Das weiße Amulett
zog laut fluchend den Kopf zurück.
»Sie haben eine Beule auf der rechten Seite!«, sagte Laurent triumphierend. »Raus mit der Sprache: Woher haben Sie sie? Und wehe Ihnen, wenn Sie keine plausible Erklärung haben.«
Mansfield drehte sich um und schlenderte in die Küche, dicht gefolgt von den beiden, die eine Flucht nicht ausschlossen. Sie befanden sich im Halbparterre. Ein Sprung aus dem Fenster wäre eine Leichtigkeit für ihn gewesen.
»Los, sagen Sie schon«, forderte Laurent ihn nochmals auf, doch Mansfield blieb völlig gelassen.
»Möchten Sie auch einen Kaffee?«, fragte er liebenswürdig und goss sich eine Tasse ein, aber Laurent schüttelte nur den Kopf. »Durel? Sie vielleicht?« Auch er verneinte.
Mansfield beobachtete ihn heimlich über den Rand der Tasse hinweg, während Durel auf seiner Lippe kaute und ihm immer wieder einen misstrauischen Blick zuwarf.
»Immer noch sauer auf mich?«, fragte Mansfield in seine Richtung.
»Sollte ich? Sie haben ja nicht zugeschlagen.«
»Das Krankenhaus schien mir nicht der richtige Ort dazu.«
»Schade«, meinte Durel. »So hätte man Sie wenigstens gleich verarzten können.«
Mansfield musste unwillkürlich grinsen, wandte sich dann aber an Laurent. »Ich muss Sie leider enttäuschen. Auch wenn es Ihnen anders besser gefallen würde, aber die Beule habe ich mir beim Bäcker geholt.«
»Beim Bäcker, natürlich! Das ist ja auch der übliche Ort, wo man sich eine Beule holt. Bei welchem Bäcker?«
»Der Laden ist gleich hier unten an der Straßenecke. Sie können ihn nicht verfehlen. Aber passen Sie auf die Tür auf, Laurent, in Ihrer Kopfhöhe ist dort nämlich die Klinke angebracht.«
»Kann das jemand aus dem Laden bestätigen?«
»Dass die Türklinke in Ihrer Höhe angebracht ist?«
»Nein! Dass Sie gestern gegen die Tür gelaufen sind.«
»Natürlich. Die Dame des Hauses war untröstlich und hat mir noch eine Quiche zusätzlich mitgegeben.«
»Wir werden das überprüfen.«
»Tun Sie das.« Mansfield schlürfte seinen Kaffee. »Ach, übrigens habe ich hier noch etwas für Sie. Aber bitte erschießen Sie mich nicht gleich, wenn ich jetzt in diese Schublade greife …«
Tatsächlich beobachteten die beiden seine langsamen Bewegungen sehr genau. Allerdings waren sie zu verblüfft, um irgendwie zu reagieren. Verwirrt starrten sie auf einen mit bunten Fayencen verzierten goldenen Dolch, den Mansfield in die Höhe hielt. Er reichte ihn dem überraschten Laurent, der den in einer durchsichtigen Kunststofftüte verpackten Dolch in die Hand nahm und ihn eingehend betrachtete. »Haben Sie ihn angefasst?«
Mansfield schüttelte den Kopf. »Nur mit einem Taschentuch. Sie werden sicherlich keine Fingerabdrücke von mir finden.«
Laurent lächelte säuerlich. »Ich habe nicht die geringste Hoffnung, überhaupt Fingerabdrücke darauf zu finden. Wo haben Sie ihn her?«
»Er lag im Garten vor der Mauer, über die der Kerl gestern abgehauen ist. Ihre Leute haben nur die Spuren im Haus gesichert. Die Mühe, meine Aussagen zu überprüfen, machten sie sich ja nicht, sonst hätten sie ihn selbst dort gefunden. Er glitzerte heute Morgen im hohen Gras, als die Sonne draufschien.«
Durel stellte sich neben Laurent und runzelte die Stirn, während er die Waffe betrachtete.
»Merkwürdig. Ich habe das Gefühl, so etwas Ähnliches schon mal gesehen zu haben. Er sieht sehr alt aus.«
»Gut beobachtet, Monsieur Durel«, lobte Mansfield und nahm noch einen Schluck von seinem Kaffee. »Es ist ein altägyptischer Dolch, der Anfang September aus dem Louvre gestohlen wurde.«
»Woher wissen Sie das?«, fragte Laurent misstrauisch.
»Ich habe die Fotos in der Zeitung gesehen. Und der Kurator des Louvre hat uns auch Fotos von ihm gezeigt. Es ist mit sehr großer Wahrscheinlichkeit derselbe Dolch.«
Plötzlich blieb Laurents Blick an einem bestimmten Bereich an der Unterseite des Dolchs hängen. »Merde!«, rief er und bekam schmale Augen, denn dort waren kleine rote Streifen auf der Klinge.
»Was ist?«
»Da sind Spuren auf der Klinge. Blut! Komm, René, ich will wissen, wem es gehört! Und Sie, Monsieur Mansfield, werden uns ins Präsidium begleiten.«
»Wozu?«
Diesmal antwortete Durel anstelle seines Kollegen. Seine Stimme war schneidend. »Jetzt hören Sie mal – Sie präsentieren uns die Waffe, mit der gestern ein Attentat auf Madame Alexandre verübt wurde, an der Waffe ist Blut, und Sie fragen uns, weshalb wir Sie mitnehmen wollen.«
In Mansfields Augen
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