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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
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immerhin. Studieren als Selbstzweck. Schöngeredeter Zeitgewinn zum Nachdenken über das Leben, und damit wenigstens ein Ziel. Erst mal sehen und dann weiterschauen. Und wieso auch nicht? Er war schließlich jung und würde es auch noch eine ganze Weile bleiben. Und wer weiß, dachte er sich damals voller Illusion und für einen kleinen Moment, vielleicht komme ich ja irgendwann auf den Geschmack? Es dreht sich schließlich ums Geld auf der Welt. Und wer sich da ein bißchen auskennt, dachte er weiter, der liegt nie falsch. Jedenfalls richtiger als einer mit einem Diplom in Tibetologie. Leider hatte er damit wahrscheinlich sogar recht.
    Aber eine Zukunft als Karrierist? Ein Dasein in der Sklaverei des beruflichen Weiterkommenwollens um jeden Preis? Er? Billy? Ein Leben für den blanken wirtschaftlichen Erfolg? Ohne Herz, dafür aber mit Herzinfarkt mit fünfundfünfzig? Und dann womöglich noch auf dem Golfplatz? Das konnte man sich nur schwer vorstellen, und da hatte ihn sein Vater schon richtig eingeschätzt. Als Billy eines Tages beim Abendbrot verkündete, daß er sich an der Uni Köln für das BW L-Studium eingeschrieben habe, fragte sein alter Herr nur: »Wozu?« Er kannte die tendenziell gemütliche Grundhaltung seines Sohnes und wußte daher, wohin das alles führen würde. Zu nichts. Und so wäre es ihm zweifelsfrei lieber gewesen, wenn Billy auf dieses alberne Studium verzichtet hätte. Das entsprach nämlich nicht seinem Plan.

Getunte Kinderträume.
    Billys Vater machte in Automobil. Er war der uneingeschränkte Boss einer belanglosen P S-Bude an der Frankfurterstraße in Troisdorf und arbeitete jeden Tag in einem ölverschmierten Kittel an der Verwirklichung eines alten Traums. Schon von frühester Kindheit an war er von Autos fasziniertgewesen. Sie waren als kleiner Junge sein einziges Spielzeug, als Heranwachsender sein exklusiver Berufswunsch und als Mann schließlich sein wirklicher Lebensinhalt. Noch in der Lehre hatte der Hans Schwächen beim fehlerfreien Rechnen diesseits der Hundert, aber bereits in der Volksschule wußte er, daß echter Fahrspaß erst darüber anfängt. Er konnte mit einem Gartenschlauch besser Benzin aus einem Tank saugen, als er es je mit der Milch aus der Mutterbrust fertiggebracht hatte. Und wenn es im TV ein automobiles Quartett gegeben hätte, er selbst wäre als Hans Reich-Ranicki auf vier Rädern in die Fernsehgeschichte eingegangen. Er kannte keine Schmerzgrenze. Er lag in einer klirrenden Winternacht lieber in seiner Werkstatt unter einem Auto als im warmen Bett auf seiner Frau.
    Eingebracht hatte ihm sein fulminantes Wissen über alles, was vier Räder hat, leider wenig. Hans Büttgen war zwar ein hervorragender Schrauber – wahrscheinlich sogar der beste der Stadt –, aber von der wirtschaftlichen Seite her war er leider ein vollkommener Trottel. Wenn er zum Beispiel nur von doppelter Buchführung, Lagerwesen oder den grundsätzlichen steuerlichen Aspekten einer Unternehmertätigkeit hörte, fraß sich auf der Stelle sein Kolben fest. Das einzige, was er mit Geld konnte, war es verjubeln. Das allerdings mit viel Geschick. Doch was es bedeutete, einen mittelständischen Betrieb wie den seinen so zu führen, daß am Ende des Monats auch was übrigbleibt, dafür fehlte ihm jeder Sinn. Und so war es kein Wunder, daß seine Kfz-Klitsche im Grunde von Anfang an einen Sanierungsfall darstellte.
    Dabei war die Geschäftsidee, mit der Hans Büttgen Mitte der achtziger Jahre im Troisdorfer Wirtschaftsleben durchstarten wollte, gar nicht mal so schlecht gewesen.
    Zu dieser Zeit arbeitete er noch bei Ford in Köln, hatte seinen Posten richtig dicke und träumte statt dessen von einem Ort, an dem der deutsche Autonarr die perfekte Befriedigungseiner Lust geboten bekam. In eine Marktlücke wollte er damit stoßen und gleich die vollständige Dienstleistungskette anbieten. So hatte er es sich jedenfalls ausgedacht. Und so sah das im einzelnen aus:
    In seinem »Autoparadies mit Herz« sollte der geneigte Kunde Autos kaufen und verkaufen können, in der dazugehörigen Werkstatt reparieren und für das Wochenende gleich noch rausputzen lassen. Per Hand versteht sich, und von ihm persönlich, Meister Büttgen, dem Fachmann auch für Lack und Leder. Dazu würde es an der angeschlossenen und freien Tankstelle Benzin in allen Sorten geben (»Immer einen Pfennig billiger als bei der Konkurrenz.«). Und beim Zahlen an der Kasse sollte sich die Kundschaft zusätzlich mit allerlei Produkten

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