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Das weiße Grab

Das weiße Grab

Titel: Das weiße Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Hammer , Søren Hammer
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fragte Jeanette Hvidt nach einer Weile.
    »Ich denke schon, aber ich habe kein Auto gehört.«
    Sie warteten noch eine Weile, ohne dass etwas geschah. Wieder war es Jeanette Hvidt, die das Schweigen brach: »Und uns findet wirklich jemand?«
    »Ja, genau das wird passieren.«
    »Du hast gesagt, dass sie bereits dabei sind, die Bunker zu durchkämmen. Ist das wirklich eine Standardprozedur?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Wie viele Leute sind da im Einsatz?«
    »Keine Ahnung.«
    »Du lügst doch, das war eine Lüge, nicht wahr?«
    »Du warst sehr mutig, Jeanette. Dein Mut hat dir das Leben gerettet.«
    Ihr Ablenkungsmanöver gelang nicht, Jeanette Hvidt wollte jetzt die Wahrheit wissen: »War das jetzt eine Lüge oder nicht?«
    Pauline Berg antwortete wütend.
    »Ja, das war eine Lüge. Eine Lüge, die bewirkt hat, dass du da auf dem Stuhl sitzt und nicht schon unten im Loch bist, während er dein Grab zuschaufelt und dich wieder einbetoniert. Bist du jetzt zufrieden?«
    Andreas Falkenborgs triumphierendes Heulen erfüllte den Raum, als er plötzlich ohne Maske in der offenen Tür stand.
    »Ich wusste es, ich wusste es, du hast versucht, mich zu betrügen, du Lügnerin.«
    Dann war er wieder weg, um gleich darauf wieder zurückzukommen. Dieses Mal mit Maske und mit dicken Schallschützern auf den Ohren. In der einen Hand hielt er den Stock, in der anderen zwei Stücke Stoff, und über seinem Arm hing eine Decke. Der Anblick war lächerlich, aber keine der beiden Frauen lachte. Er stellte sich vor Jeanette Hvidt und rief: »Sie macht den Mund auf.«
    Das Mädchen gehorchte sofort, und er stopfte ihr einen der Stofffetzen in den Mund und legte ihr die Decke über den Kopf. Dann war Pauline Berg an der Reihe. Sie biss erst die Zähne zusammen, doch als er ihr den Stock nur wenige Zentimeter vor den Hals hielt, öffnete auch sie den Mund.
    Andreas Falkenborg nahm die Ohrenschützer und seine Maske ab und legte sie auf den Boden, und in der Stunde, die folgte, musste Pauline machtlos zusehen, wie er arbeitete. Zwischendurch verließ er den Raum, um weiteres Material zu holen. Eine große Plastikwanne, zwei Eimer Wasser, acht Säcke Betonmischung, Maurerwerkzeug und ein langes Abziehbrett. Hin und wieder redete er mit ihr, um sie zu verhöhnen, ganz alltägliche Dinge, Gleichgültigkeiten, dann aber beschimpfte er sie wieder und stieß die finstersten Drohungen aus.
    »Früher musste man den Beton noch selber mischen. Aber das Mischungsverhältnis konnte man sich ganz leicht merken: Ein, zwei, drei – also ein Teil Zement, zwei Teile Sand und drei Teile Kies oder Schotter. Heute macht das niemand mehr. Heute kauft man das Zeug fertig gemischt, so dass man direkt loslegen kann.«
    Als Letztes holte er einen kleinen Tisch und stellte ihn neben dem Grab auf. Vorsichtig hob er seine Maske auf und legte sie auf den Tisch. Er ging weg, kam aber gleich wieder mit einer Schere, einem Lippenstift, einer Rolle Klebeband und einer Plastiktüte zurück.
    »So, der Beton muss jetzt nur noch hart werden, und dann können wir loslegen. Anschließend kannst du auf deinem Stuhl verrotten, dann sehen wir ja, wie sehr die nach dir suchen. Ja, heul nur, soviel du willst. Jetzt liegst du, wie du dich gebettet hast, mir kannst du gestohlen bleiben, du Heulsuse.«

[home]
    55
    E in Hochdruckgebiet, das den Meteorologen zufolge die nächsten Tage anhalten sollte, hatte seine Ankunft vermeldet und den grauen Sprühregen am Morgen verdrängt. Jetzt brannte wieder die Sonne auf die Fenster des Morddezernats herunter. Drinnen hatten sich Konrad Simonsen, die Comtesse, Poul Troulsen und Ernesto Madsen in Konrad Simonsens Büro versammelt. Alle vier schwitzten, und die drei anwesenden Männer sahen müde aus. Nur die Comtesse machte einen einigermaßen frischen Eindruck, was primär wohl auf ihr Make-up zurückzuführen war.
    »Worauf warten wir eigentlich?«, fragte Poul Troulsen und gähnte.
    »Auf nichts, ich versuche bloß nachzudenken«, erwiderte Konrad Simonsen.
    Der ältere Beamte musterte seinen Chef. Konrad Simonsen sah noch verschlossener aus als am Tag zuvor, aber auch das Gesicht der Comtesse glich nunmehr einer straffen Maske. Eigentlich wunderte ihn das nicht, denn mit jeder Minute, die verging, ohne dass die Frauen – oder wenigstens Andreas Falkenborg – gefunden wurden, sanken die Chancen für einen glücklichen Ausgang. So etwas musste an die Substanz gehen. Er gähnte noch einmal, dieses Mal, ohne sich die Hand vor den Mund zu

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