Das weiße Grab
Problem. Sonst wird es schwierig.«
»Und dann die große Frage: Wie sieht es mit Bildern aus?«
Malte Brorup blickte kurz auf die Uhr in der unteren rechten Ecke des Bildschirms und antwortete zögernd: »Bilder, das wird nicht so leicht.«
»Aber …«
»Wenn sie einen Pass oder einen Führerschein haben oder … ja andere Sachen – dann gibt es sicher ein Bild, aber das ist normalerweise nicht digital und dann … na, dann ist das nicht so einfach.«
»Und was machst du dann?«
Der Student wand sich, konnte aber den Druck, den die darauffolgende Pause auf ihn ausübte, nicht ertragen.
»Also, wir haben da so ein System, das auf Leistung und Gegenleistung basiert.«
»Wer ist wir?«
»Oh, viele. Alle möglichen Leute, die jeden Tag mit Computern arbeiten. Wir helfen einander und verdienen uns dadurch Punkte oder eben umgekehrt. Wir nennen diese Punkte
Guilt
oder bloß G. Das ist sehr effektiv, ich habe inzwischen schon eine Masse G.«
Konrad Simonsen konnte seine Verärgerung nicht zurückhalten: »Du willst mir damit aber nicht sagen, dass du polizeiliche Ermittlungsergebnisse gegen Gs eintauschst?«
»Nein, die Comtesse sagt …«
»Es ist mir vollkommen egal, was die Comtesse sagt. Du darfst unter keinen Umständen Daten aus unseren Archiven verkaufen, egal, ob die in G oder irgendeiner anderen Währung abgegolten werden.«
»Aber das tue ich doch gar nicht. Ich weiß doch, dass das streng verboten ist. Ich habe jeden meiner Gs damit verdient, dass ich bestimmten Leuten bei ihren Computerproblemen geholfen habe. Nie mit etwas anderem.«
Konrad Simonsen beruhigte sich wieder. »Das freut mich zu hören. Also, wie sieht das mit den Bildern aus?«
»Ich kann vielleicht jemanden dazu bringen, mir die Bilder der Mädchen einzuscannen und zu schicken. Dann können wir sie durch das LifeCyklus-Programm laufen lassen, wenn ihr wissen wollt, wie sie ausgesehen haben, als sie bei Familie Falkenborg angestellt waren. Aber das ist nur ein vager Anhaltspunkt, denn die Quelle ist bestimmt nicht sonderlich informativ.«
»Von welchem Zeitrahmen reden wir hier, Malte?«
»Eine halbe Stunde, vielleicht eine ganze. Also, Anita bringt mich um.«
»Ich rede mit ihr, fang du schon mal an.«
»Okay, dann rufe ich euch, wenn ich fertig bin? Ich meine, vielleicht könnt ihr in der Zwischenzeit etwas Besseres tun, als bloß zu warten …«
Sie verstanden seine Andeutung und ließen ihn allein.
Zwanzig Minuten später rief Malte Brorup sein Publikum zurück. Das G-System hatte erneut seine Effektivität bewiesen. Konrad Simonsen hatte die Pause genutzt, um sich über eine größere Portion Salat herzumachen, nachdem er die Aufgabe, Malte Brorups Freundin anzurufen, an Pauline Berg abgetreten hatte. Die zwei Frauen redeten noch immer miteinander, doch inzwischen ging es um Kleider und gute, billige Läden, so dass alle davon ausgingen, dass der Student nun erst einmal Ruhe hatte. Die zwei Männer starrten auf den Computerbildschirm. Sieben der neun Dienstmädchen hatten nun ein Gesicht bekommen, auch wenn die Verjüngungskur einigen von ihnen ein höchst animiertes Aussehen beschert hatte. Nichtsdestotrotz war allen sofort klar, welches der manipulierten Bilder das interessanteste war. Poul Troulsen sprach den Namen aus: »Agnete Bahn.«
Konrad Simonsen war der gleichen Meinung.
»Das Bild ist zwar etwas körnig und seltsam, aber es kommt den anderen ziemlich nahe, wenn sich die drei Ermordeten und Jeanette Hvidt auch noch ähnlicher sehen.«
»Ihr richtiges Aussehen kann deutlich von dem hier abweichen. Diese Führerscheinfotos sind klein und enthalten nicht so viele Informationen«, erklärte Malte Brorup.
»Wie alt war Andreas Falkenborg, als sie dort angestellt war?«, fragte Konrad Simonsen.
»Zehn bis elf Jahre.«
»Wo wohnt Agnete Bahn jetzt?«
»In Kopenhagen. Anscheinend in Østerbro.«
»Dann gehen wir sie doch mal besuchen.«
Pauline Bergs Reaktion unterschied sich deutlich von denen der anderen, als sie kurz darauf das Bild und den Namen von Familie Falkenborgs früherem Dienstmädchen sah.
»Oh nein – das kann doch nicht wahr sein. Hat sie etwas mit diesem Fall zu tun? Ich meine, war sie damals bei denen im Haus?«
Konrad Simonsen roch Lunte: »Kennst du sie?«
»Ob ich die kenne? Die ganze Sitte kennt die. Das ist Bordel Bahn.«
»Ich denke, ihren Erwerbszweig kenne ich damit schon.«
»Puffmutter und Zuhälterin, und zwar von der übelsten Sorte, behandelt ihre Mädchen wie den letzten
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