Das Weihnachtshaus
vor, die durch seine Adern fließen mussten, und sagte in perfektem Tonfall: « Wenn ich ein weiser Mann wär, würd ich meinen Teil dazu beitragen .»
Er trat zurück.
Julia schaute umher, die Hände immer noch hinter dem Rücken, und grinste jeden in der Kirche an, den sie erkannte.
Mark flüsterte seiner Schwester aus dem Mundwinkel zu, dass sie endlich vortreten solle.
Sie machte in ihren übergroßen Stiefeln einen Schritt nach vorn. Sie schluckte, schob ihr kleines rundes Kinn vor und sagte ganz lieblich ihre Zeile auf: « Und was kann ich ihm geben? Ich gebe mein Herz. » Mit diesen Worten zeigte sie allen ein großes rotes Valentinsherz, das sie hinter dem Rücken gehalten hatte.
Der Beifall der Gemeinde kam spontan, aber er klang förmlich. Trotzdem «fühlte» ich, dass die Menschen in diesem Raum lächelten.
Mark und Julia zwängten sich zu uns in die Bank. Mark setzte sich neben seinen Vater, und Julia quetschte sich zwischen Ellie und mich. Sie hielt das rote Herz behutsam in ihrem Schoß und baumelte entspannt mit den Beinen. Offensichtlich war der kleine Star recht zufrieden mit sich.
Ein Pfarrer nahm seinen Platz auf der geschnitzten Holzkanzel ein und las aus einem mächtigen Buch. Es musste die Bibel sein, denn die Passage handelte von Schafhirten, die nachts auf dem Feld blieben, um über ihre Schafe zu wachen. Ich erkannte die Geschichte, weil ich vor ein paar Jahren im Fernsehen eine Wiederholung des alten Cartoons Frohe Weihnachten, Charlie Brown! gesehen hatte. Eine der Hauptfiguren, ich glaube, es war Linus, zitierte genau die Stelle, bei der es um einen Engel geht, der den Hirten erscheint und ihnen verkündet, dass sie sich nicht fürchten sollten, denn es sei ein Kind geboren. Die Engel sangen. Und die Hirten eilten nach Bethlehem, wo sie Maria und Josef und das Kind in der Krippe fanden.
Mein Blick ging zu der Christusfigur auf dem Kirchenfenster. Der Friedensfürst hatte seine Arme ausgebreitet, als würde er die Menschen einladen.
Der Priester beendete die Lesung, und die Gemeinde stand auf. Dann begann der Priester mit dem Gebet: «Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name …»
NEUNZEHNTES KAPITEL
Auf dem Weg vom Gottesdienst zurück zum Haus musste ich mich zwingen, darüber nachzudenken, wie es weitergehen sollte. Ich nahm mir vor, Edward noch vor dem Weihnachtsessen unter vier Augen die Fakten aufzuzeigen, auch wenn er aller Voraussicht nach nicht würde hören wollen, was ich zu sagen hatte. Ich würde ihm das Gedicht, das Foto und das Programmheft zeigen und ihm den Namen sagen, der auf meiner Geburtsurkunde stand. Ich würde alles offenlegen. Das war nur fair.
Dann würde ich sie verlassen. Ich würde nach London ins Hotel zurückkehren. Wenn Edward es seiner Frau oder sonst jemandem erzählen wollte, dann war das seine Entscheidung. Ich würde ihm den Namen des Hotels geben, damit er mich erreichen konnte, falls er mich noch einmal sprechen wollte, bevor ich London verließ.
Auf diese Weise würde ich der Familie nicht länger zur Last fallen. Es spielte auch keine Rolle mehr, ob Edward mir oder den Beweisen Glauben schenken würde oder nicht. Ich hatte das gefunden, weswegen ich den ganzen Weg hierhergekommen war.
Wir erreichten das Haus. Die Kinder beschwerten sich darüber, dass der Schnee schon wieder schmolz. Edward sagte, er würde mit ihnen in den hinteren Teil des Gartens gehen, um einen Schneemann zu bauen, und er schickte sie hoch, damit sie sich warm anzogen.
Das hieß, dass ich jetzt zehn Minuten Zeit hatte für das Gespräch mit Edward, bevor ich aus dem Haus verschwand und nach London zurückkehrte. Ellie würde das verstehen. Da war ich mir ganz sicher.
In dem Versuch, mich erkenntlich zu zeigen, sagte ich beim Aussteigen zu Ellie: «Ich danke Ihnen sehr für Ihre Gastfreundschaft. Und ganz besonders danke ich Ihnen für das Taschentuch, das Sie mir gegeben haben. Kann ich es behalten?»
Sie winkte ab. «Aber ja. Natürlich. Ich habe genügend davon. Seit Jahren bekomme ich sie von meiner Schwiegermutter. Sie bestickt sie.»
«Margaret?», fragte ich. «Ihre Schwiegermutter Margaret bestickt Taschentücher?»
«Ja. Es ist so etwas wie ein Hobby für sie. Sie malt auch. Sie kommt heute Nachmittag, dann werden Sie sie kennenlernen. Sie werden sie mögen. Sie ist ein wunderbarer Mensch.»
Ich blieb mitten im Schneematsch stehen. «Margaret kommt hierher? Heute Nachmittag?»
«Ja, natürlich. Sie lebt hier bei uns, wissen Sie. Sie war ein
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