Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
Vom Netzwerk:
ankam, wenn man was erreichen wollte. Es ging um die richtige Vermarktung. Es ging um die USP, verdammte Scheiße! Und wenigstens die würde er mit seiner Aktion garantiert erreichen. Er selbst hätte sich nach dieser Nummer jedenfalls sofort eingestellt.
    Natürlich war Billy kein Vollidiot. Trotz seines Rausches hatte er den Bezug zur Realität noch nicht vollends verloren. Er wußte, daß andere Menschen andere Hirne hatten. Das hatte er im Studium gelernt. Selbst das beste Argument der Welt kann scheitern. Aber auch diese Möglichkeit schreckte ihn von seinem Vorhaben nicht ab. Da war er lieber Ironiker. Wenn BMW ihn am Ende nämlich lieber verhaften ließ, statt ihn einzustellen, so malte er sich zur Sicherheit das Worst-Case-Szenario aus, hätte er trotzdem etwas gewonnen. Er hätte schlicht eine gute Geschichte erlebt, die er eines fernen Tages seinen Enkelkindern erzählen könnte. Und allein dafür lohnte sich der ganze Aufwand schon, fand er. Besoffen betrachtet war es eigentlich sogar eine Win-win-Situation, in der er sich gerade befand. »Und deshalb, Herr Ober, Champagner, bitte. Aber schnell!«

Schrottplatz.
    Endlich mal wieder rundum zufrieden mit sich und der Welt und mit einem üppigen Grinsen auf dem Gesicht verließ Billy nach einer weiteren Vierteldrehung das Restaurant und nahm den Lift ins Erdgeschoß. Die Kraft der Trägheit lupfte dieZucchinicremesuppe und den Salat ein wenig nach oben, als es nach unten ging. Wieder mit sieben Metern pro Sekunde. Und wieder mit demselben Fahrstuhlführer. »Auch ein toller Job«, dachte sich Billy und drückte dem Mann zum Abschied fünf Mark in die Hand.
    Nach dem Gläschen Schampus mit einem Prost auf BMW sollte jetzt Schluß mit der Sauferei sein. Alles andere wäre schwer fahrlässig gewesen. Er war eh schon ziemlich angeschossen und außerdem hatte er am Nachmittag noch einen wichtigen Termin. In Ingolstadt. Und da sollte er halbwegs nüchtern sein. Mit der Polizei trifft es sich einfach besser, wenn man noch geradeaus gucken kann.
    Termin verschieben ging leider nicht. Billy mußte seine Sachen, die er gestern bei den Ingolstadt-Cops »ausnahmsweise zwischenlagern« durfte, unbedingt noch heute in Sicherheit bringen. »Spätestens morgen holen Sie Ihren Schrott wieder ab«, hatte Siggi zu ihm gesagt, als er gestern in der Autobahnpolizeistation Ingolstadt-Nord saß und wie gefordert »brav« seine Ordnungswidrigkeitsanzeige unterschrieb. »Sonst lassen wir das ganze Klump kostenpflichtig entsorgen. Wir sind hier schließlich keine Müllhalde, haben Sie mich?«
    Billy hatte ihn sofort. Und er hatte sich auch schon Gedanken gemacht, was mit seiner Schrottsammlung passieren sollte. Er mußte sie für eine Zeitlang irgendwo lagern. Solange, bis er sich in München häuslich eingerichtet hatte. Denn er brauchte natürlich nicht nur den Job bei BMW, sondern auch eine Wohnung. Eine mit Charme und Ausblick, hohen Dekken, damit die Aura nicht gequetscht wird, und am besten sogar mit Garten. Oder wenigstens mit einer schönen Dachterrasse. Und dann, wenn er das richtige Objekt gefunden hatte, würde er seine heißgeliebte Sammlung wieder aus ihrem Versteck holen, um ihr – vorzugsweise in einem eigenen Raum – eine neue Heimat zu geben.
    Bis zur Aktion »Job bei BMW« kalkulierte Billy runde vier Wochen. So etwas wollte gründlich vorbereitet sein. Er mußte sich neu einkleiden, benötigte fundierte Informationen über die Örtlichkeiten, brauchte trotz allem eine wasserdichte Bewerbungsmappe inklusive Vita und Examenszeugnis, er mußte den Kontakt zur Presse herstellen – wahrscheinlich zur München-Redaktion der ›SZ‹ –, und zudem wollte er seine Argumentation nochmals minutiös ausarbeiten. Wer nur eine einzige Chance hat, darf damit nicht leichtfertig umgehen.
    Der Showdown sollte etwa Mitte Juni stattfinden, und bis es soweit war, galt es vor allem unnötige Ausgaben zu vermeiden. Wie gesagt, Billys finanzielle Situation war alles andere als eine Einladung zu großen Sprüngen, im Moment. Kurzerhand eine Bude anzumieten, wäre da in jedem Fall ein Luxus gewesen, den er sich nicht leisten konnte. Wenn er aber seine Schrottsammlung zwischenlagerte, hätte er zumindest dieses Problem schon mal gelöst. Dann hätte er nämlich wieder eine leere Ladefläche in seinem Mercedes und damit ein herrliches Plätzchen, wo er seine Nächte verbringen konnte. Und vier Wochen ließ sich das locker aushalten, das wußte er. Sein Schlafsack war selbst für kühle

Weitere Kostenlose Bücher