Das weiße Grab
dein Datenbankprogramm mit diesen Kreuzverweisen einfach effektiver und verlässlicher ist als unser Gedächtnis. Wir müssen Andreas Falkenborgs Kindheit auseinandernehmen, eventuell auch seine frühe Jugend, und ich würde gerne sehen, was du dem Computer entlocken kannst, bevor wir in alle nur erdenkliche Richtungen ausschwärmen.«
Konrad Simonsen zeigte auf einen Computer, der so plaziert war, dass alle auf den Bildschirm blicken konnten. Malte Brorup setzte sich.
»Nichts für ungut, aber warum nutzt ihr das System nicht selbst? Ich habe doch ein komplettes Interface geschrieben, in dem ihr Suchbegriffe und SQL -Befehle eingeben könnt, wenn ihr wollt. Ist meine Anleitung so schlecht?«
Poul Troulsen klopfte ihm auf die Schulter.
»Nein, das Problem sind wir, wir sind zu schlecht und zu träge. Aber darüber reden wir ein andermal.«
»Außerdem gibt es Suchbefehle und Suchbefehle«, ergänzte Konrad Simonsen.
Malte Brorups Nacken änderte die Farbe, das Thema war delikat, trotzdem fuhr Konrad Simonsen fort: »Die Suchbefehle, die wir eingeben, oder eben nicht eingeben, sind irgendwie nicht so, sagen wir mal, tiefgehend wie deine.«
Der Student versuchte, sich zu verteidigen: »Die Comtesse sagt, dass wir den Richtern viel Zeit ersparen, wenn wir nicht erst um Erlaubnis fragen, wenn wir uns sicher sind …«
»Ich will nichts davon wissen. Aber was kannst du für uns über Andreas Falkenborgs Kindheit herausfinden? Ich bin mir vollkommen darüber im Klaren, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht viel haben, aber vielleicht kannst du uns ja ein paar anständige Zeugen nennen, mit denen wir anfangen können, auch wenn es lange her ist.«
»Du meinst, über die Dienstmädchen hinaus?«
Malte Brorup verstand nicht, was los war, als er keine Antwort bekam.
»Ist es falsch,
Dienstmädchen
zu sagen? Aber die beiden haben sich doch selbst so genannt. Oder heißt das Hausmädchen oder vielleicht Haushaltshilfe?«
Als er noch immer keine Antwort bekam, drehte er sich um. Die drei Kriminalbeamten standen wie entgeistert hinter ihm. Keiner wusste etwas von irgendwelchen Dienstmädchen, denn wie genial Malte Brorup an seinem Computer auch sein mochte, fehlte ihm oft der Durchblick, um seine Erkenntnisse auch aus dem Blickwinkel der Ermittlungen zu betrachten. Konrad Simonsen war der Erste, der wieder die Fassung fand: »Wir wussten nicht, dass damals in seinem Elternhaus Dienstmädchen verkehrten. Wie hast du das herausgefunden?«
»Ganz legal. Manche Kommunen digitalisieren ihre Bevölkerungsregister auch noch rückwirkend, das heißt, sie scannen die alten Archive ein und stellen sie ins Internet. Das ist irgend so ein Forschungsprojekt. Eine Zusammenarbeit zwischen dem CPR -Register und der Uni Kopenhagen. Die Gemeinde Rudersdal macht mit, und die haben ihr Archiv inzwischen bis 1920 digitalisiert, also weit über die Periode hinaus, die für euch interessant ist.«
»Du kannst also sehen, wer bei der Adresse in Holte gemeldet war, wo Andreas Falkenborg gewohnt hat?«
»Genau, und ich habe auch eine Liste über diese Dienstmädchen gemacht. Die ist im System gespeichert.«
»Ich bezweifle nicht, dass du diese Liste gemacht hast, aber kannst du die auch aufrufen?«
Malte Brorup tippte etwas in die Tastatur, und kurz darauf tauchte eine ganze Reihe von Frauennamen auf dem Bildschirm auf.
»Das waren elf Stück von 1956 bis 1967 . Die meisten davon waren ein bis zwei Jahre da, manche aber auch nur einen Monat. Soll ich überprüfen, welche von denen noch leben?«
»Ja, gerne.«
»Dann müsst ihr warten, das dauert lange.«
Lange war in Malte Brorups Universum drei Minuten. Der Computer sagte ihnen, dass zwei der Dienstmädchen inzwischen verstorben waren.
»Kannst du herausfinden, wie alt sie waren, als sie bei der Familie Falkenborg angestellt waren?«
»Ja, aber dann müsst ihr wieder warten. Wenn du das vorher gesagt hättest, hätte ich das gleich mit abfragen können.«
»Wir warten gerne.«
Dieses Mal lag der Student allerdings falsch, denn die Daten kamen beinahe sofort.
»Seltsam, die müssen meine
records
zwischengespeichert haben, das ist neu, vielleicht haben die das System verbessert.«
Konrad Simonsens Fokus war auf eine andere Tatsache gerichtet.
»Alle im Alter zwischen neunzehn und dreiundzwanzig Jahren, das sieht vielversprechend aus. Malte, kannst du uns die aktuellen Adressen beschaffen und vielleicht auch die Telefonnummern?«
»Wenn sie in Dänemark wohnen, ist das kein
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