Das weiße Grab
halten.
Auch die Comtesse gähnte. Der Vormittag und ein Großteil der Nacht waren mit der Koordination der Fahndung nach den beiden Frauen vergangen, wobei alle Kapellen und Krypten erste Priorität hatten. Die mühsame Arbeit hatte ein konzentriertes, methodisches Vorgehen verlangt, und jetzt, da die Planung überstanden war, konnten sie eigentlich nur noch warten. Warten und hoffen.
Ein Zittern um die Augen verriet den inneren Zustand der Comtesse, die sich die Schläfen mit den Fingern leicht massierte, während sie sich selbst davon zu überzeugen versuchte, dass sie noch eine Chance hatten. Sie sah zu ihrem Chef hinüber, der noch immer mit zusammengekniffenen Augen dasaß. Irgendwie wirkte er abwesend. Er hatte die letzten drei Tage hart gearbeitet, alle angetrieben und aus jedem das Letzte herausgeholt. Persönliche Befindlichkeiten hatte er ebenso tyrannisch wie konsequent vom Tisch gefegt, so dass die ganze Abteilung sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Dasselbe galt sicher auch für ihn, auch wenn er nicht darüber sprach. Seit dem Treffen am vergangenen Abend hatte er sich in sich zurückgezogen und war auch für sie nur noch schwer greifbar.
Endlich sagte er: »Wir haben nur einen Punkt zu besprechen, nämlich Andreas Falkenborgs Aufenthaltsort und sein Lager, im Klartext geht es also um alles, was wir noch über den Schlüssel, sein Auto und seinen Computer herausfinden konnten, sowie um mögliche Resultate, die Kapellen und Krypten betreffend. Das mit dem Auto ist dein Bereich, Poul. Wie sieht es da aus?«
Poul Troulsen nahm sein Notizbuch hervor und blätterte durch die Seiten.
»Vielleicht sollte ich zuerst erwähnen, dass Pauline tatsächlich ein paar handfeste Beweise gegen Andreas Falkenborg beschafft hat. Ich habe gerade mit Vibeke Behrens gesprochen, die 1996 und 1997 allem Anschein nach Catherine Thomsens Geliebte war. Es hat sich dabei herausgestellt, dass sie Andreas Falkenborg tatsächlich kannte …«
Konrad Simonsen sagte ruhig: »Poul, sein Auto. Das andere ist im Moment wirklich belanglos.«
Poul Troulsen wirkte einen Moment lang verwirrt. Dann akzeptierte er die Zurechtweisung.
»Ja, natürlich. Entschuldige, ich bin einfach schrecklich müde. Also, sein Auto ist seit Beginn der Fahndung an mehr als fünfzig Stellen im Bereich der Hauptstadt gesehen worden, davon allein fünfzehnmal in den letzten zwei Stunden, also nachdem wir die Meldung herausgegeben haben, dass der Wagen jetzt rot ist. Die interessanteste Beobachtung ist auf einem Parkplatz nicht weit vom Bahnhof Skovlunde gemacht worden, circa zehn Kilometer nördlich von …«
»Wir wissen, wo Skovlunde ist. Wissen wir, was er da gemacht hat?«
»Ja, er hat sich an einer Würstchenbude etwas zu essen geholt. Eine Frau hat es gewagt, mit ihrem Handy ein Foto von ihm und seinem Auto zu machen. Danach hat sie uns angerufen, doch als wir dorthin kamen, war er über alle Berge. Dadurch wissen wir jetzt aber mit Sicherheit, dass sein Auto wirklich rot ist.«
»Wie lange hat es gedauert, bis wir da waren?«, fragte die Comtesse. »Ich meine die komplette Observationsgruppe, nicht bloß der erste Beamte.«
»Weniger als eine halbe Stunde. Die Leute vom PET sind wirklich effektiv.«
»Eine halbe Stunde? Das beeindruckt mich jetzt nicht sonderlich.«
»Dann kennst du dich mit den Verhältnissen nicht aus, eine halbe Stunde ist wirklich gut. Hätten wir selbst diese Aktion durchführen müssen, wären mindestens …«
Konrad Simonsen unterbrach die beiden: »Okay, okay. Weiter im Text. Wo ist er sonst noch gesehen worden?«
»Um 8.35 Uhr an der Würstchenbude und später im Baumarkt in Buddinge. Der liegt unmittelbar neben dem dortigen Bahnhof. Da hat er um 9.16 Uhr zehn Säcke Fertigbeton gekauft und bar bezahlt.«
»Was will er denn damit?«, fragte Ernesto Madsen.
Es war Konrad Simonsen, der ihm seine Frage beantwortete. Er wusste bereits von diesem Einkauf und hatte Zeit gehabt, sich Gedanken zu machen.
»Die realistische Annahme lautet leider, dass er damit einen Kellerboden reparieren will. Das können Sie sich eigentlich selbst ausrechnen.«
»Klar kann ich mir das selbst ausrechnen«, sagte der Psychologe, »aber unter Umständen sind das ja gute Neuigkeiten.«
»Wie meinen Sie das denn?«
»Ich glaube, dass er erst eine der beiden töten wird, wenn alles vorbereitet ist, mit anderen Worten könnte das bedeuten, dass er den Zeitpunkt des ersten Mordes mindestens bis heute Vormittag aufgeschoben hat. Das
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