Das Weinen der Engel (German Edition)
sie zurückhielt. Er stellte sich dicht an die Wand neben dem Fenster, und Jake postierte sich auf der anderen Seite. Riggs hatte seine Pistole aus dem Holster gezogen.
Als ein alter weißer Ford Taurus in der Einfahrt erschien, entspannte sich Jake. „Das ist Graciela.“ Er ging zur Tür, zog sie auf und stellte sich auf die kleine Terrasse. „Hallo, Gracie, ich habe Besuch mitgebracht, dachte, du hättest nichts dagegen.“
Die Mexikanerin war sehr hübsch. „Ich dachte, du bist zurück auf dem Weg in die Staaten.“
„Kleine Änderung meiner Pläne.“
Sie hatte das lange schwarze Haar zurückgesteckt und trug Jeans und einen leichten korallenroten Pullover. Jake stieg die Stufen der Terrasse hinunter, gab ihr einen Begrüßungskuss auf die Wange und nahm ihr die Einkaufstüten ab. „Komm rein, dann stelle ich dich vor.“
Graciela Gallegos lächelte die Männer herzlich an, während Jake sie miteinander bekannt machte. Doch als Jake sie Lark vorstellte, änderte sich ihr Gesichtsausdruck unmerklich.
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen“, sagte Lark. „Jake hat Dev und mir sehr geholfen.“ Damit wollte sie der Frau zu verstehen geben, dass Lark keinerlei Interesse an Jake hatte. Der Mann war ganz klar mehr für sie als nur ein guter Freund. „Meine Tochter ist entführt worden. Wir sind nach Mexiko gekommen, um sie wieder zu befreien.“
Sie merkte, wie sich die Züge der Frau wieder entspannten. „Und, hatten Sie Erfolg?“
Lark strahlte. „Ja, Chrissy schläft nebenan in Ihrem Gästezimmer.“
Gracielas warmes Lächeln kehrte zurück, das ihre Gesichtszüge noch schöner werden ließ. „Das freut mich für Sie.“
Jake berichtete ihr von der Entführung durch Antonio Alvarez und der Bedrohung, die das Kartelloberhaupt noch immer für sie darstellte. „Wir werden nicht lange hierbleiben. Im Moment versuchen wir ein Meeting mit Ricardo de La Guerra zustande zu bringen. Er soll uns helfen, die Situation mit Alvarez zu klären.“
Graciela runzelte die Stirn. „Der
don
ist ein sehr gefährlicher Mann. Du musst vorsichtig sein,
querido
.“ Sie wandte sich an die anderen. „Aber heute Abend wollen wir nicht daran denken. Heute Abend werden wir Wein trinken und mein berühmtes C
hile Verde
essen.“
„Gracie macht das beste Chile Verde, das ihr jemals gegessen habt“, sagte Jake.
„Das klingt sehr verlockend.“ Lark dachte an die Fertiggerichte, die sie gegessen hatte, und merkte jetzt erst, wie hungrig sie war.
Jake lächelte Graciela liebevoll an, aber da war keine Leidenschaft, kein Feuer in seinen hellblauen Augen. Er schaute sie eher wie eine Schwester an, als eine Frau, die er begehrte.
„Ich helfe Ihnen, die Lebensmittel auszupacken“, bot Lark an, und Graciela lächelte.
„Das ist nett. Ich bin Lehrerin hier im Dorf. Deshalb verbringe ich mehr Zeit mit Kindern als mit Erwachsenen.“
Sie gingen zusammen in die Küche. Der Tisch und die Stühle in der Mitte waren aus rohem Holz gezimmert, die Sitze mit gewebtem Hanf überzogen. An den Fenstern hingen blassblaue Vorhänge, und der Linoleumboden war bis auf die frischen Fußabdrücke der Männer blitzsauber.
Die Frauen machten sich an die Arbeit. Lark half Graciela, die darauf bestand, von ihr Gracie genannt zu werden. Es galt Schweinefleisch zu würfeln, Zwiebeln zu schälen und zu hacken und frische grüne Chilis vorzubereiten. Gracie kochte dazu noch ein Reisgericht mit Tomaten und Zwiebeln.
„Ich muss mir unbedingt merken, wie das gemacht wird“, sagte Lark, als der Duft des brutzelnden Fleisches mit Zwiebeln sich in der Küche verbreitete. „Das sieht ja jetzt schon sehr lecker aus.“
„Ich zeige dir auch, wie man Tortillas zubereitet, falls es dich interessiert. Sie sind viel besser als die, die man im Laden kaufen kann.“
„Das würde ich sehr gern lernen.“
Eine Weile arbeiteten sie schweigend in trauter Zweisamkeit. „Du bist also Lehrerin“, begann Lark schließlich. „In welcher Klasse denn?“
„Pueblo de Carmen ist ein kleiner Ort. Ich unterrichte von der ersten bis zur sechsten Klasse.“
„Wie hast du denn Jake kennengelernt?“ Eine Lehrerin und ein Söldner schienen sich nicht unbedingt in denselben Kreisen aufzuhalten.
„Jake war mit meinem Bruder befreundet. Sie haben zusammen für die Drogenpolizei beider Länder gearbeitet.“ Gracie wandte den Blick ab. „Unglücklicherweise wurde Roberto während eines Einsatzes getötet.“
„Oh, das tut mir leid.“
Gracie zerschnitt noch
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