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Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Titel: Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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von der letzten Mahlzeit in ihrer Zelle direkt in den Hinrichtungsraum. Auf dem Weg in die Hölle gab es keine Zwischenstation.
    Offenbar war es so gedacht, dass sie zuerst den Mann in Zelle Nummer eins neben der Ausgangstür holten, dann den aus Zelle Nummer zwei und so weiter, einen nach dem anderen, bis Schluss war. Die ganze Zeit kamen neue dazu. Auf den Straßen sei der Teufel los, hieß es. Einige der neuen hatten offenbar ihr Recht verteidigen wollen, die Munition zu behalten, und in der Hitze des Gefechts wild um sich geschossen. Sie hätten doch auf niemanden gezielt, jammerten zwei aus ihren Zellen. Aber ihre Kugeln hatten dennoch Menschen getroffen und getötet.
    Noch bis vor wenigen Tagen waren sie gewöhnliche amerikanische Familienväter gewesen, die nur ein wenig mit den Milizen liebäugelten.Bud saß in Zelle Nummer vierzehn, genau in der Mitte. Die Gefangenen der Zellen Nummer eins bis fünf hatte man bereits in eine andere Welt expediert. Jeden Abend, Punkt achtzehn Uhr, war einer geholt und an den übrigen vorbei zum Hinrichtungsraum geführt worden. Dave aus Nummer zwei hatte auf dem ganzen Weg so gellend geschrien, dass seine Stimme noch zwei Tage später in der Luft zu hängen schien. Er war sehr viel kleiner, als Bud ihn sich vorgestellt hatte, und in seinen Augen hatte die Angst gestanden.
    »Auf den Flügeln der Engel wächst Cannabis, Davieboy!«, hatte Buds Nachbar Daryl gerufen, als sie Dave zur Hinrichtung brachten, und dabei an seinen Gitterstäben gerüttelt. Sein Lachanfall dröhnte ebenfalls in Buds Schädel nach.
    Bud konnte sich nicht vorstellen, dass er ähnliche Sprüche reißen würde, wenn sie Daryl an ihm vorbeiführten. Bis zum 29. März, dem Tag vor seinem eigenen Tod, waren es nur noch acht Tage.
    Der Gefängnisbeamte Pete war einer der ganz wenigen, die nicht gegen das protestierten, was gerade im ganzen Land geschah. Er fügte sich ein, schien sich damit abzufinden, dass er bald etwas anderes zu tun bekommen würde. Vermutlich hatte er nie gegen irgendetwas protestiert. Er war wie ein Spinnennetz, in dem alle Befehle kleben blieben. Hauptsache, sie wurden nicht zu laut gebrüllt. Er passte sich an, hielt sein moralisches Spinnengewebe intakt, gehorchte und schwieg. Deshalb war er auch für den Nachtdienst eingeteilt worden: weil er nicht protestierte und weil er schwieg. Die am nächsten Tag sterben mussten, hielten ihn Nacht für Nacht mit ihrem Klagen und Fluchen wach.
    Bis zu jenem Tag, an dem der Gefangene Nummer sechs geholt wurde, hatte er auf einem wackeligen Holzstuhl am Ausgang bei Zelle Nummer eins gesessen. Der Todeskandidat hatte sich von seinen Wärtern losgerissen, den Stuhl geschnappt,mit dem Stuhlrücken zugeschlagen und dem am nächsten stehenden Wärter den Arm gebrochen. Weiter kam Nummer sechs nicht. Sie überwältigten ihn und ließen ihn zur Strafe nicht einmal mit dem Pfarrer sprechen, ehe sie die Giftspritze ansetzten.
    Danach gab es keine losen Gegenstände mehr auf dem Todesgang.
    Wollte Pete nicht die an der Wand angeschraubte Metallklappe benutzen, musste er eben stehen.
    Drei Stunden lang lehnte Pete in dieser Nacht an der Wand, dann wurden ihm die Beine schwer, und er ging an den Zellen entlang.
    Bud hatte seine Gebete gesprochen und wartete nun ganz dicht hinter den Gitterstäben. »Komm, komm, komm«, flüsterte er lautlos und hoffte, Robert, der Kindermörder, und sein Nachbar Daryl würden Pete passieren lassen, ohne loszuschreien und alle aufzuwecken. Denn Bud brauchte unbedingt zwei Minuten, in denen er mit Pete vertraulich reden konnte, wenige Augenblicke, in denen sich dieser junge Mann, dessen Leben er vollkommen verändern konnte, auf ihn konzentrierte.
    »Pete!«, flüsterte er. Doch Pete ging vorbei und blieb ewig lang am Ende des Gangs stehen. Als hätte er gemerkt, dass Unvorhersehbares geschehen könnte, sobald er wieder an Buds Zelle vorbeikam.
    Endlich war es wieder so weit. Bud rief nach ihm, und dieses Mal blieb Pete stehen, als wäre der Gang dort zu Ende.
    »Ich gebe dir und deiner Familie eine Million, wenn du mir ein Handy beschaffst«, flüsterte Bud. »Du musst es mir einfach nur geben, dann rufe ich an und lasse das Geld auf dein Konto überweisen. Oder auf das deiner Mutter oder auf wessen Konto du willst. Du kannst es auch in bar bekommen, ich bin mir sicher, dass du es auch in bar bekommen kannst.«
    Pete sah ihn an, als wäre Bud schon unter den Toten. Als hätte er bereits abgelehnt. Bud brach der Schweiß

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