Das weiße Grab
ich habe dich doch nicht gestört?
Prinzessin Pauline: Wie meinst du das?
Mads aus Rødovre: 1 / 3 2 / 3 1 / 8 3 / 8 5 / 8 7 / 8 7 / 8 5 / 8 3 / 8 1 / 8 2 / 3 1 / 3
Prinzessin Pauline: Das ergibt nur Hieroglyphen. Was hast du gesagt?
Mads aus Rødovre: Hexenmutter mit den kohlrabenschwarzen Haaren, die Uhr tickt, die Uhr tickt.
Pauline ganz allein: Du meinst wohl gelbgrün?
Mads aus Rødovre: Nein, nein, kohlrabenschwarz, du widerliche Hure.
Mads aus Rødovre: Sende Nachrichten, starte Nachrichten, genieße Nachrichten.
Sie blickte nervös über ihre Schulter zur Tür des Arbeitszimmers, während das Windows-Messenger-Fenster verschwand. Eine Sanduhr zeigte ihr an, dass der Computer mit etwas arbeitete, um das sie nicht gebeten hatte.
Sie wusste, was jetzt kam, und ganz richtig erschien plötzlich ein weinendes, angstverzerrtes Gesicht, das sie sofort erkannte. Jeanette Hvidts ersticktes flehentliches Schluchzen dröhnte brutal aus den Lautsprechern, während das Mädchen den Kopf wild vor und zurück warf, um seinem Schicksal zu entgehen.
»Ich will nicht, Sie dürfen das nicht tun, lassen Sie mich in Ruhe!«
»Er ist böse auf sie, sie war unartig, sie hat noch einen Stoß mit dem Stock verdient.«
»Nein, nein, ich tue ja alles, was Sie sagen, alles, um was Sie mich bitten.«
»
Alles, was
er
sagt, alles, um was
er
bittet. So heißt das.
«
»Ich tue alles, was er sagt, alles, um was er mich bittet.«
»Dann erzählt sie von dem Lied.«
»Dieses Lied ist für dich, Pauline.«
»Sie darf nicht heulen, wenn sie das sagt. Sonst bringe ich sie zum Heulen.«
»Nein, nein, Entschuldigung, ich mache es ja, tun Sie das nicht, ich mache es ja.«
»Dann sagt sie es noch einmal, dieses Mal aber mit einem Lächeln auf ihrem bösen Gesicht.«
Pauline sah paralysiert zu, wie Jeanette Hvidt zu lächeln versuchte, während die Tränen ihr über die verweinten Wangen strömten. Der Film ging weiter:
»Dieses Lied ist für dich, Pauline.«
»Dann singt sie das Lied.«
»Kannst du erraten, wo er ist, kannst du erraten, wo er ist, denn ich trage eine Maske, misk mask Maske …
»Nein, sie singt das falsch. Denn er trägt eine Maske, das ist ja das Lustige. Wie dumm sie doch ist. Also noch einmal, sie singt noch einmal, aber richtig, sonst kriegt sie den Stock zu spüren.«
Jeanette Hvidt sang noch einmal, gepeinigt und wahnsinnig vor Angst. Ihre Stimme klang furchtbar, befremdlich und herzzerreißend, aber das war nicht der Grund dafür, dass Pauline Berg ihre Hände auf die Ohren gepresst hatte.
»Kannst du erraten, wo er ist, kannst du erraten, wo er ist?«
Plötzlich hörte das Lied auf. Die Kamera zoomte ein bisschen zurück und das Bild erstarrte, zerbrach in Zehntausende asynchroner Splitter, baute sich dann aber wieder auf. Dieses Mal weinte Jeanette Hvidt nicht, sondern saß wie vor Angst erstarrt da und presste sich die Hände auf die Ohren, während der Belphégor-Dämon sich von hinten näherte. Sie ballte die Hände zu Fäusten, Jeanette ballte die Hände zu Fäusten, der Dämon hinter ihr wurde größer und größer, bis sie die wachsamen Augen hinter der scheußlichen Maske deutlich erkennen konnte – und verstand: Die kleine Kamera, die am oberen Rand ihres Bildschirms klemmte, zeigte längst nicht mehr Jeanette Hvidt.
Pauline Berg wirbelte in einem Adrenalinschock herum, der sie beide überraschte.
Der Mann hinter ihr trat einen Schritt zurück. Sie packte das Erstbeste, was sie finden konnte, einen robusten Keramikbecher, der neben der Tastatur stand, hörte sich selbst schreien, während ihr Hirn sie unablässig mit Warnungen bombardierte, dass das das Dümmste war, was sie tun konnte. Sein reflexartiger Rückzug gab ihr gerade genug Zeit, um sich in Verteidigungsposition zu stellen. Sie spreizte die Beine leicht, drehte ihm die Seite zu und hob die Kaffeetasse. Wenige Meter voneinander entfernt, standen sie sich eine gefühlte Ewigkeit gegenüber. Hinter ihr begann eine Frau wie ein gequältes Tier zu heulen. Pauline ignorierte es und konzentrierte sich auf ihren Gegner, wohlwissend, dass ihre Chancen mit jeder Sekunde, die verging, stiegen. Sein Überraschungsmoment war verflogen, und je länger sie ihn ansah, desto geringer wurde ihre Angst. Die Maske war im Kampf kein Vorteil für ihn, im Gegenteil, sie grenzte sein Blickfeld ein. Langsam wackelte sie mit schräg gestellten Füßen und leicht gebeugtem Oberkörper auf ihn zu und bereitete sich vor, ihm einen Tritt zwischen die Beine
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