Das weiße Grab
Pappel die irdischen Überreste von Annie Lindberg Hansson enthielt, von kompetenter Seite gestützt. Eine junge schwarze Schäferhündin namens Cathy kratzte wild bellend am Baum, und der Hundeführer streckte ihnen den erhobenen Daumen entgegen. Arne Pedersen deutete auf einen rostigen Beschlag und sagte: »Es mag merkwürdig klingen, aber da oben hing einmal eine tote Sau, bis sie komplett verwest war. Kann das Ihren Hund irgendwie in die Irre leiten?«
Der Hundeführer streichelte sein Tier und sagte: »Das halte ich für ziemlich ausgeschlossen. Aber wir können es auch noch mal von der anderen Seite probieren, um sicher zu sein.«
Er kommandierte seinen Hund um den Baum herum, rief ein unverständliches Kommando, und die Reaktion des Tieres wiederholte sich auf der anderen Seite.
»Und das bedeutet?«, fragte Poul Troulsen.
»Dass drinnen im Baum eine Leiche liegt, wenn Cathy sich nicht irrt.«
»Irrt sie sich oft?«
»Sie irrt sich nie.«
Arne Pedersen kletterte auf eine Leiter, die er sich von dem Pädagogenpaar geliehen hatte, das durch das Küchenfenster gespannt alles verfolgte. Oben bahnte er sich mühsam einen Weg durch die dichten Äste und leuchtete mit einer starken Taschenlampe nach unten in das Innere des Stammes.
»Siehst du was?«, fragte Poul Troulsen.
»Nichts, nur Erde und trockene Blätter. Aber der Stamm ist hohl, wie wir es angenommen haben. Soll ich versuchen, nach unten zu kommen? Das wird nicht leicht.«
»Nein, den Rest sollten die Leute von der KTU machen. Es ist besser, wenn sie mögliche Beweise vernichten und nicht wir.«
Ein paar Stunden später schnitten sich die Zähne einer Motorsäge in die alte Pappel. Ein Techniker, der so etwas wie einen Raumanzug trug, führte die Säge. Die Zweige verschwanden schnell, und auch wenn der Stamm mehr Mühe machte, so wurde er immer kleiner. Der Prozess war langwierig, jedes Mal wenn eine Stammscheibe abgetrennt worden war, entfernten zwei andere Techniker Erde und Blätter aus dem Hohlraum. Erst gegen Nachmittag, als der Stamm nur noch knapp zwei Meter maß, geschah etwas. Einer der Techniker sagte ruhig: »Okay, hier haben wir sie, ich sehe eine Hand.«
Vorsichtig, ja fast andächtig wischte er weitere kompostierte Blätter beiseite.
»Ja, sie steckt in einer Tüte. Das arme Mädchen.«
Arne Pedersen hielt bereits das Handy in der Hand, denn auf diese Mitteilung hatten er und Poul Troulsen den ganzen Tag gewartet. Er rief Konrad Simonsen an und informierte ihn unverhohlen triumphierend: »Wir haben sie gefunden, und es gibt keinen Zweifel daran, dass er der Täter ist. Die gleiche Mordmethode.«
Dann hörte er lange schweigend zu. Nach einer Weile begann Poul Troulsen unruhig zu werden. Irgendetwas stimmte nicht, und der Gesichtsausdruck seines Kollegen hatte jede Spur von Optimismus verloren. Arne Pedersen beendete das Gespräch und sah sehr unglücklich aus.
»Was ist denn passiert, Arne? Jetzt red schon, du bist ja total blass.«
»Andreas Falkenborg ist weg, er ist seinen Bewachern schon gestern Abend entkommen. Erfahren haben wir das aber erst heute früh, weil irgendwelche Idioten in Glostrup die Sache nicht weitergegeben haben. Seither suchen alle nach ihm, aber ohne Erfolg.«
»Scheiße!«
»Ja, und das ist noch nicht alles, denn auch Jeanette Hvidt ist verschwunden, und gleich mehrere Zeugen wollen Andreas Falkenborg am Haus ihres Onkels in Helsingør gesehen haben.«
Poul Troulsen packte Arne Pedersens Arm und drehte ihn zu sich: »Verdammt, was sagst du da?«
»Er hat sie im Fahrradschuppen ihres Onkels übermannt. Mehr hat Konrad nicht erzählt. Du musst warten, bis wir in Kopenhagen sind.«
»Aber wie konnte das denn passieren? Wir wollten doch auf sie aufpassen. Hat sie keinen Personenschutz bekommen?«
Arne Pedersen befreite sich aus seiner Umklammerung und wiederholte langsam: »Mehr hat Konrad nicht erzählt. Ich kann dir wirklich nicht mehr sagen.«
Poul Troulsen legte die Hände hinter den Nacken und senkte den Kopf. Dann fluchte er verbissen und hilflos.
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45
W ährend man Arne Pedersen in Præstø den Augenblick seines Sieges vermieste, lag Pauline Berg in einem Gartenstuhl auf ihrer Terrasse und versuchte zum x-ten Mal, sich darüber klarzuwerden, was sie jetzt tun sollte. Der erste Schock über das Fiasko am Samstagnachmittag hatte sich gelegt, und mit etwas Glück würde die ganze Aktion unentdeckt bleiben. Sie hatte gestern mit ihrem Chef gesprochen und heute bereits zweimal mit Arne
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