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Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Titel: Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Brusttasche. Er erkannte die braun gestrichene Treppe, die hohen Paneele, an die sie sich oft mit dem Bier in der Hand gelehnt hatten, und das Geflecht der Rohre unter der Kellerdecke.
    Ansonsten sah hier nichts aus wie früher. Seine Leute nickten, als sie seine Verblüffung sahen. Genauso hatten sie sich auch gerade gefühlt.
    Damals zierten die Flagge Virginias und diverse Kinoplakate die Wände. Jetzt hingen überall Milizenposter. T. Perkins staunte. Gab es wirklich so viele Gruppierungen? Die Weißkopfadler, die Bunkergruppe aus Texas, die First National Pioneers aus Ohio und Dutzende anderer. Dicht an dicht hingen die Abbildungen von unfreiwillig komischen Uniformen, von mit Tarnfarben geschminkten Gesichtern. Gewaltige Handfeuerwaffen wurden von Männern mit breitem, selbstsicherem Lächeln zur Schau gestellt.
    »Und schau dir das hier hinten mal an!«, riss ihn der Vizesheriff aus seinen Gedanken.
    In dem Raum, den T. Perkins nun betrat, hatten sie seinerzeit zwei rothaarige Schwestern verführt. Die Matratzen lehnten noch an den Wänden. Er starrte auf vierzig bis fünfzig Kartons, deren Inhalt er nur zu gut kannte. In jedem dieser Munitionskartons hatten 36 Päckchen zu je 200 Patronen Platz. Er überschlug die Anzahl und rechnete aus, dass es sich um mehr als dreihunderttausend Schuss handeln musste. Das war eine verdammt große Menge, wenn man über sechzig Jahre alt war und nicht in Bogotá oder irgendeiner anderen mittel- oder südamerikanischen Stadt wohnte.
    »Was habt ihr mit Jim gemacht?«
    »Der sitzt mit seiner Frau händchenhaltend im Schlafzimmer. Er will sich nicht von der Stelle bewegen. Wir sollen gehen, sagt er, wir hätten hier nichts zu suchen. Er habe nichts Ungesetzliches getan.«
    T. Perkins sah zu den drei Waffenschränken. »Streng genommen hat er das wohl auch nicht, oder?«
    »Die Munition hat er gestern gekauft. Das ist ein Vermögen, was hier rumsteht.«
    »Hat man dir die Schlüssel ausgehändigt?« Er nickte zu den Waffenschränken hin.
    »Hier kommen sie.« Dody Hall, der letzte Neuzugang im Büro des Sheriffs, schob sich in den Raum.
    Er schloss die Schränke auf und öffnete die Türen weit. Entweder war das Beerdigungsunternehmen noch einträglicher, als er geahnt hatte, oder Jim Wahlers hatte Freunde, die seine Interessen teilten.
    »Wow!«, war aus Dody Halls Richtung zu hören.
    T. Perkins zuckte bei dieser Reaktion zusammen. Zu oft hatte er erlebt, wohin der Einsatz dieser Waffen führen konnte. Und der Vorrat würde reichen, um mindestens dreihundert Männer mit starken halbautomatischen Pistolen und Gewehrenzu bewaffnen. Aber das Schlimmste waren die Handgranaten. Er hatte gesehen, wie sie bei einer Militärübung in Richmond benutzt wurden. Die Wirkung war, vorsichtig ausgedrückt, erstaunlich gewesen. Wenn eine solche Granate gegen Menschen eingesetzt wurde, konnte Jim Wahlers seine traditionellen Begräbnisse vergessen.

12
    Rosalie Lee hatte Angst. Die Stimmung in New York war hochexplosiv. In der U-Bahn gab es nur zwei Gesprächsthemen: die Gräueltaten des Dachmörders und das Law-and-Order-Programm des Präsidenten. Sobald die Menschen wieder ans Tageslicht kamen, waren Präsident Jansen und sein »Washington-Dekret«, wie es genannt wurde, vergessen. Dann drehte sich alles nur noch um den Dachmörder, weil der den Tod von oben brachte und ohne Vorwarnung zuschlug. Am Vortag hatte eine einzige Kugel einen kleinen Jungen an der Hand seiner Mutter getötet. Und am Tag davor war einer dicken Schwarzen wie Rosalie ein Einkauf auf der 14. Straße zum Verhängnis geworden – und hatte sie mit ihrem blutverschmierten T-Shirt auf die Titelseiten sämtlicher Zeitungen gebracht.
    Rosalie graute vor dem Weg zum Büro in Manhattan. Ängstlich drückte sie sich an den Hauswänden entlang und sah immer wieder nach oben. Sie fürchtete sich vor dem Schmerz, vor der Kugel, die sich in ihr Fleisch bohren würde, vor dem Sterben.
    Der Mörder hatte bereits einundzwanzig Menschenleben auf dem Gewissen. Mittlerweile schlug er täglich zu, völlig willkürlich. Jeder konnte der Nächste sein, und jeder kannte inzwischen über zwei Ecken eines der Opfer. Rosalie hatte einen Mann kennengelernt, dessen Frau ihren Neffen an der Ecke 59. Straße und First Avenue durch einen Schuss in die Schläfe verloren hatte. In den Nachrichten hatte es geheißen, der Mörder habe aus der Schwebebahn zum Roosevelt Island geschossen. Es wurde viel geredet und spekuliert, für den Mörder gab es

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