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Das Weihnachtshaus

Das Weihnachtshaus

Titel: Das Weihnachtshaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Jones Gunn
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betörenden Eve Carson geschlafen, mit der Schauspielerin, und die Erinnerung an sie war in ihm immer lebendig geblieben. Es war das erste und das einzige Mal, dass er seiner Frau untreu war. Meine Mutter hatte das Foto aus seiner Brieftasche genommen, und stattdessen hatte er dort diesen kleinen Hinweis hinterlegt. Ein Gedicht. Eine Ode an die betörende Eve und vielleicht eine sanfte Ermahnung wegen seines gebrochenen Treueschwurs.
    «Es ist ein Rätsel.» Ellie schüttelte den Kopf. «Ich bin mir nicht sicher, ob uns das jemand erklären kann. Offensichtlich war es ihm wichtig. Zumindest davon können wir ausgehen.»
    Ich biss die Zähne aufeinander und hoffte, dass meine Miene nicht verriet, welche Gefühle in mir hochkamen. Vor langer Zeit hatte ich mich entschlossen, daran zu glauben, dass ich einen Vater hatte. Und nachdem ich das Foto und den Namen seines Theaters in dem Programmheft gelesen und dieses Gedicht gehört hatte, wusste ich, dass mein Vater existierte. Sein Name war Sir James Whitcombe. Das Schönste an den Worten, die er geschrieben hatte, aber war, dass meine Mutter ihm etwas bedeutet hatte. Er hatte eine Erinnerung an sie in seiner Brieftasche bei sich getragen.
    «Haben Sie irgendeine Idee, Miranda?» Edward wandte sich zu mir und sah mich wieder an, als würde er einen seltenen Käfer betrachten.
    Ich zögerte sehr lange. Edward und Ellie starrten mich an, bis ich schließlich mit krächzender Stimme sagte: «Ich glaube, der Verfasser hat über eine Frau geschrieben. Die Frau hieß Eve. Er wollte sich an sie erinnern.»
    Als ich ihren erstaunten Gesichtsausdruck sah, wurde mir klar, dass sie nie daran gedacht hatten, das Wort «eve» in dem Gedicht könnte eine Person bezeichnen und nicht ein Hinweis auf die betreffende Tageszeit sein. Schließlich war Eve nicht nur der Frauenname, sondern konnte auch Abend bedeuten.
    Ellie las die Worte noch einmal und schüttelte den Kopf. «Das kann nicht sein. Wenn es ein Liebesgedicht wäre, würde der Name Margaret lauten. Nicht Eve. Er und Margaret waren achtundfünfzig Jahre verheiratet. Er hat eine ganze Reihe von Gedichten für sie geschrieben.»
    Vielleicht hatte James eine Spielzeit zusammen mit Eve verbracht, vielleicht aber auch nur einen Augenblick. Ich war jedenfalls der lebende Beweis dafür.
    «Vielleicht», sagte ich behutsam, «gab es im Leben Ihres Vaters einen Augenblick, um es einmal so auszudrücken, mit einer anderen Frau, und …»
    Bevor ich zu Ende sprechen konnte, straffte Edward brüsk die Schultern. «Das ist unmöglich.»
    «Das ist sicher nicht sehr wahrscheinlich.» Ellie sah mich mitfühlend an, so wie man einen Außenstehenden ansieht, der keine Ahnung hat. «Wir freuen uns sehr, dass Sie sich bemühen, uns eine Erklärung zu liefern. Darum haben wir Sie ja gebeten. Aber sehen Sie, das ist unmöglich.»
    «Ganz und gar unmöglich», sagte Edward bestimmt. «Absolut unmöglich.»
    «Aber Miranda kann das nicht wissen, Edward, weil nach allem …» Ellie wandte sich mir zu und sagte freundlich: «Sie haben Edwards Vater nicht gekannt.»
    Ich wandte den Blick ab und sagte: «Sie haben recht. Ich habe ihn nicht gekannt.»
    «Am besten machen wir uns jetzt für die Kirche fertig, Edward.»
    Die beiden drehten sich um, um das Arbeitszimmer zu verlassen, aber ich wollte noch bleiben, genau hier, bei den Briefen meines Vaters.
    Edward blieb in der Tür stehen und räusperte sich.
    Ich blickte auf und sagte mit meinem tapfersten Lächeln: «Wäre es in Ordnung, wenn ich noch hierbleibe?»
    «Aber natürlich», antwortete Ellie. «Es ist ein wunderbarer Raum, nicht wahr?»
    «Wäre es auch in Ordnung, wenn ich mir auch die anderen Papiere ansehe?» Ich wusste, es war eine gewagte Bitte, doch ich wollte etwas berühren, das auch mein Vater berührt hatte. Und ich wusste, dass diese Papiere vielleicht die einzige Möglichkeit waren, einen flüchtigen Blick in sein Herz zu werfen.
    Ellie sah Edward an.
    «Sie sind keine Journalistin, oder?»
    «Nein, ich bin keine Journalistin.»
    Ich bin vieles nicht. Aber ich bin die Tochter von Sir James Whitcombe, egal, ob ihr denkt, dass so etwas möglich ist oder wahrscheinlich oder unmöglich.
    Ich wartete einen Augenblick lang. Hatte ich das bloß gedacht, oder hatte ich es laut gesagt? Edward und Ellie wirkten nicht erschrocken. Ich musste es wohl nur gedacht, haben. Es wäre eine Katastrophe, wenn mir diese Erklärung einfach so herausgerutscht wäre.
    Edward schaute in Ellies freundliche

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