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Das Weihnachtsversprechen

Das Weihnachtsversprechen

Titel: Das Weihnachtsversprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Vanliere
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irgendwelche Ärzte Dad gesagt, dass er krank ist. Er und Mom haben den ganzen Tag geschwiegen.« Ich schlug die Seite um. »Dad stirbt, und niemand tut etwas dagegen. Er und Mom sind heute zu irgendeinem Büro gefahren und haben dafür gesorgt, dass mit dem Testament und der Versicherung alles in Ordnung ist. In der Zeit, während sie die Papiere ordnen, setzt sich Dads Sterben fort.« Ich trank einen Schluck Tee und blätterte um, während ich mich räusperte. »Ich beobachte gerade, wie Mom Dad liebt. Sie hat sich neben ihm auf der Couch zusammengerollt und hält seine Hand.«
    Meine Kehle verengte sich, und eine Träne lief mir über die Wange. Ich wischte sie mit einem Finger weg. Ich brauchte einen Augenblick, bis ich meine Stimme wiederfand. »Dad hat heute den ganzen Tag im Bettgelegen. Ich habe Mom beobachtet, wie sie sich um ihn kümmerte. Sie sprach mit ihm, als wäre es ein ganz normaler Tag, aber ihr Gesicht war traurig. Er griff nach ihrer Hand, und sie setzte sich auf die Bettkante und sah ihn an. Ich glaube, dass sie sich jetzt sein Gesicht einprägt.« Ich legte die Hand an meinen Mund und machte eine Pause. Miriam saß schweigend da. »Ich kann nicht mehr zusehen, wie Dad stirbt. Dies sollte mit ihm oder Mom nicht passieren. Er war immer gläubig, aber wie hilft ihm das jetzt? Gott ist es egal. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Gott weiß, was hier unten passiert. Wenn er es wüsste, würde er eingreifen und den Menschen helfen.« Ich schloss das Notizbuch und wischte mir über die Nase. »Und das war sein letzter Eintrag.«
    »Es tut mir so leid, Gloria. Ich hatte keine Ahnung«, sagte Miriam. Ich nahm eine Serviette, um mir damit das Gesicht trockenzuwischen, und zerknüllte sie in der Hand. »Und du hast nichts von ihm gehört ... überhaupt nichts?« Wie selbstverständlich sprach sie mich mit dem vertraulichen Du an.
    »Nichts. Wir wissen nichts, aber wir beten weiterhin, dass ihn etwas berührt.«
    »Aber was, wenn deine Gebete nicht helfen?«, fragte sie.
    Ich riss meinen Kopf hoch. »Natürlich werden sie helfen!«
    »Aber was, wenn sie es doch nicht tun?«
    »Was, wenn sie es doch tun?«
    Ihre Stimme war sanft. »Matthew ist nicht nach Hause gekommen.«
    »Es muss ihm überlassen bleiben«, erwiderte ich. »Wir sind nicht Gottes Schachfiguren. Wir haben die Freiheit zu tun und zu lassen, was wir wollen.«
    Wir schwiegen beide. Schließlich lief ich ins Wohnzimmer, nahm einen Umschlag von den Zweigen des Weihnachtsbaums und zeigte ihn Miriam. »Vor etwa zwanzig Jahren sind wir zu einem von Andrews Basketballspielen gegangen. Die Mannschaft stammte aus einer kleinen Stadt in Georgia, einer wirklich trostlosen Gegend, und die Jungen im Team spielten in Jeans und Shorts und was sie so besaßen. Man merkte ihnen an, dass sie einfach nicht an sich glaubten, sie spielten erbärmlich an jenem Abend. Eines Tages sagte Walt: ›Ich wünschte, ich könnte diesen Jungen irgendein Spielerdress kaufen.‹ Ich erwiderte nichts, aber ich überlegte mir, wo ich ein paar einheitliche Kleidungsstücke erstehen konnte, und Weihnachten legte ich für Walt einen Umschlag auf die Zweige des Baumes. Es war sein Weihnachtsgeschenk und enthielt einen Zettel mit den Worten: ›In deinem Namen wurde den Fighting Eagles ein aus Spielerkleidung bestehendes Geschenk übergeben.‹ Ich hatte ein Foto von der Mannschaft in ihren brandneuen Spieleruniformen beigelegt. Jedes Jahr versuchten Walt und ich uns mit jenen Umschlägen auf den Zweigen zu übertreffen.« Ich tippte mit dem Umschlag auf meine Handfläche. »Das ist der letzte, den ich für ihn auf den Baum gelegt habe. Er enthält das Versprechen, dass ich nie aufhören werde, nach Matthew Ausschau zu halten.«
    »Ist das der Grund, warum du Erin angeboten hast hierzubleiben? Ist das der Grund, warum du Tütenmit schmutziger Kleidung durchsuchst und verdreckte Kühlschränke reinigst?« Ich schob den Umschlag in meiner Hand hin und her und fühlte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Miriam stützte sich auf den Tisch und sah mich an. »Gloria, gibst du dir die Schuld daran, dass er fortgegangen ist?«
    Ich antwortete nicht, sondern starrte auf den abgenutzten Umschlag und streifte mit den Fingern darüber. »Mein Vater pflegte zu sagen: ›Finde heraus, was dir das Herz bricht, und mach dich an die Arbeit.‹ Allein die Vorstellung, dass Matthew draußen auf der Straße lebte, brach mir das Herz, und jedes Mal, wenn ich einen Obdachlosen sah, spürte ich, dass

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