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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
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dürfen, warum Sie überhaupt da sind, hier, ich meine auf der Erde. Und ich sage Ihnen, das wird ein Geschenk. Denken Sie an meine Worte. Da werden Sie mit weichen Knien zu Boden sinken und glauben, Sie seien verrückt. Ich freue mich schon darauf.«
    Dann machte Johann eine Pause, und Billy hatte endlich die Möglichkeit, sein Handy nach links seitenzuwechseln. Sein rechtes Ohr war schon ganz heiß geworden. Zum Nachdenken kam er allerdings nicht. Dafür war die Pause zu schnell vorbei.
    »Wir, also meine Freunde und ich, wir haben uns darüber beratschlagt, was wohl das rechte Vorgehen sei«, machte Johann nämlich weiter. »Angesichts der aktuellen Entwicklungen müssen wir jedoch abkürzen. Sie sind dabei, einen großen Fehler zu begehen, und das muß verhindert werden. Sie brauchen das auch nicht zu verstehen, mein Freund. Fragen Sie also nicht hinter. Das ist für Sie nicht von Bedeutung. Wichtig ist nur, daß Sie genau meine Anweisungen befolgen. Keine Eigenmächtigkeiten und vor allem keine Widerrede, haben Sie mich verstanden?«
    Stille.
    »Haben Sie mich verstanden, Billy?« wiederholte der Freie Herr von den Maaren seine Frage.
    »Äh, ja. Selbstverständlich«, sagte Billy und war wieder da.
    »Was ist der schwerste Gegenstand, den Sie in Ihrer Sammlung haben?« wollte Johann nun wissen. »Sie sagten, Sie hätten sie gerade vergraben.«
    Billy mußte nicht lange nachdenken.
    »Ich habe acht Kanonenkugeln«, antwortete er. »Da wiegt jede locker zehn Kilo.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Johann. »Dann graben Sie sie wieder aus.«
    »Und wieso, wenn ich fragen darf?«
    »Dürfen Sie nicht.«
    »Sagen Sie es mir trotzdem?«
    »Natürlich sage ich es Ihnen. Sonst würde das Ausgraben ja auch keinen Sinn machen, habe ich recht? Sie werden nämlich folgendes tun. Am 23. Mai ist Neumond. Das ist nächsten Mittwoch. Und das wird der Tag sein, an dem der Bigbird alle Ihre Sorgen verschwinden lassen und Sie Ihrer Bestimmung zuführen wird. Sie werden Ihre wahre Leidenschaft finden, nach der Sie schon so lange suchen. Und Sie müssen nicht einmal besonders viel dafür tun. Sie schneiden dem Bigbird einfach mit einem scharfen Messer den Bauchauf, füllen ihn mit den Kanonenkugeln und nähen den Bauch anschließend wieder zu. Am besten mit einem starken Draht. Und wenn Sie damit fertig sind, besorgen Sie sich ein Ruderboot, fahren mit dem Bigbird auf den Starnberger See hinaus und werfen ihn mit den Füßen voran über Bord. Der Starnberger See liegt übrigens südlich von München, also ganz in Ihrer Nähe. Schauen Sie auf einer Karte nach, wenn Sie nicht nach dem Weg fragen wollen. Ach ja, und ein Detail ist dabei noch von entscheidender Bedeutung. Wenn Sie den Birgbird dem Wasser übergeben, darf es nicht früher als 23 Uhr und nicht später als drei nach elf sein. Und wenn Sie sich daran halten, wird alles, was ich Ihnen gerade versprochen habe, ganz automatisch passieren. Gibt es dazu von Ihrer Seite noch Fragen?«
    Jede Menge, dachte sich Billy und antwortete trotzdem nur mit einem knappen: »Nein, Johann. Genauso wird’s gemacht. Ganz klar. Wie auch sonst?«
    »Ich wußte, ich kann mich auf Sie verlassen«, sagte der Freie Herr von den Maaren. »Und kommen Sie nicht auf die überflüssige Idee, mir zu danken, wenn es passiert ist. Sie haben mir schließlich keine andere Wahl gelassen, Sie verrückter Mensch. Und jetzt wünschen Sie mir eine gute Nacht. Obwohl ich gar nicht müde bin.«
    »Äh, gute Nacht, Johann«, sagte Billy.
    »Sie tun wohl alles, was ich ihnen sage«, sagte der Freie Herr von den Maaren. »Weiter so.«
    Damit war das Gespräch dann zu Ende. Billy kam nicht mehr zu Wort. Er hörte nur noch das Tuten in der Leitung.

Parallelwarze.
    Als Kind hatte Billy einmal eine Warze gehabt. Er war sieben Jahre alt, als er sie eines Tages bemerkte. Es war eine Dornwarze, sie war häßlich wie alle anderen Warzen auch und siehatte sich einen schönen Platz ausgesucht. Mitten in seinem rechten Handteller hatte sie sich eingenistet, um dort fröhlich vor sich hin zu wachsen. Billy war das natürlich sehr unangenehm, und weil er keinen Rat wußte, wie er das blöde Ding loswerden sollte, versuchte er, diesen Makel vor seiner Umwelt so gut es ging zu verstecken. Dazu lief er zunächst nur noch mit geballter Faust durch die Gegend und wölbte den Handrücken immer ein wenig nach außen, wenn er jemandem die Hand geben mußte. Aber es half nichts. Die Warze wuchs immer weiter. Und als sie irgendwann die Größe

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