Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)
aushalten konnte. Ich ging zu ihr und schob ihr den Rock bis zu den Hüften hoch. Dann zog ich sie auf den Boden und warf mich wie ein Vieh auf sie. Riss ihr das Höschen runter. Es war heiß vor dem Kamin, sehr heiß. Als es dann vorbei war, wurde ich wieder der Idiot.
»Es tut mir leid. Ich bin von Sinnen. Möchten Sie die Polizei rufen? Wie können Sie so jung sein, wenn Ihre Mutter so alt ist?«
»Sie ist meine Oma. Sie nennt mich nur Tochter. Ich geh mal ins Bad. Bin gleich wieder da.«
»Klar.«
Ich wischte mich mit der Unterhose ab, und als sie wiederkam, plauderten wir ein wenig, dann machte ich die Tür auf, um zu gehen, und lief in einen Garderobenschrank voller Mäntel und Krimskrams. Wir mussten beide lachen.
»Verdammt«, sagte ich. »Ich bin verrückt.«
»Nein.«
Ich lief die Treppe hinunter, durch die Straßen von San Francisco und zurück in mein Zimmer. Wo neues Bier und neuer Wein in dem Topf mit Wasser und Eis stand. Ich trank das alles, saß da auf meinem Stuhl am Fenster, bei ausgeschaltetem Licht, sah hinaus und trank.
Das Glück war mir hold. Ein Hundertdollar-Fick und für zehn Dollar zu trinken. So konnte es weitergehen. Ich konnte immer noch mehr Glück gebrauchen. Besten italienischen Wein, beste Italienerinnen, Gratisfrühstück, Gratiswohnen, bis Glitzerglanz und Wonne der verfluchten Seele alles andere überstrahlten. Jeder Mensch war ein Name und eine Möglichkeit, aber was für ein schrecklicher Pfusch wurde aus den meisten. Mir sollte das nicht passieren. Ich trank weiter und bekam nicht ganz mit, wann ich ins Bett ging.
Am Morgen war es auszuhalten. Ich fand eine halbvolle Flasche warmes Bier. Trank sie. Dann legte ich mich aufs Bett und fing an zu schwitzen. Ich lag da eine ganze Weile, wurde schläfrig.
Diesmal war es ein Lampenschirm, der sich in ein sehr böses und großes Gesicht verwandelte und dann wieder in einen Lampenschirm. Es ging immer weiter, wie ein Wiederholungsfilm, und ich schwitzte, schwitzte, schwitzte und dachte jedes Mal, wenn es etwas gibt, das ich nicht aushalten kann, ist es dieses Gesicht. Da war es schon WIEDER!
* * *
»AAAAAAAAKKKKK! AKKKKK! JESUS! LECK DIE MUSCHI, JESUS! HERR JESUS, RETTE MICH!«
Das Klopfen an der Tür.
»Mr Bukowski?«
»Mmmph?«
»Geht’s Ihnen gut?«
»Yowwp?«
»Ob es Ihnen gut geht.«
»Ja, bestens. Bestens.«
»Darf ich reinkommen?«
Und rein kam die alte Mama Fazzio. »Sie haben ja alles getrunken.«
»Ja, es war heiß gestern Abend.«
»Haben Sie schon Schallplatten?«
»Nur ›Gott hält die Kindlein in Seinen Händen‹.«
»Meine Tochter möchte, dass Sie noch mal zum Abendessen kommen.«
»Geht nicht. Hab was am Laufen. Das muss ich klarziehen.«
»Was meinen Sie damit?«
»Sacramento, bis zum 26. des Monats.«
»Stecken Sie in Schwierigkeiten?«
»Aber nein, Mama, überhaupt nicht.«
»Sie gefallen mir. Wenn Sie wiederkommen, müssen Sie wieder bei uns wohnen.«
»Gern, Mama.«
Ich hörte zu, wie die alte Frau die Treppe hinunterging. Dann warf ich mich auf die Matratze. Wie der Wind im Maul des Hirns heult; wie traurig es ist, am Leben zu sein, mit Armen, Beinen, Augen, Hirn, Schwanz, Eiern, Bauchnabel und allem anderen, und nur darauf zu warten, warten, warten, dass das Ganze stirbt – so albern, aber es gibt sonst nichts, aber auch wirklich nichts zu tun. Ein Tom-Mix-Leben mit Verstopfungssyndrom. Ich schlief schon fast.
»AAAAHHHHHHHHKKKKK! WHIIIII! HEILIGE MUTTER!«
»Mr Bukowski?«
»Glaglaa$$$«
»Was ist los?«
»Hn?«
»Geht’s Ihnen gut?«
»Ja, bestens. Bestens.«
Schließlich musste ich raus aus San Francisco. Die trieben mich zum Wahnsinn. Mit ihrem Gratiswein und allem anderen, was es umsonst gab. Jetzt bin ich in Los Angeles, wo einem nichts geschenkt wird, und es geht mir ein kleines bisschen besser …
HEY! Was REDE ich da??? …
Die Nacht, als niemand glaubte, dass ich Allen Ginsberg bin
Berkeley Tribe, 19 .– 25 . September 1969
Ich fuhr bis runter nach Venice, um den Typ zu besuchen, und dann war er nicht da, und ich war leicht angetrunken und erwischte erst mal die falsche Tür – »Ich wollte zu Hal. Hey, hat er jetzt ’ne Alte? Du bist nicht übel, Baby, nicht übel!«
Ich schob mich rein. Sie streckte den Arm vor.
»Hey, halt mal!«
»Wieso? Ich möchte zu Hal.«
»Was soll das denn? Hier gibt es keinen Hal.«
»Norse. Hal Norse.«
»Der wohnt im nächsten Stock. Hier sind Sie falsch.«
»Aber wenn ich schon mal da bin, lass mich doch
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