Das Weihnachtshaus
orangefarbenen Verlängerungskabel und bliesen heiße Luft durch rotglühende Metallgitter.
Ellie brachte die Kinder dorthin, wo sie für den Gottesdienst gebraucht wurden. Edward und ich setzten uns in die vierte Reihe von vorn. Ich behielt meinen Mantel an. Genaugenommen war es Ellies Mantel, und er war viel wärmer als meiner. Er ging mir bis über die Knie, und der Kragen war mit weißem Kaninchenfell besetzt, das meinen Hals und meine Schultern wohlig wärmte. Ich war dankbar, dass keiner der durchweg gut angezogenen Kirchgänger meine saloppe Kleidung unter dem Mantel sehen konnte. Äußerlich passte ich, Ellie sei Dank, zu ihnen.
Während andere Bewohner der Ortschaft die Kirche betraten und ihre Plätze einnahmen, schaute ich mich in der Kirche um. Sie war mit derselben viktorianischen Pracht ausgestattet wie das Theater. Eine Vielzahl von Malereien schmückte Boden, Decke und Wände. Die bunten Fenster an den Seiten der Kapelle schienen im Morgenlicht zum Leben zu erwachen, sie zeigten in sich ruhende Gestalten.
Ich betrachtete jedes der vier hohen Fenster, von denen sich jeweils zwei gegenüberlagen. Ich wusste nicht bei allen, wer die dargestellten Figuren waren. Doralee hätte es gewusst. Die einzige biblische Gestalt, die mir vertraut war, einmal abgesehen von Maria und Josef, war Christus.
Sein Abbild zierte das Fenster direkt hinter dem Altar. Amüsiert stellte ich fest, dass er angelsächsisch aussah. Der Künstler, der das Kirchenfenster gestaltet hatte, hatte der Christusfigur wallendes blondes Haar gegeben. Das kam mir komisch vor, da Jesus im Nahen Osten gelebt und deshalb sicherlich ein dunklerer Menschentyp gewesen war.
Sonst gefiel mir das Fenster sehr gut. Christus war als ein auf seinem Thron sitzender König dargestellt. Dieser Jesus war keine unnahbare Majestät, sondern er wirkte dem Menschen zugewandt. Seine Arme waren einladend ausgebreitet. Rotes Glas war dort eingesetzt, wo die Nägel durch seine Handgelenke getrieben worden waren.
Ellie rutschte neben mich und tätschelte meinen Arm. Ich lächelte sie an, obwohl ich mich am liebsten in dem warmen Mantel vergraben hätte. Ich spürte, wie das Fell zu meinen Ohren hochrutschte. Auch wenn der Mantel noch so warm war, konnte ich ein gewisses Unbehagen nicht leugnen, das sich langsam von meinem Magen bis hoch in den Kopf ausbreitete. Ich kannte dieses Unbehagen. Ich hatte es auch an dem Tag gespürt, als ich beschlossen hatte, an meinen Vater zu glauben. An jenem Tag waren die alten Mythen abgeschafft worden, und ein neuer Glaube hatte Besitz von mir ergriffen. Und der Glaube an meinen Vater hatte sich als richtig erwiesen.
Eine Frau mit einem rotgeblümten Schal über einem einfachen schwarzen Kleid ging mit Geige und Bogen nach vorn. Die Gemeindemitglieder wurden still, als sie das Instrument unter ihr Kinn schob und zu spielen begann. Die Leidenschaft für die Musik war ihr anzusehen. Sie fühlte, was sie spielte, es strömte aus ihren Fingerspitzen. So viel Schönheit und Ausdruckskraft hatte ich nicht erwartet, nicht in einer Kirche.
Am Ende des Stücks nahm ein Mann, der ein wenig abseits stand, den letzten Ton auf und begann, a cappella zu singen. Mit tiefer Stimme sang er vom allmächtigen Gott, dem Ratgeber, dem ewigen Vater, dem Friedensfürst.
Er schloss mit einem langen Ton, der so eine Tiefe hatte, dass er die Bänke zu wärmen schien. Anschließend trat er zur Seite, um Platz zu machen für vier Kinder, zu denen auch Mark und Julia gehörten. Sie kamen den Gang herunter und nahmen ihre Plätze ein. Julia sah hinreißend aus in ihrem rot-weißen Weihnachtskostüm und den roten Gummistiefeln. Sie hielt ihre Hände hinter dem Rücken versteckt und grinste ihre Mutter breit an. Mark stand aufrecht und, ohne zu lächeln, da, er schaute einfach geradeaus. Er trug einen Umhang über seiner Kleidung und einen schicken Seidenturban auf dem Kopf.
Der erste Junge in der Reihe war als Bettler verkleidet, sein Gesicht wies Schmutzspuren auf. Er trat einen Schritt vor und kündigte mit lauter Stimme an: « Mein Geschenk , ein Gedicht von Christina Rossetti: Was kann ich ihm geben, arm, wie ich bin?» Darauf trat er wieder an seinen Platz zurück.
Der nächste Junge, der einen Hirtenstab hielt, trat vor. Auch er war in einen Umhang gehüllt. « Wenn ich ein Hirte wär, würd ich ein Lamm bringen. » Er hielt ein ausgestopftes Lamm von der Größe eines Fußballes in die Höhe.
Mark trat mit dem ganzen Schwung und der Dramatik
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