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Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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Ich schlug noch einmal zu. Er schien schlicht darauf zu warten. Es war mir schleierhaft. Mir hatten schon Bardamen wildere Kämpfe geliefert.
    Wieder ging er zu Boden.
    »Der macht Robbie kalt!«
    Dann:
    »DER MACHT ROBBIE KALT!«
    Und:
    »PACKT IHN! PACKT IHN! BRINGT IHN UM!«, schrie die Schnalle, die wusste, wie Allen Ginsberg aussah.
    Noch immer rührte sich niemand. Wir sahen zu, wie Robbie auf dem Gesicht liegen blieb, als wäre er tot. Der Regen klatschte ihm auf dem schäbigen Parkplatz ins Kreuz. Ich drängte mich zwischen 2 oder 3 Leuten durch, lief über den Platz und rannte die Uferpromenade entlang. Die Bar lag direkt am Strand.
    5 oder 6 von ihnen kamen mir nach.
    Ich flitzte um eine Parkbank herum, prompt sanken meine Füße im Sand ein, und sie waren mir kläffend auf den Fersen wie die Meute dem Fuchs und holten auf, und es gab nur einen Ausweg – ich lief zum Wasser. (Ginsberg. Mit Ginsberg hätten sie das nicht gemacht) Ich lief auf die Wellen zu, auf den pseudosüßen Kuss des Todes, schaffte es bis auf den nassen Sand, drehte mich um, und da waren sie:
    4 oder 5 Typen und 2 oder 3 irre Frauen, darunter sie:
    »PACKT IHN! KILLT IHN! ER WOLLTE ROBBIE KALTMACHEN!«
    Ich ging rückwärts ins Meer, das Wasser lief mir schon in die Schuhe, leckte nach meinen Hosenbeinen.
    »DEN ERSTEN ARSCH, DER MIR ZU NAHE KOMMT, BRING ICH UM!«, schrie ich.
    Sie rückten weiter an, 7 oder 8 Männer und Frauen, gemischt. Ich wich weiter zurück. Eine Welle schlug mir ins Kreuz, warf mich um.
    »FEIGE SAU!«, schrie jemand.
    »EINER NACH DEM ANDERN!«, schrie ich zurück. »DER REIHE NACH nehm ich euch dran! NUR EINE REELLE CHANCE! MEHR VERLANGE ICH NICHT!«
    »OKAY! KOMM RAUS! LOUIE KÄMPFT MIT DIR!«
    (Louie? Das hörte sich nicht allzu schlimm an.)
    Verkühlt stapfte ich raus, die Hose nass und schwer, Beine, Strümpfe und Schuhe voll Sand, Schmodder und Tod.
    Ich ging zu ihnen.
    »Wer von euch ist Louie?«, fragte ich.
    »Ich bin Louie«, sagte ein dicker, fetter Typ mit Zigarre, der vortrat und ziemlich dämlich aussah. Er war klein – einsfünfzig ungefähr, aber gut 80 Kilo. Kein echtes Problem.
    »Ich bring dich um, du Arsch!«, sagte ich.
    Ich griff an. Ich langte voll hin. Hemingway wäre stolz auf mich gewesen. Ich traf ihn mit Karacho mitten in den Wanst.
    Er warf seine Zigarre weg, und dann … FLIPPTE er mich durch die Luft.
    Ich schlug hart auf. Erst mit dem Hintern, dann mit dem Rücken.
    Als ich hochkam, ging ich wieder auf ihn los.
    FLIPP!
    Jedes Mal, wenn ich hochkam und ihn angriff, schnellte er mich durch die Luft.
    Ich landete auf dem Arsch, dem Kopf, dem Rücken. Er steckte sich sogar eine neue Zigarre an und wartete. Das stank mir. Aber je wütender ich wurde, je entschlossener ich angriff, desto müheloser schleuderte der fette Louie mich ins Meer zurück.
    Beim letzten Angriff wurde ich dann wirklich zum Tijuana-Stier.
    Und der letzte Salto war der größte. Mein Kopf schien auf einem im Sand versteckten Stein aufzuschlagen. Da fügten sich das Meer und die Sterne und der Schmerz beispielhaft zusammen.
    Worauf ich aufstand und erneut auf Louie losging. Nur schlug ich im letzten Moment einen Haken, bog nach Osten ab und lief am Wasser entlang …
    »DA! DER HAUT AB!«
    »AH! DU FEIGE SAU!«
    »IHM NACH!«
    Schon kamen sie wieder an. Männer, Frauen, der fette Louie und selbst der Barmann in seiner weißen Schmuddelschürze.
    Wer passt auf die Bar auf? war mein erster Gedanke.
    Wen interessiert’s? war mein zweiter.
    Das Dumme ist, wenn du von 7 oder 8 Leuten verfolgt wirst, sind 3 oder 4 meistens schneller als du.
    »SCHNAPPT IHN EUCH!«
    »BRINGT IHN UM!«
    Venice, Kalifornien. Was waren das für Leute? Wo waren die Hippies? Die Blumenkinder? Die Liebe? Was zum Kuckuck lief hier?
    Dann ging der Regen auf einmal richtig los. Es war ein eisiger, brutaler Wolkenbruch, der keine Rücksicht auf die Menschheit nahm.
    »Jessas, ES REGNET!«
    »LASST IHN! ZUM TEUFEL MIT IHM!«
    Die Menschheit war verrückt – sie wollten lieber trocken bleiben als mich vermöbeln. Sie hatten Angst vor Wassertropfen, setzten sich aber in volle Badewannen.
    Mir gefiel der Regen eigentlich, besonders als ich sah, wie sie kehrtmachten und zurück zu der Kneipe liefen. Ich lief durch den weichen Sand zur Uferpromenade. Doch auch mir war der Regen zu heftig – fast eine kompakte Wasserwand. Meine Klamotten schluckten ihn wie ein Mop. Ich spürte, wie meine klatschnasse Unterhose durchhing, am Schwanz klebte

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