unschuldig aus wie ein Kind, schien nicht fassen zu können, was gerade passierte.
    Dann kamen vier Zellen mit Weißen, die ebenfalls nicht über fünfzig gewesen sein konnten. Es folgten ein Schwarzer und ein Weißer, beide in den Zwanzigern.
    Doggies Atem wurde immer schwerer, und das Herz tat ihr weh, aber ohne Wesleys Hand loszulassen, folgte sie T. In den verbliebenen sechs Zellen war nur ein Weißer, und das sei auf keinen Fall ihr Vater, erklärte T.
    Als die letzte Zellentür zugefallen war, sah T. den Polizeiassistenten ernst an. »Ist irgendjemand hier, der direkt vor dem Angriff Dienst hatte?«
    »Hier? Nein, hier liegt nur ein Vollzugsbeamter.« Der Polizist deutete auf die Leiche, die an der Tür zur Todeskammer am anderen Ende lehnte.

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