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Das weiße Amulett

Das weiße Amulett

Titel: Das weiße Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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Verband verpassen, der mindestens drei Tage hält.« Er ging Richtung Badezimmer.
    »Nein, das will ich nicht. Es geht auch ohne Verband«, protestierte sie.
    Er drehte sich um. »Keine Widerrede. Sie haben mich auch gegen meinen Willen zum Arzt verfrachtet, haben Sie das schon vergessen? Na sehen Sie. Jetzt räche ich mich fürchterlich. Sie bleiben hier sitzen, und ich hole das Verbandszeug.«
    Mit einem erstaunten Lächeln sah sie ihm nach. Er schien es wirklich ernst zu meinen, und so zog sie die Sandale aus. Als er wiederkam, kniete er sich vor sie hin und legte Schere, Stoffverband und Leukotape auf den Teppich. Dann nahm er ohne viel Worte ihren Fuß in die Hand und begann eine Lage des Stoffverband darum zu wickeln. »Sie haben kalte Füße, Karen.«
    Sie werden gerade wärmer, dachte sie, während sie fasziniert beobachtete, wie vorsichtig er mit dem verletzten Fuß umging, ohne ihr Schmerzen zu bereiten. Sie sah, wie er mit genauem Auge die richtige Länge des Tapestreifens abriss und ihn mit seinen geschickten Fingern um ihren Fuß klebte.
    »Haben Sie immer noch Probleme mit dem Kreislauf?«
    Karen winkte ab. »Ich brauche nur einen Kaffee, das ist alles. Wie kommt es, dass Sie zufällig dieses Verbandszeug mit sich herumschleppen?«
    »Das ist nicht zufällig. Ich habe mir auf dem College beim Football die Bänder der Knöchel überdehnt, dass Sie damit Cello spielen könnten. Ich knicke fast jede Woche einmal um. Deswegen habe ich immer das Leukotape dabei.« Der Verband wurde fester und fester. »Ich habe wahrscheinlich schon mehr Verbände angelegt als so manche Krankenschwester. Versuchen Sie jetzt mal aufzustehen.«
    Sie machte einige vorsichtige Schritte.
    »Und? Ist er zu stramm?«
    Karen drehte sich wieder um, setzte den Fuß voll auf und verlagerte das Gewicht darauf. »Nein«, antwortete sie, »der Verband sitzt sehr gut.«
    »Sie sehen so überrascht aus. Das haben Sie mir wieder nicht zugetraut, stimmt’s?«
    »Ich dachte, dass der Verband vielleicht … aber nein, er sitzt wirklich perfekt.«
    Er zog ihr vorsichtig die Sandale an. Sie genoss jede seiner Berührungen und musste lächeln. In dem Moment blickte er hoch.
    »Warum lächeln Sie?«
    »Seit meiner Kindheit hat mir niemand mehr die Schuhe angezogen.«
    »Besser, Sie gewöhnen sich gar nicht erst daran«, erwiderte er, während er das Verbandszeug zusammenpackte und es ins Bad zurückbrachte.
    »Wir gehen heute also trotzdem ins Musée d’Orsay?« Er wusch sich die Hände, während Karen immer noch fasziniert auf ihren Knöchel schaute.
    »Das hatte ich Ihnen ja versprochen.«
    Er kam mit einem Handtuch zur Badezimmertür und trocknete sich die Hände.
    »Sie müssen nicht, wenn Sie nicht wollen«, meinte er und warf das Handtuch auf einen Hocker.
    »Ich tue es, weil ich es will «, sagte sie und musste grinsen, da sie sich an das Gespräch auf der Dachterrasse des Printemps erinnerte.
    Mansfield erwiderte das Lächeln und griff zu seinen Autoschlüsseln. »Dann also los.«
    Sechstausend Kilometer entfernt legte ein entnervter Captain des New York City Police Department den Telefonhörer auf und ging in das Großraumbüro vor seinem Zimmer. Zielstrebig marschierte er auf Thomas Davidson zu, der an seinem Schreibtisch saß und gerade einen Bericht las. Er schien die Welt um sich herum völlig vergessen zu haben, als sein Vorgesetzter sich plötzlich vor ihm aufbaute. Davidson warf ihm einen erstaunten Blick zu.
    Graham Winslows Haare waren in den vergangenen dreißig Berufsjahren in Ehren ergraut, und auch seine Falten entsprachen den Erfahrungen seines Lebens. Trotzdem schienen seine Stirnfalten im Moment um einiges tiefer zu sein als sonst.
    »Wo ist Mansfield?«, fragte er mit beherrscht ruhiger Stimme.
    Der Detective schluckte kurz und setzte ein unschuldiges Gesicht auf. Natürlich wusste er, wo sein Partner war, aber er hätte es Winslow nur im äußersten Notfall gebeichtet. Also gab er eine ausweichende Antwort. »Er ist zu Hause, oder nicht?«
    »Wohl kaum. Ich habe gerade eine Anfrage aus Paris erhalten. Die französischen Kollegen behaupten, dass Mansfield sich in Frankreich aufhält. Sie verlangen seine Dienstakte.« Er sah Davidson mit strengem Blick an. »Gibt es da irgendetwas, das ich wissen sollte?«
    Davidson hob nur unschuldig die Arme. Mansfields Tischplatte vibrierte unter Winslows Händen.
    »Sie sagen mir Bescheid, wenn es weitere Probleme mit ihm gibt, okay? Ich habe nämlich keine Lust, Mansfield senior

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