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Das weiße Grab

Das weiße Grab

Titel: Das weiße Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Hammer , Søren Hammer
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andere Sache, die mich verwundert. Sollte er töten, um Dominanz auszuüben, was ich anfänglich geglaubt habe, stellt sich die Frage, warum er das im Dunkeln tut. Der Effekt seines dominanten Verhaltens und damit sein Genuss bei dem Mord wäre doch viel größer, wenn er die Reaktionen der Frauen deutlich erkennen könnte, was bei künstlichem Licht an einem dunklen Strand oder in der grönländischen Polarnacht nicht der Fall ist. Viele Dominanzmörder töten ihre Opfer aus diesem Grund nicht an dem Ort, an dem sie die Leichen später ablegen. Außerdem investiert er viel, um Carl Henning Thomsen den Mord an seiner Tochter anzuhängen. Das passt ganz und gar nicht zu einem Dominanzmotiv, bei dem der Mörder auch noch nach der Tat häufig einen richtiggehenden Anspruch auf das Opfer und das eigentliche Verbrechen geltend macht. Wie ein Jäger, der stolz auf die Tiere ist, die er erlegt hat, und mit den Trophäen seine Wand schmückt. Bei Catherine Thomsen geschieht das genaue Gegenteil. Das ist jetzt vielleicht der Moment, an dem ich betonen sollte, dass sein Eifer, Carl Henning Thomsen in eine Falle zu locken, wie auch sein seltsames Verhalten 1990 , als er das Schwein an diesem Baum aufhängt, um die Nachbarn zu quälen, zwei Punkte in seinem Verhaltensmuster sind, die ich schlichtweg nicht verstehe.«
    Er hielt inne und blickte in die Runde: »Das passt nicht zu seinem sonstigen Verhalten, und ich denke dabei nicht nur an die Morde, sondern auch an die Zeugenaussagen, die ihn als einen stillen, tüchtigen, freundlichen Mann beschreiben, der allerdings mitunter sehr naive, wenn nicht infantile Züge hat. Haben Sie irgendwelche Vorschläge?«
    »Die Frage ist doch, ob er auch als Kind still und tüchtig war«, stellte Arne Pedersen kategorisch fest.
    Die Augen des Psychologen flackerten einen Moment unsicher hin und her.
    »Ja, das könnte durchaus ein interessanter Ansatzpunkt sein. Weitere Vorschläge?«
    Seine vier Zuhörer schüttelten alle den Kopf, und Konrad Simonsen warf ein: »Das hat mich auch gewundert. Das Schwein und sein sonstiges Verhalten passen nicht zusammen, ich hatte nur gehofft, dass Sie uns in diesem Punkt weiterhelfen könnten. Irgendwas mit einer gespaltenen Persönlichkeit?«
    »Nein, er ist nicht schizophren, wenn Sie das meinen. Absolut nicht. Aber wir müssen das vielleicht einen Moment zurückstellen, außer …«
    Er sah noch einmal in die Runde, aber niemand hatte eine Idee.
    »Der letzte und entscheidendste Punkt, weshalb ich sowohl Dominanz als auch sexuelle Beweggründe als Motive ausschließe, ist, dass er nicht aufdringlich ist und die Abkühlungsphase, also die Periode zwischen den Morden, viel zu lang ist. Wäre er dominanzgesteuert oder mordete er aus sexuellen Gründen, hätten wir es sicher mit viel mehr Morden zu tun. Meine Schlussfolgerung lautet also, dass er durch seine Untaten keine Befriedigung erfährt. Denken Sie an meine anfänglichen Vorbehalte. Am größten sind meine Zweifel in puncto Maske. Erlebt er eine gewisse Befriedigung dadurch, dass seine Maske die Frauen in noch größere Panik versetzt?«
    Konrad Simonsen hatte ganz klar eine andere Schlussfolgerung erhofft.
    »Aber was jetzt? Jetzt stehe ich wie der Ochse vor dem Berg.«
    »Genau! Was jetzt? Die englischen oder genauer gesagt amerikanischen Bezeichnungen für diese Gruppen sind
thrill killers, lust killers
und
power seeker,
und wenn wir Andreas Falkenborg in keiner dieser Gruppen plazieren wollen, lautet die entscheidende Frage natürlich, welche Gruppen noch übrig bleiben. Es gibt tatsächlich noch vier weitere, aber auch diese vier passen nicht wirklich auf ihn. Betrachten wir die vier Gruppen genauer, können …«
    Arne Pedersen unterbrach ihn: »Okay, wir können keine der vier Gruppen gebrauchen. Vielleicht sollten wir uns eher für das interessieren, von dem wir nicht wissen, dass wir es nicht wissen, statt für das, von dem wir wissen, dass wir es nicht wissen.«
    Pauline Berg sah zu ihm hinüber und stieß ihn freundschaftlich an. »Davon verstehe ich rein gar nichts. Was zum Henker meinst du damit? Und könntest du es vielleicht sein lassen, meinen Kaffee zu trinken? Du hast deinen eigenen.«
    Konrad Simonsen nahm sein Handy hervor, stand auf und drehte den Anwesenden den Rücken zu. Kurz darauf sagte er: »Es tut mir leid, aber ich habe gerade etwas erfahren, das nicht warten kann. Wir müssen zehn Minuten Pause machen. Arne, kannst du mir vielleicht helfen?«

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    D as kleine

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