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Das weiße Grab

Das weiße Grab

Titel: Das weiße Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Hammer , Søren Hammer
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handfeste Beweise und einen Haftbefehl. Und vermutlich landet er dann doch nur in der Psychiatrie in Nykøbing Seeland.«
    »Und wegen diesem Arsch haben zwei Leute gekündigt, aber versteh mich nicht falsch, ich weiß natürlich, dass die Morde, ob es nun zwei oder drei sind, viel, viel schlimmer sind. Trotzdem haben mich diese Kündigungen ziemlich getroffen. Mir persönlich ist dieser ganze Mist auch verdammt an die Nieren gegangen, dabei war ich bei der Stevns-Sache ja nur am Rande beteiligt. Deshalb war ich bei deinem Bericht am Montag auch nicht da, ich hätte das einfach nicht ertragen.«
    »Ich hätte fast als Dritter gekündigt, das ist dir schon klar, oder?«
    »Ja, das weiß ich, und eigentlich war das nur wieder einer von meinen etwas plumpen Versuchen, dich zu fragen, wie es dir geht.«
    »Wenn er nach Catherine Thomsen noch jemanden getötet hat … ich weiß nicht … wage gar nicht daran zu denken, aber ansonsten … es geht so.«
    Poul Troulsen sah seinen Chef missbilligend an. Die Antwort lud nicht gerade zu einem ausführlicheren Gespräch über dieses Thema ein, und er konzentrierte sich auf die Fahrt. Konrad Simonsen vertiefte sich wieder in seine Papiere.

    Eine Stunde später hatten sie ihren Bestimmungsort beinahe erreicht. Poul Troulsen hupte kurz, um Arne Pedersen und Pauline Berg ein Zeichen zu geben, als er von der Straße in Richtung Jungshoved abbog, während seine Kollegen geradeaus weiterfuhren. Eine sanfte, freundliche Landschaft entfaltete sich vor ihnen, und gleich darauf hatten sie freien Blick auf den Bøgestrømmen, die geschwungene Fahrrinne zwischen Seeland und Møn. Fünf Minuten später hielten sie an der Spitze der Landzunge vor einem kleinen Häuschen nahe der Kirche Jungshoved. Sie stiegen aus, sahen sich um und streckten sich nach der langen Fahrt. Das Haus bestand aus zwei kurzen, weißgekalkten Gebäudeflügeln, die einen scharfen Kontrast zu dem Schwarz des veralgten, mit Betonziegeln gedeckten Dachs bildeten. Der kleine, verwilderte Garten bot Platz für ein paar schöne, alte Obstbäume und eine von Unkraut überwucherte Terrasse, die einen Übergang vom Wohnzimmer zu einer Rasenfläche darstellte. Eine hohe Buchenhecke verwehrte den Blick auf die Kirche. Konrad Simonsen musste unwillkürlich an all die Bücher denken, die er als Junge verschlungen hatte. Die Anhänger von Hauptmann Gønge hatten in den Schwedenkriegen gerade bei Jungshoved zahlreiche Kämpfe mit den Schweden ausgefochten, wobei er nicht wusste, ob das nur Fantasie oder wirklich Teil der dänischen Geschichte war.
    Poul Troulsen stellte nüchtern fest: »Das war früher bestimmt ein Häusler vom Kirchengut.«
    »Bestimmt. Sag mal, wie hast du das vorhin genannt?«
    »Einen Kotten. Das hat mein Vater immer gesagt, der war aus Südjütland.«
    »Das Wort habe ich noch nie gehört. Hat das was mit Ärmlichkeit zu tun?«
    »Nein, das ist bloß ein anderes Wort für eine Häuslerkate, ob verfallen oder nicht, spielt dabei keine Rolle.«
    Am Haus wurden sie von einem Mann Mitte sechzig empfangen, der ihnen grußlos die Tür öffnete und sie mit einer Armbewegung hereinbat. Er wirkte ungepflegt, er sah älter aus, als er war, und seine glasigen Augen trieften fast. Auch seine Kleidung war in einem derart schlechten Zustand, dass sich nicht einmal ein Secondhandladen dieser Sachen erbarmt hätte. Das niedrige Wohnzimmer, in das sie geführt wurden, war trotz des sonnigen Wetters dunkel, und es verging eine ganze Weile, bis die beiden Beamten sich an das schwache Licht gewöhnt hatten. Die Möblierung war sparsam, und die Polster waren abgewetzt, aber alles passte irgendwie zusammen und war sicher einmal teuer gewesen. Der Mann bat sie, auf dem Sofa vor dem niedrigen Eichentisch Platz zu nehmen, und setzte sich ihnen gegenüber auf den Sessel. Er hatte Tee gekocht und goss ihnen ein, ohne zu fragen. Konrad Simonsen nahm einen Schluck und dachte, dass der Tee überraschend gut schmeckte. An dem einen Ende des Tisches standen zwei Fotografien, die dort allem Anschein nach für diesen Anlass plaziert worden waren. Die eine zeigte ein kleines, properes Mädchen in einem Overall, das auf einer Schaukel saß und sich von seinem Vater anschubsen ließ, während es wie eine Primadonna in die Kamera lächelte. Das andere zeigte eine knochige Dreizehnjährige in einem weißen Kleid und mit ungewohnt hohen Schuhen. Sie stand etwas wackelig vor einer Kirche, es war aber nicht das Nachbargebäude. Die vergoldeten Rahmen

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