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Das weiße Grab

Das weiße Grab

Titel: Das weiße Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Hammer , Søren Hammer
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diese publiziert worden waren. Seine Worte klangen nicht prahlerisch, sondern dienten nur zu seiner persönlichen Rechtfertigung, wieso er hier saß. Seine Einleitung wurde deshalb mit freundlich interessiertem Nicken aufgenommen, begleitet von mehr oder weniger effektiven Versuchen, die zunehmende Ungeduld zu kaschieren. Irgendwann wurde es Konrad dann aber doch zu viel:
    »Niemand hier an diesem Tisch bezweifelt Ihre Kompetenz. Außerdem sind wir ja nicht hier, um Ihre Qualifikation zu beurteilen, sondern um zu hören, was Sie uns über Andreas Falkenborg sagen können.«
    Der Mann errötete etwas und fingerte hektisch an seinen Papieren herum, was Konrad Simonsen bewog, noch etwas hinzuzufügen: »Ich merke, dass Sie nervös sind, aber dafür gibt es keinen Grund. Wir erwarten keinen formvollendeten Vortrag und sicher auch nicht, dass Sie uns all unsere Fragen beantworten können. Außerdem weiß ich Ihre Kompetenz wirklich zu schätzen. Deshalb sind Sie ja hier.«
    Seine Worte beruhigten den Psychologen sichtlich, der schüchtern lächelnd erwiderte: »Ja, ich gebe gerne zu, dass ich ein bisschen aufgeregt bin. Aber ich denke, ich habe mich gut vorbereitet, und ich möchte gerne damit beginnen, Andreas Falkenborgs psychologisches Profil zu skizzieren, sagen wir im Vergleich zu dem Standardprofil eines Serienmörders. Es gibt da nämlich interessante Übereinstimmungen, aber auch nicht minder interessante Abweichungen. Unter anderem kann ich ihn keiner Gruppe zuordnen, und das sagt eine ganze Menge darüber aus, was er
nicht
ist.«
    »Das würden wir gerne hören.«
    »Ich habe das alles aufgeschrieben, kann jetzt aber meine Unterlagen nicht finden. Ist es okay, wenn ich … ah, da sind sie ja, Gott sei Dank. Tut mir leid.«
    Er sah sich um, das Eis war gebrochen, und Pauline Berg hatte den Eindruck, dass seine Augen jetzt beinahe fröhlich wirkten.
    »Zuerst will ich einmal festhalten, dass Andreas Falkenborg, ausgehend von der Definition, mit der ich arbeite, nicht als Serienmörder bezeichnet werden kann, da das wesentlichste Kriterium, nämlich die Täterschaft bei mindestens drei
dokumentierten
Morden, nicht erfüllt ist. Ich betone das Wort
dokumentiert,
wobei ich damit nichts über die Wahrscheinlichkeit aussagen möchte, dass auch die dritte Frau, also Annie Lindberg Hansson, von Andreas Falkenborg ermordet worden ist. Eine qualifizierte Aussage darüber steht mir nicht zu. Umgekehrt können wir ihn, obwohl er formell nicht als Serientäter eingestuft werden sollte, mit dem generellen Profil eines Serienmörders vergleichen.«
    Er blickte auf und erntete ein Nicken. Keiner der Anwesenden verspürte den Drang, ihrem Verdächtigen auch noch das Prädikat Serienmörder anzuheften.
    »Die erste Ähnlichkeit mit einem Serienmord, die einem gleich ins Auge fällt, ist das hohe Niveau der Ordnung, das bei beiden Morden an den Tag gelegt wurde. Eine Ordnung, die rituelle Züge trägt. Häufig töten Serienmörder ihre Opfer jedes Mal auf die gleiche Weise. Als ein Beispiel von vielen kann ich John Wayne Gacy nennen, der in den siebziger Jahren in Chicago dreiunddreißig Jungen mit einer Garotte umgebracht hat, während er ihnen aus der Bibel vorlas. Eine Garotte ist so ein Stab mit einer Drahtschlinge. Beide von Andreas Falkenborg verübten Morde ähneln sich bis ins kleinste Detail, und ich bin mir fast sicher, dass die Frauen vor ihrem Tod die gleiche Tortur durchlaufen haben. Vertrauen wir auf Rikke Barbara Hvidts Zeugenaussage, die ich heute Morgen noch gelesen habe, besteht diese Tortur darin, dass er die Frauen erst einmal isoliert, indem er sie an einen ungestörten Ort bringt, ihnen dann die Hose auszieht, nicht aber den Slip, und schließlich dafür sorgt, dass ihre Brüste zu sehen sind, indem er ihnen die Blusen aufreißt und den BH auszieht. Er schneidet ihnen die Nägel, oder tut so, klebt ihre Hände an die Schenkel, trägt ihnen Lippenstift auf und erstickt sie schließlich mit einer durchsichtigen Plastiktüte, die er ihnen über den Kopf zieht und am Hals festbindet. Des Weiteren sind ihre Gräber vorher bereits ausgehoben worden, was er vor ihnen nicht zu verbergen versucht. Einige Definitionen des Begriffes Serienmörder fordern, dass die Vorgehensweise gleich sein muss, und dieses Kriterium scheint Andreas Falkenborg offensichtlich einzuhalten. Auch wenn das statistische Material – zum Glück, wie ich hinzufügen möchte – noch nicht umfangreich ist, bin ich überzeugt davon, dass er –

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