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Das weiße Amulett

Das weiße Amulett

Titel: Das weiße Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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eines Abends einen Notizzettel an seiner Haustür fand, auf dem stand, dass der Professor ihn am nächsten Morgen sehen wollte.
    Er war wohl extra zur Wohnung des Assistenten gefahren, hatte ihn aber nicht angetroffen und den Zettel hinterlassen. Auf jeden Fall war der Assistent verdächtig, da er als Einziger ein Motiv für einen Mord hatte.«
    »Wie kann man von einem Mord reden, wenn man keine Leiche hat?«, fragte Mansfield. »Und welches Motiv soll er gehabt haben?«
    »Lescot soll einen Tag vorher einen entscheidenden Fehler in einem wichtigen Experiment begangen haben, der die gesamte Versuchsreihe zunichte machte.«
    »Ja und?«
    »Prof. Bernardt soll ihm daraufhin vor versammelter Mannschaft die Leviten gelesen und die ganze Schuld gegeben haben, sodass Lescot wie ein begossener Pudel das Labor verließ.«
    Mansfield sah Karen an. »Und über so einen Kerl schreiben Sie eine Monographie?«
    »Wieso nicht?«, fragte Karen mit einem aggressiven Unterton zurück. »Immerhin hat der Assistent das Experiment verpfuscht.«
    »Dann finden Sie es also vollkommen in Ordnung, dass er den armen Jungen vor allen Leuten zum Idioten gemacht hat?«
    Karen hatte das Bedürfnis, den Professor vor Manfields Angriffen zu verteidigen. »Der Assistent hat sich mit seiner Unvorsichtigkeit selbst zum Idioten gemacht. Hätte er gewissenhaft gearbeitet, wäre er auch nicht so vorgeführt worden.«
    »So, Sie finden das also gerecht?«
    Karen sah in Mansfields wütendes Gesicht, und plötzlich überkam sie Reue.
    »Nein, es war wohl zu hart«, gab sie zu. »Er hätte es mit ihm allein in einem Nebenraum besprechen müssen. Aber er war in dem Augenblick wohl sehr wütend, dass er sich zu diesem Schritt hinreißen ließ.«
    Mansfields Gesichtszüge entspannten sich wieder. »Er hat es sicherlich später bereut«, meinte er versöhnlich.
    »Ja, das glaube ich auch. Der Assistent war bestimmt ein zuverlässiger und fähiger Mensch, sonst hätte der Professor ihm diese verantwortungsvolle Aufgabe nicht gegeben.«
    Laurent hatte diese Szene mit aufkommendem Unverständnis verfolgt und fragte sich insgeheim, wie man sich dermaßen über ein solches Thema streiten konnte. Was ging es Mansfield an, wie der Professor damals mit seinen Leuten umgegangen war? Und warum verteidigte sie diesen Professor?
    »Glauben Sie, dass Ihnen meine Notizen weiterhelfen werden?«, fragte er Karen.
    Sie überflog noch mal das Papier. »Es sind zumindest einige interessante polizeiliche Hinweise, die das Verschwinden des Professors betreffen.« Ihre Augen blieben auf einer Adresse rechts oben in der Ecke haften. »Was ist das für eine Adresse?«, fragte sie und tippte mit dem Zeigefinger auf die Stelle.
    Laurent beugte sich vor, um besser sehen zu können. »Ach, die ist von meinem alten Seminarleiter Monsieur Tanvier.«
    »Könnte der vielleicht noch etwas über den Fall wissen?«, fragte Mansfield.
    Laurent zog die Augenbrauen hoch. »Lassen Sie den alten Mann in Ruhe, Monsieur. Er ist schon über achtzig und wird sich bestimmt nicht mehr erinnern.«
    »Darf ich das Blatt behalten, oder soll ich mir eine Kopie davon machen?«
    »Sie können es behalten, wenn Sie möchten. Ich brauche es nicht mehr.« Laurent sah zu, wie Karen es zusammenfaltete und in ihre Handtasche steckte. »Wie lange werden Sie sich noch in Paris aufhalten, Madame?«
    Karen glaubte eine leise Hoffnung herauszuhören, und ein kleines Lächeln zeigte sich wieder auf ihrem Gesicht.
    »Sie wollen mich so schnell wie möglich loswerden, nicht wahr, Monsieur Laurent?«
    »Das würde ich niemals zugeben, Madame«, antwortete er.
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen. Im Hotel warten noch einige Schriftstücke und ein Buch auf mich. Vielleicht haben Sie Glück, und es steht alles drin, was ich brauche. Dann könnte es sein, dass ich in dieser Woche noch aus Paris verschwinde.«
    »Wie der Professor?«, meinte Mansfield grinsend, aber er erntete nur verständnislose Blicke für diese Bemerkung. Mit einem Stirnrunzeln sah er von einem zum anderen. »Meine Güte, das sollte nur ein Scherz sein.«
    »Sie haben eine merkwürdige Art von Humor, Monsieur Mansfield«, bemerkte Laurent und mit einem zu Karen geflüsterten »Passen Sie gut auf sich auf, Madame« verabschiedete er sich von ihnen und ging.
    »Ich fand es auch nicht sehr witzig«, sagte Karen, als sie vom Bett aufstand und zu Mansfield humpelte, der ihre Abendgarderobe in einer Tasche verstaute.
    »Es war nicht so gemeint«, erklärte er

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